Szyszkas Klassiker:Derb, verletzend - und so fein

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Von Reinhard Szyszka

Mozarts Humor war nichts für Zartbesaitete. So fein und sensibel sich der Komponist in seiner Musik zeigte, im wirklichen Leben konnte er derb, manchmal sogar verletzend sein. Es bereitete dem Meister ein diebisches Vergnügen, sich auf Kosten seiner Zeitgenossen lustig zu machen. Meist wusste er genau, wie weit er gehen konnte, ohne den anderen gänzlich zu vergraulen.

Ein bevorzugtes Opfer der Mozartschen Spottlust war der Hornist Joseph Leitgeb (1732-1811), ein Virtuose auf seinem Instrument. Die beiden kannten sich noch von Salzburg, wo der Komponist seine Jugend verbracht hatte. Später zog es beide nach Wien; erst Leitgeb, einige Jahre später auch Mozart. Obwohl der Komponist das Können Leitgebs durchaus schätzte, konnte er es sich nicht verkneifen, sich über den Hornisten bei jeder sich bietenden Gelegenheit lustig zu machen. Einmal, als Leitgeb bei Mozart zu Besuch war und um ein Konzert für sein Instrument bat, verlangte der Komponist, Leitgeb müsse solange hinter dem Ofen knien. Der Hornist, der damals immerhin 50 Jahre alt war, kniete sich tatsächlich hinter den Ofen und harrte dort aus, während Mozart mit unglaublicher Geschwindigkeit komponierte. Als das Hornkonzert fertig war, kam Leitgeb hinter dem Ofen hervor und fand auf der Partitur die Widmung: "Wolfgang Amadé Mozart hat sich über den Leitgeb Esel, Ochs und Narr, erbarmt zu Wien, den 27. May 1783."

Ein anderes Werk Mozarts für Leitgeb ist von vorne bis hinten gespickt mit ironischen Kommentaren auf Italienisch. "A lei signor asino" (Für Sie, Herr Esel) steht gleich zu Beginn; später, wenn der Hornpart eine Pause hat, heißt es "e finisci già?" (und du hörst schon wieder auf?). An einer anderen Stelle, wo Mozart eine Dissonanz eingebaut hat, lautet der Kommentar: "bestia - oh che stonatura" (Rindvieh - oh welch Missklang!), so als wäre die Dissonanz auf einen Spielfehler Leitgebs zurückzuführen. Es finden sich auch einige Schimpfworte und Kraftausdrücke, die deutlich unter die Gürtellinie zielen.

An diesem Samstag kann man in der Klosterkirche Schäftlarn erleben, welch schöne Musik Mozart für den "Esel, Ochs und Narr" Leitgeb trotz aller Scherze geschrieben hat. Zur Eröffnung der Schäftlarner Konzerte lässt sich dort Johannes Dengler, der Solo-Hornist des Bayerischen Staatsorchesters, hören. Beim Klang der Hornkonzerte kann sich der Zuhörer überzeugen: So derb und verletzend Mozart manchmal sein konnte, so fein und sensibel zeigte er sich in seiner Musik. Selbst dann, wenn der Widmungsträger Leitgeb hieß.

Samstag, 13. Mai, 19 Uhr, Klosterkirche Schäftlarn, Karten zu 38,40/29,40/16,40 Euro über München Ticket

© SZ vom 11.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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