Penzberg:Schmuck mit feuchten Ecken

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Die städtischen Wohnblocks an der Bürgermeister-Rummer-Straße werden vielfach noch mit Holz beheizt. Die Mieten in diesen Häusern sind konkurrenzlos günstig. Manche hätten es trotzdem lieber richtig warm und trocken

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Bei genauerem Hinsehen bröckelt es mal da, mal dort an den Fassaden. Alles in allem ist es aber eine schmucke Straße. Die Bürgermeister-Rummer-Straße sei eine der wenigen in der Stadt, wo man Geschichte noch sehen und anfassen könne, sagt Stadtbaumeister Justus Klement. Allein das wäre ein Grund, die Häuser in städtischer Hand zu hegen und zu pflegen. Über den Erhalt der Gebäude, die 1927/28 zusammen mit der denkmalgeschützten Stadthalle für Bergarbeiter erbaut wurden, ist sich der Stadtrat uneins. Denn Geschichte oder besser gesagt: das Alter kann zum Fluch werden. Feuchte Keller, kalte Wohnungen, Schimmelbildung - es gibt für die Stadt einiges zu tun. "Das machen wir", sagt Stadtkämmerer Johann Blank, zuständig für die städtischen Liegenschaften. Manche Mieter warten indes seit sechs Jahren auf eine versprochene Zentralheizung.

Es ist ein hübsch eingerichtetes Reihenhaus am Ende der Straße. 70 Quadratmeter auf zwei Etagen verteilt. Das Mieter-Ehepaar, das namentlich nicht genannt werden möchte, lebt gerne darin. Und doch gibt es einen Wermutstropfen: Es ist kalt. In der Küche hält man sich nur zu gerne an einer warmen Kaffeetasse fest, im Hausflur zieht es gehörig. Viele der kleinen Reihenhäuser entlang der Bürgermeister-Rummer-Straße haben lediglich einen Holzofen. So auch hier. Er steht im Wohnzimmer und soll die Küche und das gesamte Treppenhaus heizen. Im ersten Stock gibt es Elektroheizkörper. "Kann nicht funktionieren", sagt die Mieterin. Unter der Eckbank in der Küche hat sich schwarzer Schimmel gebildet. "Da muss die Stadt als Vermieterin etwas dagegen machen."

Das Ehepaar führt in den Keller. Dort ist es feucht. Nutzbar sind die beiden Räume nicht. Früher haben die Mieter darin ihr Brennholz gelagert. Das mussten sie weggeben, weil es nicht mehr verwertbar war. Sie mag nicht mehr in den Keller gehen, erzählt die Frau. "Mir graust es." Die Wände sind mit einer nicht definierbaren Schicht überzogen. Appetitlich ist das nicht.

Das Ehepaar ist keineswegs schlecht auf die Stadt zu sprechen. Als es sich vor ein paar Jahren im Rathaus meldete wegen eines neuen Bades, handelte die Stadt prompt, ließ ihre Mieter bei der Sanierung und Gestaltung mitreden. Auch als sie Dezember vergangenen Jahres im Rathaus vorstellig wurden, reagierte die Stadt sofort. Ein Gutachten wurde erstellt. Dieses hat ergeben, dass es sich im Keller um nicht gesundheitsgefährlichen Salpeter handelt. Der Schimmel unter der Eckbank in der Küche ist hingegen schon schädlich.

Das bestätigen Kämmerer Blank und Gebäudetechniker Werner Sobotta, der die Häuser bestens kennt. Ein Maler wird sich des Schimmels in der Küche annehmen. Die Kellerräume sollen mit einem Feuchtigkeitsputz saniert werden. Über diese Hilfe freuen sich die Mieter, wenngleich das aus ihrer Sicht die Grundproblematik nicht ändert: das Grundwasser. Ohne Heizung werde es nie trocken werden, sagt das Ehepaar. "Und ich möchte jetzt nicht mehr länger frieren", seufzt die Mieterin.

In einigen Häusern wurden in den vergangenen Jahren Zentralheizungen eingebaut. Das sei nur möglich, wenn die Wohnungen leer stünden, sagt Sobotta. Wohnen in den städtischen Häusern ist begehrt wegen der konkurrenzlos günstigen Mieten. Das Ehepaar etwa zahlt 450 Euro kalt im Monat. Würde dort eine Zentralheizung eingebaut, würde sich laut Blank die Kaltmiete in etwa verdoppeln. "Viele Mieter wollen das nicht und bleiben gerne bei ihren Holzöfen. So können sie ihre Nebenkosten selbst bestimmen." Das Ehepaar hingegen würde eine Mieterhöhung in Kauf nehmen. Da gebe es noch ein Problem, sagt Sobotta. In den Reihenhäusern müsste eine Partei die Heizzentrale für alle in ihrem Keller einbauen lassen. Das bedeutet, dieser Keller müsste für die Wartung jederzeit zugänglich sein. "Das geht nicht. Wir wollen ja auch nicht den Wohnungsschlüssel der Mieter." Sobotta liegt die Kostenschätzung für eine Zentralheizung vor, die acht Wohnungen versorgt. "Die liegt bei etwa 36 000 Euro komplett."

Die Zentralheizungen seien eh eine Interimslösung, sagt Blank. Sinnvoller sei es, die Bürgermeister-Rummer-Straße wie die übrigen öffentlichen Gebäude in der Nähe über ein Blockheizkraftwerk mit Wärme und Strom zu versorgen. "Aber das ist Zukunftsmusik."

Klement weist darauf hin, dass es nicht sinnvoll sei, neue Fenster und Türen sowie eine Dämmung einzubauen. "So was muss zum alten Mauerwerk passen. Sonst bildet sich erst recht Schimmel." Der kommt auch, wenn nicht richtig gelüftet wird.

Ein Gebäude, die Hausnummer 26 bis 30, ist aus statischen Gründen nicht mehr zu retten. Seit etwa vier Jahren steht es leer. Eine Million Euro hatte der Stadtrat für einen Ersatzbau bewilligt, doch nie den Startschuss für das Projekt gegeben. Um weiteren Abriss-Plänen einen Riegel vorzuschieben, soll die Straße unter Ensembleschutz gestellt werden. Darüber muss das Landesamt für Denkmalpflege entscheiden. Dieser eine Neubau stünde dem Ansinnen nicht entgegen, sagt Klement. Wie auch die Modernisierung der anderen Gebäude. "Aber die Stadt hätte eine Verantwortung, das Ensemble in seiner Wirkung zu erhalten."

© SZ vom 08.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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