SZ-Adventskalender:Arm und krank im Alter

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Manfred und Else Meier kämpfen nach einem harten Leben mit Gebrechen, für nötige Anschaffungen fehlt das Geld

Von Benjamin Engel, Bad Tölz-Wolfratshausen

Manfred und Else Meier (Namen geändert) haben ihren Lebensmut behalten. Und das, obwohl ihr Alltag zunehmend mühselig ist. Seit er 15 war, rackerte der heute 75-jährige Manfred Meier. Mehr als 40 Jahre lang, erst in der Fabrik, dann für ein Bauunternehmen - bis er nicht mehr konnte. Er wurde erwerbsunfähig. Vor einem Jahr hatte er einen Schlaganfall und kämpfte sich trotzdem zurück. "Man muss mit allem zufrieden sein", sagt er. Der Rentner unterstützt seine Frau, so gut er kann. Die 62-Jährige hat seit acht Jahren die Wohnung im zweiten Stock eines Mehrfamilienhauses ohne Lift nicht mehr verlassen - "Panikattacken", wie sie sagt. Außerdem hat sie Probleme mit den Venen in den Beinen und braucht für jeden Schritt eine Krücke.

Seit 22 Jahren quälen Else Meier schon Panikattacken. Sie litt unter Herzrasen, hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen, wenn sie außerhalb der Wohnung unterwegs war. Sie zog sich zunehmend zurück und ging irgendwann gar nicht mehr heraus. Durch den Bewegungsmangel wurde sie korpulenter. Wegen der Venenprobleme wurden ihre Beiner dicker, Wasser lagerte sich ein, vor einem Jahr bekam sie offene Stellen. Die Erkrankung hat sie inzwischen in den Griff gekriegt, die Hautstellen sind verheilt, die Beine haben an Umfang verloren. Deshalb will Else Meier wieder versuchen nach draußen zu gehen. "Ich würde gerne wieder einmal in ein Geschäft gehen, was anschauen und mit Leuten sprechen."

Die Familie - sie haben drei Kinder - sei ihnen immer das Wichtigste gewesen, sagt Else Meier. Zudem habe ihr Mann seine Eltern und Geschwister unterstützt, praktisch Tag und Nacht gearbeitet. Auf Baustellen schleppte er 50-Kilo-Säcke mit Zement. "Irgendwann hat er keine Kraft mehr gehabt."

Das Ehepaar lebt von der Rente des Mannes. Dazu kommt die Grundsicherung. Damit kommen beide gerade so aus. Viele Einrichtungsgegenstände wurden ihnen geschenkt, die Elektrogeräte wie Kühlschrank, Waschmaschine und Küchenherd sind inzwischen Jahrzehnte alt. "Eine Herdplatte funktioniert schon nicht mehr", sagt Manfred Meier. Jede Besorgung fällt ihm schwer. Seit dem Schlaganfall hat er Koordinierungsprobleme beim Laufen und muss auf dem Weg über die Treppe in den zweiten Stock ein paar Mal stehen bleiben, damit er es überhaupt schafft. Die Ehefrau braucht ein Pflegebett. Jeden Tag kommen Helfer vorbei. Klagen möchte sie trotzdem nicht. "Ich denke mir immer, anderen geht es noch schlechter", sagt sie.

In den Urlaub gefahren sind sie, allerdings nur ein einziges Mal. Damals besuchte Manfred Meier seinen seinerzeit in Griechenland lebenden, inzwischen verstorbenen Bruder eine Woche lang. "Das war eine Überraschung zu dessen 50. Geburtstag." Mit ihren drei Kindern machten die Eheleute stattdessen Ausflüge an den Starnberger See, den Tegernsee und den Ammersee. "Bei uns ist es doch auch schön", sagt Else Meier.

Im Schrank hat sie fast nur noch bequeme Hauskleider. Sie könnte neue Kleidung gebrauchen. Und auch über einen neuen Elektroherd würde sich das Ehepaar freuen.

© SZ vom 23.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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