Penzberg:Eine Brücke zum Senegal

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Schüler gedenken der Penzberger Mordnacht mit aktuellen Bezügen

Von Sabine Näher, Penzberg

Man kann sich dem Thema "Penzberger Mordnacht" künstlerisch auf vielfältige Weise nähern. Dies hat die Gedenkveranstaltung eindrucksvoll gezeigt, die der Verein Musikfreunde Penzberg und die örtliche Musikschule am Donnerstag im Gymnasium Penzberg unter reger Beteiligung von Schülern und Musikschülern veranstaltet haben.

Der 28. April 1945 ist ein Datum, dessen Penzberg heute noch gedenkt; Musikschule und Musikfreunde tun es seit 23 Jahren. An jenem Tag wurden in der oberbayerischen Bergarbeiterstadt 16 Frauen und Männer sowie ein ungeborenes Kind von der Wehrmacht und der SS-Einheit "Werwolf Oberbayern" hingerichtet.

Das Eindrucksvollste an der aktuellen Feier waren die verschiedenen Blickwinkel, aus denen die jungen Menschen das Thema beleuchteten, und die Bezüge, die sie zur Gegenwart herstellten. Letztere wurden am deutlichsten in dem Kurzfilm "Warten", den Schüler der Klasse 9 d gestalteten: "Im Süden des Senegals passiert heute, was damals in Penzberg geschah", erklärten sie eingangs.

In wöchentlichen Treffen mit Asylbewerbern aus dem Senegal hatten die jungen Leute die Kommunikation gesucht. Sie hatten Gespräche geführt, auch einfach zugehört, ein bisschen Deutschunterricht gegeben, miteinander gekocht und miteinander gegessen. "Warten - das ist das Schlimmste", hieß es im Film. Die Schüler erzählten, was sie persönlich mit dem Warten verbinden, um dann deutlich zu machen, wie viel mehr an unerträglicher Anspannung für die Senegalesen damit verbunden ist. Und die Botschaft am Ende lautete: "Warten lässt sich ertragen, wenn man währenddessen gemeinsam spielt, kocht oder isst."

Mit Texten und Liedern gedachten Schüler des grausamen Geschehens in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Der künstlerisch eindrucksvollste Beitrag war indes der Vortrag von Bertolt Brechts "Kinderkreuzzug", den Sarah Fieger, Lukas Kleikamp und Sören Decker aus der Q 12 gestalteten, wobei sie vom Celloquartett des Gymnasiums mit einer Sarabande von Georg Friedrich Händel begleitet wurden. Der Vortrag war schlicht, ohne Pathos und ließ die Suggestionskraft der Worte Brechts eindringlich zur Geltung kommen. Die Brutalität des Geschilderten kontrastierte fast schmerzlich mit der sanften Schönheit der Musik.

Das Quartett (Nathanael Ott, Miriam Stubenrauch, Irina Krammer und Johannes Fischer, dem die Leitung obliegt) hatte die gut besuchte Veranstaltung zuvor mit einem Andante Felix Mendelssohn Bartholdys stimmungsvoll eröffnet. Fischer leitete auch den Oberstufenchor, der Leonard Cohens "Halleluja" mit unforciert natürlichem Ausdruck vortrug, begleitet von Ronja Meier am Klavier.

Das Streicherensemble der Musikschule unter Leitung von Helga Lenz hatte Leopold Mozarts Andante mit dem Untertitel "Die vor Kälte zitternde Frau" thematisch passend ausgewählt. Heftige Tremoli verdeutlichten das Zittern plastisch. Thomas Kramer, der sich selbst an der Gitarre begleitete, sang den Klassiker "Streets of London" sowie Hannes Waders "Weit in der Champagne". In kurzen Statements deckte er zudem aktuelle Bezüge zu den Songtexten auf. Die zweite Stimme, vokal wie an der Gitarre, hatte sein Lehrer Günther Pfannkuch übernommen.

Sie stellten aktuelle Bezüge zur Penzberger Mordnacht her. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Eine Arbeit aus dem Jahre 2015, die mit dem Ersten Preis der Bundeszentrale für politische Bildung ausgezeichnet wurde, stellten vier Schülerinnen der Klasse 9 a vor: Sie hatten über das Thema der Mordnacht recherchiert, sogar noch Zeitzeugen befragen können und dabei "einen neuen Blick auf die Dinge" gewonnen. Die weise Erkenntnis: "Die Geschichte ist Teil unserer Vergangenheit und wird Teil unserer Zukunft bleiben."

In seiner Begrüßungsrede hatte Musikschulleiter Johannes Meyer gesagt, wie wichtig es sei, dass junge Menschen sich mit Gewaltherrschaft und Rassismus immer wieder auseinandersetzten. In ihren Schlussworten dankten Bürgermeisterin Elke Zehetner und Bernhard Kerscher, Direktor des Gymnasiums, allen Beteiligten für ihr eindrucksvolles Engagement. "Ich wünsche Ihnen einen nachdenklichen Nachhauseweg", lautete Kerschers Abschiedsgruß.

© SZ vom 30.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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