Penzberg:Debatte ohne Annäherung

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Das geplante Biomasse-Kraftwerk polarisiert. Auch nach der Informationsveranstaltung der Stadt befürchten viele mehr Verkehr, schlechtere Luft und Nachteile fürs Landschaftsbild.

Suse Bucher-Pinell

Für Bürgermeister Hans Mummert (SPD) ist die städtische Öffentlichkeitsarbeit für das im Industriepark Nonnenwald geplante Biomasse-Heizkraftwerk so transparent wie in keinem anderen Projekt zuvor. Das sehen die Kritiker anders. Für sie stehen immer noch viele Fragen offen, die ihnen eine sorgfältige Entscheidung unmöglich machen.

Die Kraftwerksgegner machen am Montagabend vor der Stadthalle mit ihren Plakaten deutlich, was sie von dem Vorhaben im Nonnenwald halten. Von den Beteuerungen der Projektentwickler und Vertreter der Stadt, dass saubere Energie produziert wird, zeigen sie sich unbeeindruckt. (Foto: Manfred Neubauer)

Auch nach der fast vierstündigen Informationsveranstaltung der Stadt am Montagabend in der Stadthalle sind die Fronten geblieben: Die Bürgerinitiative "Penzberger gegen Biomasse-Heizkraftwerk" will kein Kraftwerk im "ökologisch sensiblen Landschaftsbereich" Wald. Sie will auch keine zusätzliche Verkehrsbelastung mit bis zu zwölf Lastwagenfahrten täglich, die Holz zum Befeuern des Kraftwerks liefern.

Und sie zweifelt daran, dass nur vorgeschriebenes Waldrestholz und wenig behandeltes Altholz der Kategorien A1 und A2 verbrannt werden, sondern fürchtet, alles mögliche könnte eingeschürt werden. Das Projekt stilisiert sie zu einem "Holzmüllkraftwerk" hoch. Ein Vorwurf, den Bürgermeister Mummert eindringlich zurückwies. Im 48-seitigen Kaufvertrag für das Grundstück sei genau festgeschrieben, was verbrannt werden dürfe, sagte er. Holzlieferant UPM-Kymmene, ein finnischer Forst- und Papierkonzern, muss die Herkunft seines gehackten oder geschredderten Brennstoffes genau dokumentieren. "Jeder Betreiber, der belastetes Holz verheizt, fährt sich seinen Kessel kaputt", ergänzte Projektentwickler Lutz Steinhöfel vor den rund 350 Besuchern der Infoveranstaltung.

Woher das Holz für das Kraftwerk stammt, bewegt die Gemüter nicht weniger. Ganz genau vermochte das der UPM-Vertreter Bernhard Denkinger auch nicht zu sagen. Er sprach aber von einem Überangebot an Energieholz und stellte die wirtschaftlichen Aspekte der Transportwege heraus. Holzlieferungen aus Afrika, wie sie einige Fragesteller befürchten, schloss er kategorisch aus. Andreas Scharli von der Bürgerstiftung Energiewende Oberland (EWO) weiß aus einer hauseigenen Studie, dass das Energieholzpotenzial in den Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen und Miesbach steigt, für Weilheim-Schongau stehe die Untersuchung noch aus. Die Bundeswaldinventur belege wiederholt, dass das Potenzial in Bayern höher sei als in anderen Bundesländern.

Janet Witt sieht die verfügbare Holzmenge nicht ganz so rosig. Schon für 2020 prognostizierte sie eine "Fehlbedarfsentwicklung", die die Erschließung neuer Potenziale erforderlich mache. "Die Nachfrage nach Holz wird in absehbarer Zeit zunehmen", sagte die Fachfrau und empfahl Effizienzsteigerungen und Substitution mit Reststoffen. Mittelfristig werde die Biomasse ihre dominierende Rolle behalten. "Sie ist der wichtigste und vielfältigste erneuerbare Energieträger."

Für die Befeuerung des Biomasse-Heizkraftwerks steht Holz außer Frage. Die Roche Diagnostics GmbH wird Großkunde des Kraftwerks-Betreibers sein und den erzeugten Dampf für ihre Produktion abnehmen. Das Pharmaunternehmen will außer Strom und Erdgas die Biomasse als drittes Standbein in seinem Energiemix etablieren, um die konzerninternen Ziele zum Klimaschutz zu erreichen und unabhängig von fossilen Brennstoffen zu werden. Durch die Dampferzeugung im Heizkraftwerk spare das Unternehmen 10 000 Tonnen Kohlendioxid im Vergleich zur derzeitigen Erzeugung mit Erdgas als Brennstoff. "Für uns ist eine schnelle Entscheidung wichtig", sagte Josef Sturm, bei Roche für das Energiemanagement zuständig.

Der bereits unterzeichnete Dampfabnahmevertrag mit Projektentwickler Steinhöfel läuft von 2014 an. Eine Auswirkung auf die rund 5000 Beschäftigten habe das Projekt nicht. "Arbeitsplätze gehen nicht verloren, wenn die Penzberger beim Bürgerentscheid am 7. Oktober Nein sagen", betonte Sturm. Wie hoch der Schornstein des Kraftwerks werden wird, ergebe sich erst im Laufe des Genehmigungsverfahrens, sagte Steinhöfel. Die Filteranlagen seien mit der modernsten Technik ausgerüstet. Der Feinstaubanteil liege bei rund zehn Prozent.

© SZ vom 19.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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