Münsing/Starnberg:Retter im Privatboot

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Die Mitglieder des Freiwilligen Seenot-Dienstes sind seit 50 Jahren auf fünf bayerischen Seen im Einsatz

Von Benjamin Engel, Münsing/Starnberg

Sind Schwimmer oder Surfer entkräftet oder kentern Katamarane, sind die Mitglieder des Freiwilligen Seenot-Dienstes häufig als erste vor Ort. In diesem Jahr feiert der Verein, der an den bayerischen Seen aktiv ist, sein 50-jähriges Bestehen. Im Gegensatz zu den Einsatzkräften von Deutscher Lebensrettungs-Gesellschaft (DLRG) und Wasserwacht hat der Seenot-Dienst aber keine festen Einsatzpläne.

Vielmehr hissen die Freizeitsegler und Motorbootfahrer, wenn sie ohnehin auf dem Wasser unterwegs sind, einfach die FSD-Fahne mit dem Roten Kreuz und dem Anker in der Mitte. Damit zeigen sie, dass sie im Einsatz sind. Derzeit sind am Starnberger See acht Boote von FSD-Mitgliedern im Einsatz.

Seien sie erst einmal zum Segeln auf dem See, behielten sie das Umfeld stets im Blick, sagt Stefan Graf Dohna. Entscheidend sei, brenzlige Situationen bereits vorausschauend zu erkennen. Der Vorteil des Seenot-Dienstes sei, dass die Mitglieder auch wochentags am See präsent seien. Wasserwacht und DLRG hätten dagegen meistens nur am Wochenende feste Einsatzzeiten hätten.

Um helfen zu können, sind die Boote der FSD-Mitglieder mit Rettungsgeräten ausgestattet. Dazu zählt eine Rettungstalje, um erschöpfte oder bewusstlose Menschen aus dem Wasser zu bergen. Zur Ausrüstung gehören auch Rettungsringe oder Gold- und Silberfolie, mit der Gerettete warm gehalten werden können. Die Ausrüstung stellt der Verein. Für ihr rein freiwilliges Engagement schulen sich die FSD-Mitglieder laut Dohna regelmäßig in rettungstechnischen Übungen, studieren ausgesuchte Manöver und Techniken und den richtigen Umgang mit dem Rettungsmaterial ein. Regelmäßig frischen sie ihre Kenntnisse in Erste-Hilfe-Kursen speziell für Segelsportler auf.

Seit 1975 haben die FSD-Mitglieder auf dem Starnberger See 72 Menschen gerettet und 568 Mal Hilfe geleistet. Selbst bei Sturm führen sie raus, sagt Dohna. Besonders schwierig sei es, bei schlechtem Wetter und hohem Wellengang Menschen zu retten, die über Bord gegangen seien. Solche Fälle seien zum Glück eher selten. Meist brächten sie Surfer ans Ufer, die es aus eigener Kraft nicht mehr schafften. Häufig richteten sie auch gekenterte Katamarane wieder auf oder kümmerten sich um erschöpfte Schwimmer. Die FSD-Mitglieder verstünden sich als Ersthelfer, sagt Dohna. Seien sie zu weit weg oder die Vorfälle gravierend, verständigten sie die Einsatzkräfte von Wasserwacht, DLRG und Polizei. So könne die Rettungskette bis zum Krankenhaus in Gang kommen.

Derzeit sind FSD-Aktive neben dem Starnberger See auf dem Bodensee, dem Chiemsee, dem Ammersee und dem Brombachsee präsent. Insgesamt sind 65 von 140 Mitgliedern in ihrer Freizeit mit ihren Booten im Einsatz. In einem halben Jahrhundert hat der FSD nach eigenen Angaben 417 Menschen das Leben gerettet und 3116 Hilfsleistungen übernommen.

Die Besitzer einer privaten Yacht konnten im Jahr 1963 Menschen am Chiemsee vor dem Ertrinken retten. Daraus entwickelte Schiffsführer Wolf Klemm die Idee, eine Selbsthilfeorganisation zu gründen. Dafür gewann er zunächst sechs Schiffseigner übernahmen. 1964 wurde die Gruppe in die DLRG aufgenommen. 1965 entstand die "Einsatzgruppen Freiwilliger Seenot-Dienst" (FSD), die in die DLRG integriert wurde. 1974 löste sich der FSD schließlich von der DLRG und gründete sich als eigenständiger Verein.

© SZ vom 08.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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