Museum und Begegnungsstätte im historischen Badehaus:Bürgerhaus mit geschichtlicher Dimension

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Um 1939 errichtet, war dieses Gebäude in allen Zeitgeschichtsphasen ein Badehaus. (Foto: Manfred Neubauer)

Wenn der Wolfratshauser Stadtrat einem Vertrag zwischen der katholischen Kirche und dem Badehaus-Verein zustimmt, kann das Projekt umgesetzt werden. Die Vorsitzende Sybille Krafft erklärt, wie sich die Finanzierung zusammensetzt.

Von Felicitas Amler, Wolfratshausen

Die Zeichen stehen gut für den Verein "Bürger fürs Badehaus Waldram-Föhrenwald". Zu dessen Mitgliederversammlung am Mittwochabend in der evangelischen Kirche Waldram waren nicht nur Stadträte aller Fraktionen gekommen, sondern auch Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW). Er sprach ein Grußwort, und er tat dies mit anerkennenden Worten für den Verein, der seit zweieinhalb Jahren eine Dokumentations- und Begegnungsstätte im historischen Badehaus am Waldramer Kolpingplatz plant. Die Stadt entscheidet kommende Woche im Bauausschuss und in der Woche darauf im Rat, ob sie dieses Projekt unterstützt.

Konkret geht es um den letzten Schritt: den Abtretungsvertrag zwischen der katholischen Kirche als Besitzerin des aus der NS-Zeit stammenden Badehauses und dem Verein. Von der Zustimmung der Stadt dazu wiederum hängt das Finanzierungsmodell des Vereins ab. Dessen Vorsitzende Sybille Krafft antwortete auf die Frage, was denn jetzt noch fehle, damit das auf etwa anderthalb Millionen Euro geschätzte Museumsvorhaben beginnen könne: "Die Zustimmung der Stadt und die Antragstellung für die Städtebauförderung."

Wie das Badehaus gestaltet werden könnte, schilderte Krafft mit ihrem Stellvertreter Wolfgang Saal. Das Nutzungskonzept, das architektonisch durchgearbeitet und finanziell gegengeprüft ist, sieht Räume für die vier Zeitgeschichtsphasen vor, die sich am Badehaus festmachen lassen: die Nazi-Siedlung Föhrenwald für Zwangsarbeiter und Dienstverpflichtete in den nahe gelegenen NS-Rüstungsbetrieben; den dort vorbeiführenden Todesmarsch aus dem KZ Dachau zu Kriegsende; das jüdische Camp für Displaced Persons (DP) nach der Befreiung und die Siedlung katholischer Heimatvertriebener, beginnend in den 1950er-Jahren.

"Herzstück" des Hauses, so Krafft, soll ein 90 Quadratmeter großer Veranstaltungsraum im Erdgeschoss sein - "ein "Bürgerhaus mit geschichtlicher Dimension". Eine zweiter besonderer Raum soll als work in progress unter dem Dach entstehen. Als Reverenz an den Föhrenwald, von dem sich der Name des einstigen Lagers ableitete und der heute noch für Waldram prägend ist, sollen dort "biografische Stammbäume" gesetzt werden: Jeder einzelne soll das Schicksal eines Zeitzeugen oder einer Familie veranschaulichen. Gemeinsam mit wechselnden Schulklassen soll jedes Jahr ein neuer solcher Baum "gepflanzt" werden. Diese Beziehung zur jungen Generation nennt Krafft das Wichtigste an dem ganzen Projekt Badehaus. Schon jetzt sei es für sie sehr berührend, wie junge Menschen an dem Thema "Feuer fangen". Schulprojekte und Bachelor-Arbeiten belegen dies.

Eine dritte Besonderheit in dem Gebäude ist die Mikwe, das jüdische Ritualbad, das dort einst zusätzlich zum reinigenden Bad existierte. Diese Mikwe sei unstrittig nachgewiesen, aber baulich nicht mehr kenntlich. Man wolle sie mit einer Lichtinstallation darstellen und als Raum der Stille für Museumsbesucher gestalten.

Sanierung und Ausbau sind mit 1,34 Millionen Euro veranschlagt, die Stadt Wolfratshausen würde dazu 500 000 Euro beitragen; die Städtebauförderung habe einen 60-prozentigen Zuschuss mehrmals deutlich in Aussicht gestellt, betonte Krafft. Weitere Förderer sind die Bayerische Gedenkstättenstiftung, die Landesstiftung, die Landesstelle für die nichtsaatlichen Museen und die Kulturstiftung Oberbayern. Zur Inneneinrichtung, die mit 288 000 Euro angesetzt ist, sagten die Vereinsvorsitzenden, hier müsse man nicht alles auf einmal erledigen und könne notfalls auch billigere Varianten - etwa beim Parkett - wählen.

Zur Finanzierung der laufenden Kosten soll ein fester Posten aus der Vermietung eines Teils des Gartengeschosses beitragen. Ein passender Mieter, so Krafft, sei denkbar aus dem Bereich Bildung und Soziales. Auf Nachfragen sagte sie: "Erst muss uns das Ding mal gehören." Wenn es nach dem Zweiten Wolfratshauser Bürgermeister Fritz Schnaller (SPD) geht, steht dem nichts mehr im Weg: "Der Stadtrat muss jetzt schnell beschließen", sagte er.

© SZ vom 10.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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