Penzberg:Geschäftsleute dürfen mitreden

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Tische, Plakatständer, Tafeln, Markisen - alles, was den sogenannten öffentlichen Verkehrsraum berührt, wird mit Gebühren belegt. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Der Penzberger Stadtrat verabschiedet noch keine Gebührensatzung für Sondernutzung an öffentlichem Raum. Ein Arbeitskreis soll das Regelwerk erstellen.

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Am Ende der Diskussion blieb die Frage im Raum stehen: Warum nicht gleich so? Der Penzberger Stadtrat sollte am Dienstag die Satzung über die Sondernutzung an öffentlichem Verkehrsraum und die dazugehörige Gebührensatzung beschließen. Dieses Regelwerk gibt es seit 1978, es wurde aber nie vollzogen. Das soll sich ändern: Künftig sollen die Gewerbetreibenden für jede Markise, jeden Plakatständer und jeden Wühltisch, den sie vor ihrem Laden in den öffentlichen Raum stellen, zur Kasse gebeten werden. Weil der Protest nicht ausblieb, hat der Stadtrat die beiden Tagesordnungspunkte abgesetzt. In einer Arbeitsgruppe soll nun mit den Geschäftsleuten zusammen eine neue Satzung erarbeitet werden.

André Anderl (CSU) stellte den Antrag zur Geschäftsordnung, den Beschluss über die beiden Satzungen zurückzustellen. Es gebe noch vieles zu bereden, sagte er. Die Satzung habe natürlich ihre Berechtigung, und wer öffentlichen Raum nutze, der solle auch dafür zahlen. "Aber doch nicht mit Gebühren in dieser Höhe." Er zweifle etwa daran, dass folgende Argumentation tatsächlich zutrifft: Wenn ein Gastronomie-Betrieb auf dem Gehsteig Tische und Stühle aufstelle, vermehre er seinen Umsatz. Ein Stück dieses Kuchens stehe der Stadt zu, weil sie ihre Fläche dafür zur Verfügung stelle. Das sehe er anders, sagte Anderl. Denn bei schönem Wetter säßen die Gäste lieber im Freien. Draußen mag jeder Platz belegt sein, im Lokal indes herrsche gähnende Leere.

Auch was das "Bauen" in Zukunft in Penzberg angeht, ist der CSU-Fraktionssprecher skeptisch. Wenn Bauherren für jeden Erker und jeden Balkon, der auf öffentlichen Grund ragt, nicht zu knapp zahlen müssten, werde es nur noch unstrukturierte Fassaden geben. "Das ist nicht mehr toll", meinte er. Auch müsse bei der Ausgestaltung des Gebührenkatalogs begründet werden, wie hoch Penzbergs Gewerbesteuer sei oder wie viele Einwohner die Stadt habe. Auch wenn Nachbarkommunen wie Bad Tölz, Geretsried, Wolfratshausen oder Weilheim solche Satzungen hätten, sei Penzberg mit der überarbeiteten Fassung "gut dabei". Er plädierte für einen Arbeitskreis, in dem die Gewerbetreibenden vertreten sein sollten. Dieser könne die Gebühren nochmals überarbeiten.

Dass die Verwaltung die Sondernutzungssatzung aus der Schublade gezogen hat, hat folgenden Hintergrund: Der Kommunale Prüfungsverband mahnte drei Mal an, diese auf neuesten Stand zu bringen. Es gehe nicht mehr darum, ob die Satzung vollzogen wird, sondern nur noch um das Wie, erklärte Bürgermeisterin Elke Zehetner (parteifrei/SPD). Wie hoch die Gebühren für Plakatständer, Werbebanner, Tische, Markisen oder Kaugummiautomaten sind, liegt öffentlich nicht vor. Allerdings hat sich die Unternehmervereinigung Pro Innenstadt umgehört und Zahlen recherchiert. Tatjana Patermann von der "Trachtenstube Inge" hat für sich folgende Rechnung aufgestellt: Für Vordach, Markise, Kellerschacht, Ladenschilder, Verkaufsständer, Deko-Büsten und anderes müsste sie nach neuer Gebührenordnung 1695 Euro im Jahr zahlen. Patermann hatte sich vor der Sitzung in der Bürgerfrageviertelstunde zu Wort gemeldet. Ihre Frage lautete: Warum habe die Stadt nicht gemeinsam mit den Geschäftsleuten die Satzung erarbeitet? Der Vergleich mit den anderen Städten hinke, da etwa Weilheim eine andere Einkaufskraft habe als Penzberg. Sollten die Gebühren in dieser Höhe kommen, müssten die Mehrkosten auf die Preise umgelegt werden. "Der Bürger kriegt es ab." Die Gewerbetreibenden sehen auch Veranstaltungen wie den Automarkt "Drehmoment" in der Innenstadt gefährdet, wenn Teilnehmer mit Mehrkosten von etwa 12 580 Euro zu rechnen hätten.

Für einen Arbeitskreis sprach sich letztlich die Mehrheit des Gremiums aus. Die Bürger für Penzberg (BfP) lehnen die Satzung komplett ab.

© SZ vom 23.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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