Seenschifffahrt:Kaputter Katamaran

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MS Starnberg muss wieder Tour auf dem See abbrechen und bleibt in der Werft

Von Manuela Warkocz, Starnberg

Der Ammerlander Franz Xaver Sailer schippert gerne mal mit einem Ausflugsschiff über den Starnberger See. Sein Vater war Stegwart, er selbst hat als 63-jähriger Rentner Zeit und Muße für Vergnügungsfahrten. Aber große Enttäuschung am Sonntag: Die angekündigte Brunchrundfahrt auf der MS Starnberg war für die 160 Gäste kurzerhand auf die MS Seeshaupt verlegt worden. Denn der Katamaran, von der Bayerischen Seenschifffahrt GmbH als "Flaggschiff der Starnberger See-Flotte" gepriesen, liegt wieder mit Defekt im Hafen.

Bei einer Rundtour hatte der Kapitän am Freitagmittag kurz vor Seeshaupt mit erheblichen Steuerungsproblemen zu kämpfen. Erst Anfang Juni hatte das Schiff wegen eines Defekts im elektronischen Steuerungssystem Poller beim Ambacher Steg gerammt. 242 Passagiere kamen mit dem Schrecken davon.

Bei dem jüngsten Vorfall am Freitag sei im Hafen von Seeshaupt eine der beiden Steuerungsmaschinen ausgefallen, erklärt Werftleiter Ralph Schlemmert auf Nachfrage. Der Kapitän habe sich wegen der Störung "aus Sicherheitsgründen" entschlossen, auf direktem Weg zurück nach Starnberg zu fahren - ohne weitere Anlegemanöver mit dem 430 Tonnen schweren, 1000 PS starken und 57 Meter langen Dampfer zu riskieren. Stopps wären eigentlich noch in Tutzing, Ambach und Ammerland vorgesehen gewesen. Die Passagiere seien entsprechend informiert worden, so der Werftleiter. Beschwerden habe es keine gegeben.

Derzeit ist die MS Starnberg aus dem Verkehr gezogen. Vermutlich diesen Dienstag rücken Mitarbeiter des Antriebsherstellers aus Nordrhein-Westfalen an, um die Elektronik unter die Lupe zu nehmen. Ob der Katamaran am Mittwoch wieder seine Runden dreht, wie es im Schiffseinsatzplan vermerkt ist, scheint auch für Schlemmert zweifelhaft. Er bittet Fahrgäste, sich auf der Internetseite unter www.starnbergersee-info.de zu informieren.

Elektronikprobleme schleppt die MS Starnberg von Anfang an mit sich herum. Schon kurz nach der Jungfernfahrt vor elf Jahren muckte die Steuerung vor Berg. Einige Passagiere wurden bei der Havarie leicht verletzt. Erst im vorigen Jahr waren die entsprechenden Bauteile und Schalter bei dem Schiff erneuert worden, auf dem bis zu 800 Passagiere Platz finden. Zuletzt hatte im Juni eine elektronische Steckkarte versagt. Der 53-jährige Kapitän hatte tatenlos zusehen müssen, wie die MS Starnberg in Ambach gegen die Holzpfähle krachte. Eine Delle und die Neptun-Figur am Bug mussten repariert werden.

Ans Ausmustern des "Flaggschiffs" denkt Michael Grießer, Geschäftsführer der Bayerischen Seenschifffahrt, dennoch nicht. "So ein Schiff soll 30, 40, 50 Jahre seinen Dienst tun", erläutert er die Zeitspanne, die angesichts der MS Bayern, Baujahr 1939, durchaus realistisch scheint. Allerdings fährt auch keines der 33 Schiffe auf Ammersee, Königsee, Starnberger See oder Tegernsee wie der Katamaran mit Strahlantrieb. Der erleichtert zwar den Kapitänen das Steuern, verunsichert sie inzwischen aber auch, so Grießer. Deshalb überlege man, die gesamte Steuerung zu ersetzen. Der Geschäftsführer rechnet dafür mit mehreren 10 000 Euro.

© SZ vom 19.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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