Stadtmuseum Penzberg:Kunst und Klinker

Lesezeit: 2 min

Die Fassade eines zukünftigen Zwillingsbaus am Stadtmuseum Penzberg soll die Geschichte der Kohlebergwerksstadt "in einer Transformation sichtbar" machen. Wie, das erklärt Architekt Thomas Grubert.

Von Felicitas Amler, Penzberg

Ein bisschen wird man sich im neuen Penzberger Stadtmuseum wie im Eingangsbereich des Münchner Lenbachhauses fühlen. Denn der Zwillingsbau, mit dem das Penzberger Haus gerade erweitert wird, hat im Foyer ebenfalls drei neue Wände und eine, die aus der Fassade des alten Gebäudes besteht. Im Lenbachhaus ist dadurch eine Art architektonisches Ausstellungsstück entstanden; das könnte in Penzberg ähnlich wirken. Freilich wird dort nicht an die großzügige Villa eines Malerfürsten angebaut, sondern an ein schlichtes ehemaliges Bergarbeiterhaus, das lange Zeit mit allen Schwächen eines kleinteiligen Gebäudes samt steiler, enger Treppe als Museum gedient hatte. Die Erweiterung wird der Stadt die Möglichkeit bieten, sowohl wechselnde zeitgenössische Kunst als auch - endlich - den umfangreichen Bestand an Werken des Expressionisten Heinrich Campendonk angemessen zu präsentieren. Die Eröffnung des neuen Gesamtkomplexes ist für Frühjahr 2016 geplant. In dieser Woche stellten Stadt, Architekt und Bauleiter schon mal eine weitere Besonderheit des Hauses an der Karlstraße vor: die Klinkerfassade.

Da ist ein Künstler zu entdecken", sagt Museumsleiterin Gisela Geiger über Heinrich Campendonk. (Foto: Manfred Neubauer)

Diese Fassade rekurriert auf die Geschichte Penzbergs als Kohlebergwerksstadt. Architekt Thomas Grubert erklärt, er wollte dieses Thema "in einer Transformation sichtbar machen". Der erste Gedanke - verkohltes Holz, wie es zum Beispiel am Müritzmuseum erprobt ist - musste aus technischen Gründen verworfen werden. Im zweiten Anlauf entschied sich Grubert für zwei verschiedenfarbige Klinker, der eine enthält Kohle als Pigment, der andere wird im Kohle-Salz-Brand-Verfahren hergestellt. Das Ergebnis ist, wie Stadtbaumeister Justus Klement schwärmt, "wirklich ein Erlebnis, eine lebendige Ziegelfläche, ein Schwarz-Anthrazit-Braun-Spiel", und dies im Wechsel der Tageszeiten und des Lichteinfalls. Ein wenig kann man das schon erkennen; bis Mitte/Ende Oktober soll die Fassade komplett sein und bei einem Bürgerfest gefeiert werden.

Klinkerfassaden-Förderer: Gisela Geiger, Leiterin des Stadtmuseums, Architekt Thomas Grubert und Zweiter Bürgermeister Johannes Bauer. (Foto: oh)

An die 12 000 Klinkersteine werden an der Museumsfassade verbaut. Dass dies eine Kunstfertigkeit eigener Art ist, betonte Klement ebenfalls. Klinker seien in der Architekturgeschichte "immer Ausdruck von Handwerkskunst" gewesen. In Penzberg leistet das Klinkerzentrum Roland Weigel aus dem unterfränkischen Mellrichstadt diese Arbeit.

Die knapp drei Millionen Euro teure Erweiterung des Stadtmuseums umfasst auch eine Modernisierung des Bestands. Für Leiterin Gisela Geiger, die schon das räumlich unzureichende alte Haus sehr ambitioniert bespielt hat, ist der neue, architektonisch auf ein Museum zugeschnittene Bau ein großer Gewinn. "Endlich werden wir auch unsere Besucher angemessen empfangen können", sagt sie. Und endlich sei Platz, das Werk Heinrich Campendonks zu zeigen. Die Unternehmerfamilie Mast hat der Stadt vor fünf Jahren 89 Werke des Expressionisten und "Blauer-Reiter"-Mitglieds als Leihgabe überlassen. Der Künstler lebte von 1911 bis Ende 1922 in Sindelsdorf und Seeshaupt und verarbeitete vielfach Motive aus der nahen Bergarbeiterstadt. Und nun, da die Stadt ein eigenes Museum baut, hat sie sogar noch Werke dazubekommen, sowohl von der Familie Campendonk als auch von anderen Leihgebern - Gegenwartskunst, die in der Region entstanden ist.

Auch im neuen, hohen Foyer, dem einzigen Raum im neuen Haus, der verglast ist, wird Geiger ein zeitgenössisches Kunstwerk aufhängen - direkt vis-à-vis der Fassade des einstigen Bergarbeiter-Wohnhauses.

© SZ vom 12.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: