Penzberger Einzelhandel:Im Sog des Wandels

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Auf dem Edeka-Areal in Penzberg sollen viele neue Fachmärkte angesiedelt werden. Die Geschäftsleute in der Innenstadt sehen ihre Existenz bedroht

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Die Penzberger Einzelhändler wünschen sich eine vitale Innenstadt. Doch dieses Ziel sehen sie bedroht - nicht nur durch den wachsenden Onlinehandel, sondern konkret durch ein Projekt im Stadtgebiet. Auf dem fünf Hektar großen Areal mit dem Hagebaumarkt am Zibet-holzweg an einem und Edeka an der Henlestraße am anderen Ende sollen neue Lebensmittel- und Fachmärkte angesiedelt werden. Die Crux dabei: Dort entstehen große Ladenflächen für Textilien und Schuhe, die die Geschäfte im Penzberger Zentrum in ihrer Existenz bedrohen und eine Verödung beschleunigen könnten.

Der Vollsortimenter Edeka will seine Fläche von 2900 Quadratmeter auf 3200 Quadratmeter erweitern. Die sogenannten Konzessionäre (etwa Vinzenz Murr) von 105 Quadratmeter auf 150 Quadratmeter. Der Getränkemarkt im E-Center möchte sich ebenfalls vergrößern von 370 auf 550 Quadratmeter. Der Discounter Lidl plant, seine Immobilie an der Grube an die Stadt zu verkaufen und sich neben Edeka anzusiedeln. Die Verkaufsfläche würde von derzeit 1000 auf 1500 Quadratmeter steigen. Auch der Textilhändler Vögele (oder sein Nachfolger) und der Schuhanbieter Deichmann möchten in das neue Zentrum ziehen. Bekleidung könnten Kunden dann statt bisher auf 860 Quadratmeter nur noch auf 810 Quadratmeter einkaufen. Der Schuhfachmarkt wird indes größer (von 365 auf 500 Quadratmeter).

Das E-Center (links) wird erweitert. Im Anschluss entstehen neue Fachmärkte. Das alte Zentrallager (Mitte) wird abgerissen. (Foto: Manfred Neubauer)

Des Weiteren geplant ist die Erweiterung des Hagebaumarkts, der seine Abteilung Garten vergrößern möchte - und zwar im Bereich des früheren Edeka-Zentrallagers Süd. Die Verkaufsfläche soll von 3555 auf 5700 Quadratmeter erweitert werden. Neu angesiedelt werden ein Textilfachmarkt mit 940 Quadratmetern und ein Elektrofachmarkt mit 1350 Quadratmetern - im Gespräch sind die Ketten Euronics und Expert. Der Zoofachmarkt Fressnapf will seinen Standort an der Seeshaupter Straße aufgeben und auf 705 Quadratmetern auf dem Edeka-Areal neu eröffnen. Bislang hat auch der Textil-Discounter KiK eine Filiale im E-Center. Diese soll aufgegeben werden.

Die geplanten Umzüge werfen Fragen und Probleme auf. Die Einzelhändler alarmiert insbesondere die Verlagerung der bestehenden Bekleidungs- und Schuhgeschäfte. Anders als beim Lidl-Umzug hat die Stadt keine Handhabe, wer in die frei werdenden Vögele- und der Deichmann-Filialen im Thal einziehen wird. Das Grundstück in der Grube gehört der Lebensmittelkette. Sie ist bereit, ihren Besitz an die Stadt zu verkaufen. Dort soll künftig kein Lebensmittelladen mehr angesiedelt werden. Das Gebäude im Thal ist in Privathand. Wie Christian Hörmann vom Beratungsbüro "CIMA" erklärte, blieben dort die Genehmigungen für ein Textil- sowie ein Schuhgeschäft bestehen. Wenngleich er die Wahrscheinlichkeit bei 550 Quadratmetern Fläche für gering hält, dass sich wieder Anbieter solcher Waren finden ließen. "Aber ausschließen kann ich es nicht."

Das wiederum sieht Dieter Conrad vom gleichnamigen Sportgeschäft anders. Seiner Ansicht nach stünden Interessenten schon in den Startlöchern für die beiden Läden. Was im Umkehrschluss eine doppelte Konkurrenz für die Geschäfte in der Innenstadt bedeuten würde - einerseits auf dem Edeka-Areal, andererseits im Thal. Das sieht die CIMA ähnlich. Hörmann betonte, seine Verträglichkeitsuntersuchung für das Edeka-Areal basiere auf der Prämisse, dass keine weiteren Textil- und Schuhanbieter in der Stadt eröffnen würden. Am "Altstandort" müsste neues Gewerbe angesiedelt werden. Weil das allerdings keiner gewährleisten kann, wünscht sich Grünen-Fraktionssprecherin Kerstin Engel eine Aktualisierung der Untersuchung. Sonst würde der Stadtrat eine Entscheidung zum vorliegenden Bauantrag für das Edeka-Areal am Dienstag, 24. Juli, unter falschen Voraussetzungen treffen. Hörmann konnte nicht zusichern, ob sein Büro eine Neuberechnung binnen zweier Wochen schaffen werde.

Dieter Conrad plädierte dafür, die Sortimentsliste auf dem Edeka-Areal strikt einzuhalten, um die Innenstadt zu schützen. Darin bestätigte ihn Pro-Innenstadt-Vorsitzende Monika Uhl, die betonte, es sollten keine Textil- und Schuhfachmärkte dort angesiedelt werden. Raina Lampka vom gleichnamigen Modehaus warnte vor den Leerständen an Seeshaupter Straße, Thal und Grube, sollten die Geschäfte wie geplant in die Nachbarschaft des E-Centers ziehen.

All die kritischen Wortmeldungen mochte Bürgermeisterin Elke Zehetner (parteifrei/SPD) nicht nachvollziehen. Sie sprach von "Verhinderungspolitik" und dass auf diese Weise die "Stadt in jeder Hinsicht kaputt" gemacht werde. Wortmeldungen zu ihrem Beitrag kommentierte die Bürgermeisterin: "Sie dürfen alle Ihre Finger unten lassen" - was ihr den Unmut der Einzelhändler einbrachte.

© SZ vom 11.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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