Verkaufsoffener Sonntag bei 20 Grad:Sommer-Bummel im November

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Martini-Markt in Wolfratshausen, französischer Markt in Geretsried: Beide Städte laden erstmals gleichzeitig zum Sonntags-Shopping. Die Kunden kommen so zahlreich, dass der kostenlose Shuttle-Bus überfüllt ist.

Von Thekla Krausseneck, Geretsried/Wolfratshausen

Besser hätte es die Händler gar nicht treffen können. Am Sonntag spannt sich bei knapp 20 Grad ein tiefblauer Himmel über den Nordlandkreis: Statt Novembernebel lockt der Altweibersommer Tausende Spaziergänger und Kunden zu den Märkten und zum ersten gemeinsamen verkaufsoffenen Sonntag, der gleichzeitig in Wolfratshausen und Geretsried steigt.

Die Wolfratshauser Sigi und Petra Diessl nutzen die Gelegenheit und nehmen am frühen Nachmittag ihre Jacken, um zu einem Spaziergang von Farchet in die Nachbarstadt aufzubrechen. Nach einer Stunde erreicht das Ehepaar den Karl-Lederer-Platz, trifft auf gut besuchte Modegeschäfte, sieht etliche besetzte Bänke. Allein der Anblick des französischen Markts "Les Saveurs de France" fällt unerwartet aus: Die Stände sind neben dem Parkplatz aufgebaut worden, statt sich komplett über ihn zu erstrecken. "Wir dachten, der Markt wäre größer", sagt Petra Diessl. "Aber das sind ja nur ein paar Buden." Das Angebot hat es dafür in sich - aber auch seinen Preis. Eine Frau hat gerade "Macaron de Provence" gekauft, verlockend bunte Küchlein. Mit der Tüte in der Hand wirft sie einen ungläubigen Blick auf den Kassenzettel: mehr als fünf Euro für 100 Gramm. "Ist das teuer", murmelt sie.

Unterdessen schneidet Christophe Menden aus der Picardie eine gut ein Zentimeter dicke Scheibe von einem Laib Käse, schlägt sie in Papier ein und legt sie zusammen mit einem Stück Brie auf die Waage. 25 Euro; seine Kundin legt gleichmütig einen 50-Euro-Schein auf die Theke. Billig sind die Waren nicht, das weiß auch Menden. Aber darum gehe es den meisten Kunden auch gar nicht. Sein Fazit nach drei Tagen französischer Markt in Geretsried: "Die Leute wollen etwas, das sie nicht im Supermarkt finden." Und sie bekommen es - nicht nur Macarons, sondern auch Süßes aus Paris und der Bretagne, exquisiten Nugat aus Montélimar und Olivenbrot aus einer speziellen Hefe und "rosa Mehl". 40 Euro für das Kilo Käse halten die Kunden nicht davon ab, sich in die langen Schlangen vor den Verkaufstresen einzureihen.

Der Nachmittag ist fortgeschritten, Sigi und Petra Diessl warten vor dem Rathaus auf den 14.38-Uhr-Bus, der sie nach Wolfratshausen bringt. Neben ihnen zieht sich Emma Eitel die Jacke über: Jetzt wird es doch allmählich etwas frisch. Mit ihrem Mann Alfred ist die 73-Jährige mit dem Auto zum Karl-Lederer-Platz gefahren, jetzt soll es weiter nach Wolfratshausen gehen, "einfach mal schauen". Doch als der Oldtimer-Bus, den die Einzelhandelsgemeinschaft ProCit und der Werbekreis Wolfratshausen für den kostenlosen Transport ihrer Kunden organisiert haben, vor dem Rathaus stehen bleibt, kommt die Überraschung: "Nur noch vier Plätze frei", ruft der Fahrer; der Bus ist rappelvoll. Die Ehepaare Eitel und Diessl müssen verzichten.

Im Bus ist es warm, der Wind zieht durch die geöffneten Schiebefenster herein, bauscht die sonnengelben Vorhänge auf. Am Hatzplatz in Wolfratshausen drängen die 37 Fahrgäste in den Martinimarkt, der so gut besucht ist, dass sich die Kunden fast gegenseitig auf die Füße steigen. Von sechs Außentischen in "Tinas Café" ist nur einer frei. Das Antiquitäten-Geschäft von Fritz Schnaller ist zeitweise so stark frequentiert, dass er die Kunden bitten muss, an der Tür zu warten. Für ihn hat die gemeinsame Aktion mit Geretsried etwas Zukunftsweisendes: Man sollte sich mit dem Nachbarn zusammentun, sagt der Wolfratshauser Stadtrat, "denn wir müssen uns als Mittelzentrum ja gegen die Konkurrenz von außen behaupten".

© SZ vom 09.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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