Brauchtum:Der Primizlader von Bad Tölz

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Nach fast zwei Jahrzehnten wird wieder ein Einheimischer zum Priester geweiht. Heinz Bader klappert die ganze Region ab, um für die erste Messe des Geistlichen zu werben.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Heinz Bader war in den vergangenen Wochen viel unterwegs. Er ging an den Ambo in den Gottesdiensten in und um Bad Tölz, sprach mit allen Vereinen in der Kurstadt, Ellbach, Fischbach, Wackersberg und Arzbach, besuchte die Schulschwestern, hatte Termine bei Bürgermeister Josef Janker und Landrat Josef Niedermaier. Viel Arbeit also für den Mesner der Mühlfeldkirche und der Kalvarienbergkirche, "aber das tut man ja gerne, das macht man nur einmal im Leben", sagt Bader. Als Primizlader ist er für die Organisation rund um den Festgottesdienst zuständig, den der 27 Jahre alte Tölzer Martin Gehringer als frisch geweihter Priester am nächsten Sonntag zelebrieren wird. Falls das Wetter passt, findet die Primiz unterhalb des Marienbrunnens in der Marktstraße statt, wo so viele Leute beisammen sein dürften wie sonst allenfalls zur Leonhardifahrt. Denn von keinem einzigen Verein, erzählt Bader, habe er eine Absage bekommen.

Maria Lachner (links) und Erika Krinner knüpfen Schmuck für den Primizwagen. Mehr als 20 andere Freiwillige helfen dabei mit. (Foto: Manfred Neubauer)

17 Jahre ist es her, als in Bad Tölz mit Markus Bräuer zum letzten Mal ein einheimischer Geistlicher seinen ersten Gottesdienst zelebrierte. Das war am 4. Juli 1999 - Bader erinnert sich noch genau. Eine Primiz ist für eine katholische Pfarrgemeinde seit eh und je ein besonderes Fest, früher habe es geheißen, "dafür läuft man sich ein Paar Schuhe durch", sagt der Kirchendiener. In den Zeiten des Priestermangels sind derlei Feiertage jedoch eine Rarität geworden. Bader war ein wenig überrascht, als er von Martin Gehringer bei der Diakonweihe im Mai vorigen Jahres gefragt wurde, ob er das Amt des Primizladers übernehmen möchte. Das gebe es im Tölzer Land normalerweise gar nicht, "es ist eher in Miesbach, in Rosenheim im Chiemgau ein Brauch", sagt Bader. Ähnlich einem Hochzeitslader - nur eben für einen frisch geweihten Priester, nicht für frisch vermählte Eheleute - obliegt es ihm, die Einladungen zu überbringen und die Organisation zu schultern. Der Mesner ist dafür prädestiniert. "Ich kenne hier viele Leute, viele Vereine." Und Gehringer selbst schon von klein auf als Ministranten. "Martin war als Kind immer sehr ruhig, er ist aber auch ein geselliger Mensch."

"Das tut man ja gerne": Als Primizlader war Mesner Heinz Bader auch im Büro des Landrats. (Foto: Landratsamt/oh)

In den Tagen vor dem Fest wird in Bad Tölz fleißig gearbeitet. Im Bauhof trafen sich am Dienstag freiwillige Helfer, um die Primizbögen zu binden - torbogenartige Gebilde mit christlichen Symbolen und geflochtenen Grünpflanzen, die am Freitag in der Marktstraße aufgestellt werden. Mit dabei ist abends auch Elisabeth Gehringer. Die Mutter des Primizianten bekommt derzeit viel Besuch und muss viele Fragen beantworten, zugleich aber auch ihrem Job als Lehrerin an der Tölzer Südschule nachkommen. "Ich muss ja meinen Kopf noch beruflich zusammen haben", sagt sie.

Den Wunsch ihres einzigen Sohnes, Priester zu werden, haben sie und ihr Mann respektiert. Diese Entscheidung habe Martin "unbeeinflusst von der Familie" getroffen, sagt die Mutter. "Deshalb sind wir überzeugt, dass es sein Weg ist, wir stehen dahinter und wollen ihn auf diesem Weg mit begleiten." Auf Enkel wird sie wegen des Zölibats allerdings verzichten müssen. Aber dafür gebe es ohnehin keine Garantie, tröstet sich Elisabeth Gehringer: "Es gibt viele Kinder, die nicht heiraten, oder die keine Kinder haben wollen, oder die keine Kinder bekommen können."

Ihren Sohn wird sie erst am Samstag wiedersehen, wenn er im Freisinger Mariendom von Reinhard Kardinal Marx zum Priester geweiht wird. Zusammen mit den sieben anderen Kandidaten aus der Erzdiözese befindet sich der 27-Jährige in der Woche davor in Klausur, um sich auf dieses Sakrament vorzubereiten. Tags darauf wird auch Konrad Baumgartner zur Primiz in die Tölzer Fußgängerzone kommen. Den Ruhestandspfarrer hat Martin Gehringer einmal als sein Vorbild bezeichnet, ob seiner Demut, Bescheidenheit und Frömmigkeit. Das freut den alten Priester, viel Gewese will er darum allerdings nicht machen. "Heben'S mich bitte nicht so heraus." Für Baumgartner kam die Entscheidung des 27-Jährigen, wie er selbst Geistlicher zu werden, nicht völlig unerwartet. Er habe gespürt, "dass in ihm drin etwas vorhanden ist, etwas Höheres", sagt Baumgartner.

Bader hegt keinen Zweifel daran, dass aus dem Primizianten ein guter Priester wird. Das sei jemand, "der für alle Schichten zugänglich ist", sagt er. Und gut predigen könne er auch. Das habe er in den vergangenen Wochen in Sonntagsgottesdiensten in Tölz gezeigt, erzählt der Primizlader: "Eine gute Stimme und von Herzen - die Leute waren allesamt begeistert." Nur eines macht Bader noch ein wenig Sorge - das Wetter. Falls es regnet, findet die Primiz in der Stadtpfarrkirche Maria Himmelfahrt statt. "Dann wird's eng."

© SZ vom 22.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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