Knef-Abend in Irschenhausen:Wenn's unterm Apfelbaum rote Rosen regnet

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Franziska Ball und Joram Ronels gestalten einen Abend in Erinnerung an den großen deutschen Weltstar Hildegard Knef.

Von Christa Gebhardt, Icking

An diesem lauen sommerlichen Donnerstagabend darf das Publikum bei der Gesellschaft unterm Apfelbaum endlich ohne Regenguss die Atmosphäre genießen, wofür diese Reihe so geliebt wird: Entspannt sitzen Menschen im romantischen Garten unter den Bäumen und warten auf Sängerin und Schauspielerin Franziska Ball mit ihrem ersten Solo-Programm "Schön war es doch - Femmage an Hildegard Knef". Begleitet wird sie von Joram Ronels, im Hauptberuf Arzt, aber auch als Theatermusiker und in der Jazz-Szene aktiv.

Joram Ronel am Keyboard reißt in seinem Potpourri lässig jazzend die bekanntesten Titelmelodien an und entwirft hier bereits die Bandbreite der spröden, schnoddrigen und leidenschaftlichen Knef-Dramatik, dann zählt er fingerschnippend synkopisch ein, das Publikum schnippt mit. Und dann kommt sie: Schwarzer Ledermantel, Marlene-Hose, blonde Mähne. Ball sieht der Knef tatsächlich ein wenig ähnlich, die Schminke tut ein Übriges. Auch ihre Stimme ist warm und tief, allerdings ohne dieses typische Knef-Vibrato und das stets rauchige Timbre. "In dieser Stadt kenn ich mich aus" , das Lied über Berlin, Weggehen und Heimweh, hat wohl jeder im Kopf. Der bekannte Song ist ein gelungener Einstieg in das bewegte Leben eines großen deutschen Weltstars.

Ball wechselt mit schwarzer Streberbrille und Baskenmütze in die Rolle einer jungen Journalistin, die den Star interviewen soll. Wie soll sich die unsichere Anfängerin der Grande Dame, Schauspielerin, Chansonsängerin, Schriftstellerin nähern? Einer Diva, die für ihre couragierte und rebellische Art bekannt ist, aber auch dafür, der Presse herzlich abgeneigt zu sein. Doch die Diva ist gnädig gestimmt, und gibt dem "Kindchen" ihre Antworten, vor allem diese: Sie, Hildegard Knef, will sich nicht auf Rollen oder Klischees festlegen lassen. "Ick bin ene Berlinerin." Und dazu passt natürlich am besten das Chanson: "Ich glaub, 'ne Dame werd ich nie!" Mit ihrer direkten Art hat die Künstlerin ein Leben lang immer wieder die Kritik der deutschen Nachkriegsgesellschaft auf sich gezogen.

Ball führt mit ihrem versierten Partner am Keyboard in wechselnden Rollen durch das oft schwierige Leben des Stars. Als Knef, die Sängerin, erzählt sie von Höhen und Tiefen, als alternde Diva rückt sie festgefügte Vorurteile und Meinungen zurecht, als junge Journalistin wirft sie einen Blick aus Hildegard Knefs Todesjahr 2002 zurück auf die Anfänge. Knef, geboren 1925, begann ihre Schauspielkarriere bereits während des Kriegs 1943 bei den UFA-Studios in Berlin, spielte Theater und Kabarett und wurde mit dem Film "Die Mörder sind unter uns" (1946) berühmt. 1948 war die Knef das Cover der ersten Ausgabe der neuen Illustrierten "Stern". Dann ging sie für viele Jahre nach Amerika und erkämpfte sich auch dort Erfolge. Mit dem Film "Die Sünderin" provozierte sie mit einer Nacktszene und der Thematisierung der Tabus Prostitution und Suizid einen der größten Skandale im deutschen Nachkriegskino - mit Demonstrationszügen, Verbot des Films in zahlreichen deutschen und europäischen Städten, Klageverfahren bis zur höchsten Instanz. Oft sei sie, sagt die Knef, "für das Falsche gelobt und für das Falsche gehasst" worden. Ihre Autobiografie "Der geschenkte Gaul", ein Bestseller, wurde in 17 Sprachen übersetzt. Über ihre Erfolge in Hollywood oder am Broadway berichtet sie, verschweigt auch ihre vielen schlechten Filme nicht. Krebskrankheit und eine hässliche Scheidung sind Tiefpunkte in ihrem Leben. "Von nun an ging's bergab" oder "Illusionen" sind die Chansons, die zu den dunklen Stunden gehören. Ball mit ihrer warmen Stimme und der virtuose Ronels mit seinem ganz eigenen Sound liefern die Klangbilder dazu. Beinahe andächtig lauscht das Publikum bis zum Schluss, um dann lange und begeistert zu applaudieren. Da dürfen natürlich die Blumen für die hellen Stunden der Knef nicht fehlen: "Für mich soll's rote Rosen regnen."

© SZ vom 05.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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