Stadtrat diskutiert neue Satzung:Draußen sitzen kostet

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Stühle und Tische, Markisen und Radständer: Penzberg will die Gebühren erhöhen - Geschäftsleute und Wirte sind empört

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Seit Jahr und Tag wird viel darüber diskutiert, wie die Penzberger Innenstadt attraktiver für Flaneure und insbesondere Konsumwillige gestaltet werden könnte. Die Geschäftsleute entlang der Bahnhofstraße blieben nicht untätig. Stühle und Tische wurden auf die Gehsteige gestellt, so manch bunter Werbeträger lädt zum Einkaufen ein und vor Sport Conrad lockt eine Kletterlandschaft. All das steht im öffentlichen Raum, also nicht auf privaten Grundstücken. Wer diesen Raum für sich nutzt, muss dafür zahlen - nun sollen die Preise steigen, zum Teil nicht zu knapp. Das ist der Wille im Rathaus. Geregelt sind die Gebühren in der Satzung über die Sondernutzung an öffentlichem Verkehrsraum. Gegen diese regt sich massiver Widerstand von Seiten des Unternehmervereins "Pro Innenstadt" und weiterer Geschäftsleute. Sie kritisieren, dass gerade jene Läden zur Kasse gebeten würden, die keine hohen Renditen erwirtschafteten.

Pro-Innenstadt-Vorsitzende Monika Uhl hat ein Schreiben an die Mitglieder des Stadtrats verfasst. Überwiegend kleine Unternehmer und Handwerker seien von der Sondernutzungssatzung betroffen, heißt es darin. "Es sind diese Unternehmen, auf die unsere Stadt seit Jahrzehnten als zuverlässige Gewerbesteuerzahler bauen kann." Die Satzung bestrafe die Betriebe, die nachhaltig für Arbeits- und Ausbildungsplätze sorgten, "unabhängig von hart kalkulierter Rendite und knallhart analysierten Standortfaktoren". Hingegen seien Unternehmen wie die großen in Penzberg ansässigen Ketten und Discounter nicht von den Gebühren betroffen, da sich deren Firmengelände nicht in öffentlicher Hand befände. "Die Einführung der Satzung hätte zwangsläufig einen Rückgang der innerstädtischen Belebung zur Folge", betont Uhl. Denn die im öffentlichen Raum aufgestellten Stühle, Tische, Dekorationen und Warenangebote sorgten für Flair. "Würde dies gebührenpflichtig werden, würde die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt und darüber hinaus erheblich zurückgehen."

Als Beispiel führt Uhl den Penzberger Automarkt "Drehmoment" in der Innenstadt an: Die Teilnehmer würden allein durch eine Gebühr von 30 Euro pro Fahrzeug an den drei Tagen, die zu den Gebühren für die Straßensperrung und die Kosten für die Nutzung des Stadtplatzes käme, erheblich belastet. "Hier summiert sich ein fünfstelliger Betrag. Wir sehen diese Veranstaltung in der Innenstadt gefährdet."

Das sehen die Organisatoren des "Drehmoment Penzberg" ebenso. Katrin Meinl und Andrea Brandl rechnen es in ihrer gemeinsamen Stellungnahme vor: Aktuell liegt die Teilnahmegebühr bei einer Fläche von 400 Quadratmetern bei gut 1535 Euro brutto für einen Autohändler. In dieser Pauschale sind Marketing und Organisation enthalten. Der Händler kann auf seiner Fläche etwa 23 Fahrzeuge präsentieren. Mit der neuen Satzung müsse ein Aussteller mit einer Kostensteigerung von 1380 Euro rechnen. Kommen die Ausgaben für Stand, Rahmenprogramm und anderes hinzu, ergäbe sich eine Mehrbelastung von etwa 12 580 Euro, wobei die Benutzung des Stadtplatzes darin nicht berücksichtigt sei, schreiben Meinl und Brandl.

Die Gebühren für die Nutzung von öffentlichem Raum betrifft nicht nur Märkte oder Cafés mit Bewirtung im Freien. Auch etwa Markisen an Geschäften werden von der Stadtverwaltung vermessen und deren Kosten berechnet - je nachdem, wie weit sie auf die Bürgersteige reichen. Hausbesitzer, deren Kellerschächte in Gehwege reichen, werden ebenfalls zur Kasse gebeten wie gemeinnützige Organisationen, die im Stadtgebiet Spenden sammeln. Auch Kaugummiautomaten kosten, wenn sie mehr als 15 Zentimeter in den öffentlichen Raum ragen.

Monika Uhl und ihre Mitstreiterin Tatjana Patermann haben recherchiert und Sondernutzungssatzungen mehrere Kommunen verglichen. Murnau, Geretsried, Wolfratshausen, Weilheim oder Bad Tölz verlangen auch Gebühren, aber nicht zum Beispiel nicht für Radständer, Plakatständer oder Vordächer und Balkone. Sie sei enttäuscht, dass die Gewerbetreibenden nicht über die Änderung der Satzung informiert wurden, sagt Uhl. Bis zur Sitzung des Stadtrats am Dienstag, 21. Februar, will sie konkrete Vergleichszahlen auf Bitten der SPD-Fraktion vorlegen - in der Hoffnung, dass der Stadtrat die neue Satzung ablehnt. In seiner Januar-Sitzung hatte das Gremium den Punkt vertagt. Die alte Sondernutzungssatzung stammt aus dem Jahr 1978 und wurde 2006 aktualisiert. Allerdings wurde bislang ihr Vollzug eher lasch gehandhabt.

© SZ vom 20.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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