Thomas Darchinger:Warum sich der Fernseh-Bösewicht mit dem Staatlichen Bauamt anlegt

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Der Schauspieler setzt auf Protest: Er will verhindern, dass die Straße von Münsing in seinen Wohnort Holzhausen ausgebaut wird.

Von Konstantin Kaip, Münsing

Wenn Thomas Darchinger über seinen Heimweg spricht, dann leuchten seine Augen. Der Schauspieler lebt erst seit zweieinhalb Jahren in Holzhausen. Trotzdem hat es ihm die kleine Ortsverbindungsstraße von München nach Holzhausen angetan, die in Kurven an Wiesen, Bäumen und Rapsfeldern vorbei über Kuppen führt, von denen aus man weit in die Landschaft bis in die Alpen blicken kann. "Mir zaubert die Straße jedesmal ein Lächeln ins Gesicht, wenn ich zum Beispiel aus München rauskomme", sagt Darchinger.

Für den 52-Jährigen ist die in die Jahre gekommene, drei Kilometer lange Ortsverbindung "eine der schönsten idyllischsten Straßen der Region". Und deshalb hat es ihn empört las er von den Plänen erfuhr, die das Staatliche Bauamt hat. Denn weil die Staatsstraße 2065, wie die Holzhausener Straße offiziell heißt, voller Risse und Schlaglöcher ist, muss sie dringend saniert werden. Und bei der Gelegenheit will die Weilheimer Straßenbaubehörde mit Zustimmung der Gemeinde sie auch gleich modernisieren: "Die Kuppen werden geschliffen, die Kurven rausgenommen, und die Straße verbreitert", sagt Darchinger. Die Landstraße, sagt er, "soll von jeglichem Charme befreit werden". Er verweist dann auf die Straße von Münsing nach Weipertshausen, die in seinen Augen "schrecklich missraten" ist, eine schnurgerade Schneise, auf der die Autos zum Teil 140 Kilometer pro Stunde führen, bis sie im Wald abrupt abbremsen müssten.

Im Staatlichen Bauamt Weilheim sieht man das freilich anders: "Bei der technischen Planung haben wir versucht, sehr nah am Bestand zu bleiben", sagt der zuständige Mitarbeiter in Weilheim, Stefan Vogt. Es würden nur die gröbsten Mängel ausgeglichen, ein paar Kurven entschärft und die ein oder andere Kuppe abgeschliffen, um die Sicht zu verbessern. "Wir verlassen aber den straßenbaulichen Bestand an keiner Stelle komplett", sagt er zur geplanten Wegführung. Die Straße sei zwar übers Jahr betrachtet nicht sehr stark befahren, werde aber vor allem im Sommer stark frequentiert, von den vielen Münchnern und anderen Ausflüglern, die nach Ambach ans Ostufer des Starnberger Sees wollen.

Die Landstraße werde von 5,50 auf 6,50 Meter verbreitert, "um den heutigen Verkehrsverhältnissen gerecht zu werden", sagt Vogt. Nicht nur für die Autos, die seit den 60er Jahren eben breiter geworden seien, sondern auch für den landwirtschaftlichen Verkehr. Am meisten Flächenbedarf gebe es jedoch für ordentliche Bankette und Entwässerungseinrichtungen , die bislang komplett fehlten. "Wenn wir die Straße schon anfassen", sagt Vogt, "versuchen wir auch gleich, sie besser zu machen".

Ängste, die Straße könne wie die nach Weipertshausen werden, kann Vogt nicht nachvollziehen. "Das ist eine ganz andere Topographie." Bei der Verbindung nach Holzhausen würden "nur die größten Schnitzer in der Trassierung ausgeglichen", eine Rennstrecke oder kalte Schneise entstehe nicht. "Wir haben mit viel Augenmaß geplant", sagt er. Das Gleiche gelte auch für die TÖL 20 von Münsing nach Degerndorf, die ebenfalls erneuert werden soll. Bei beiden Maßnahmen müsse auch ein landschaftspflegerischer Begleitplan erstellt werden, in enger Abstimmung mit den Naturschutzbehörden.

Für Darchinger wird das Ausmaß des Umbaus vom Straßenbauamt "komplett verharmlost". Die Pläne sprächen eine andere Sprache. Auch kann er das Argument, die Straße sei gefährlich, nicht nachvollziehen. Der Verlauf sei doch gut einsehbar, und auf der schmalen und kurvigen Straße müsse man naturgemäß langsamer fahren. Breit und gerade, das verleite doch erst zum Rasen und ziehe zusätzlichen Schwerlastverkehr an. Der Schauspieler hat auch mit Bürgermeister Michael Grasl (FW) gesprochen, der ihm gesagt habe, dass "alle für den Umbau sind". Das aber bezweifelt Darchinger. "Ich will das Thema einfach nochmal aufzeigen und in einen neuen Dialog führen", sagt er. "Weil ich sicher bin, dass viele Leute nicht für den Beschluss sind. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt."

Denn die Planungen liegen erst einmal auf Eis, die Behörde ist gerade in Verhandlungen mit den Grundstückseigentümern. Es gebe "noch etliche Variablen", sagt Vogt. Deshalb könne man auch zu den Kosten noch nichts sagen. Sollten sich vereinzelt Eigentümer weigern, ihren Grund abzutreten, könne er sich nicht vorstellen, dass die Behörde in ein Planfeststellungsverfahren gehe, sagt Vogt. "Dann müssen wir halt umplanen auf die Minimalmaßnahmen".

Darauf hofft Darchinger. Dass man den Belag erneuern müsse, sei nicht von der Hand zu weisen. Es sei auch nachvollziehbar, dass die Landwirte eine breitere Fahrbahn wünschten. Den Charme der Straße mit ihren Kuppen und Kurven aber dürfe man nicht opfern, sagt der Schauspieler. "Es wäre doch einfach ein Jammer, wenn man den schönsten Schmuck der Oma eintauscht gegen einen Plastikring aus dem Kaugummiautomaten." Er kenne übrigens viele Münchner, die ebenso für die Holzhausener Straße schwärmten wie er. "Die sagen: Wenn ich aus Münsing rausfahre, dann fängt mein Freizeitwert schon an." Das wird wohl zumindest noch zwei Sommer lang so bleiben. Vogt hält es jedenfalls hält einen Umbau vor 2018 für sehr unwahrscheinlich.

© SZ vom 23.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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