Integration von Flüchtlingen:Vorbildliches Bad Tölz

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Die Integrationspolitik in Bad Tölz erklärte Armin Ebersberger einer Delegation aus Tirol. (Foto: Manfred Neubauer)

Tiroler Delegation informiert sich über Angebote der Stadt für Asylbewerber

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Oberhalb des Khanturms steht an der Salzstraße ein gerade erst renoviertes Haus. Unten befindet sich eine Arztpraxis, darüber gibt es eine Wohngemeinschaft für minderjährige Flüchtlinge, die alleine aus ihrer Heimat kamen. Davon wissen in Bad Tölz nur wenige, es gab nie irgendwelchen Ärger. "Wenn man das gar nicht merkt, heißt das doch, dass es gut funktioniert", meint der kommunale Sozialplaner Armin Eberberger. Die Aufnahme von Schutzsuchenden hat auch sonst bislang ohne große Störgeräusche geklappt. Damit hat sich Bad Tölz einen guten Ruf erarbeitet, selbst über die Landesgrenzen hinaus. Aus Österreich reiste jetzt eine zwölfköpfige Delegation an, die sich ein Bild verschaffen wollte, wie die Kurstadt die Zuwanderer integriert. "Sie waren durchweg begeistert von dem, was man alles machen kann, wenn der politische Wille da ist", berichtet Ebersberger. Die wichtigste Erkenntnis sei für die Gäste aus dem Nachbarland gewesen, "wie man in guter Kooperation zu einem großen Netzwerk kommt und die Aufgabe auf möglichst viele, wohlwollende Schultern verteilt".

Tölzer Vereine nahmen Asylbewerber auf, viele Ehrenamtliche geben Kurse in Deutsch oder auch Nachhilfe, angeleitet von einer hauptamtlichen Koordinatorin, der Verein "Asylplus" entwickelte in Tölz sein bundesweit anerkanntes Modell eines computergestützten Sprachkurses, Citymanager Falko Wiesenhütter, Unternehmer und Tölzer Coaches bemühen sich mit vereinten Kräften, den Flüchtlingen in einen Job zu verhelfen. Als Anlaufstellen für Zuwanderer und Einheimische dienen der "WeltRaum" am Vichyplatz, das Jugendcafé, das Bürgerhaus am Lettenholz. Überdies haben sich Veranstaltungen etabliert, die beide Bevölkerungsgruppen zueinander bringen sollen: der Tölzer Jugend-Asyl-Gipfel, der offene Treff "Buntes Bad Tölz" im Klostergarten, "SevenEleven" als Angebot an den Schulen. Seit 2014 habe sich viel getan, sagt der kommunale Sozialplaner, der nach eigenen Angaben bis zu 40 Prozent seiner Arbeitszeit mit dem Thema Flüchtlinge beschäftigt ist. "Wir sind mittlerweile gut aufgestellt."

Als gewichtigen Grund für den Erfolg sieht Ebersberger die "vielen kleinen dezentralen Unterkünfte", in denen Flüchtlinge leben. "Das ist aus unserer Sicht ideal, was die Integration angeht." Mit Sorge sieht er deshalb die Abkehr von diesem System der Unterbringung. Der Landkreis will zwar das ehemalige Hotel Jodquellenhof aufgeben, dafür werden der Neubau an der Realschule und nächstes Jahr auch das städtische Asylhaus auf der Flinthöhe belegt. Zwei große Unterkünfte, die nach Ebersbergers Dafürhalten für die Eingliederung von Asylsuchenden eher hinderlich sind. "Nicht so ideal", sagt er.

Als Herausforderung für die Zukunft bezeichnet er neue Sozialwohnungen, die für einkommensschwache Tölzer, aber auch für Flüchtlinge nötig sind, die ihren Asylantrag genehmigt bekamen. "Was mich freut ist, dass die Stadt dieses Thema wieder anpackt", sagt er. Das Problem sei allerdings, dass es Jahre dauern werde, bis solche Quartiere bezugsfertig sind. Der Sozialplaner weist noch auf einer andere Aufgabe hin: Unter den Zuwanderern seien viele junge Mütter mit kleinen Kindern, weshalb sich die Frage stelle, "wie schaffen wir es rechtzeitig, uns darauf einzustellen, dass wir künftig mehr Kinder als bisher im Schnitt haben". Zur Not müsse die Stadt wieder mehr Kindergartenplätze schaffen, in den Schulen werde es mehr Klassen geben, so Ebersberger. Wichtig ist ihm außerdem, dass Flüchtlinge nach dem Basis-Deutsch, das viele gelernt hätten, nun "auf ein gutes Sprachniveau kommen, um sinnvoll arbeiten zu gehen".

Vernetzung sei alles, sagte Stadträtin und Integrationsbeauftragte Andrea Grundhuber (Grüne) den Besuchern aus Österreich. Der Abordnung unter Hannes Gstir von der Landesregierung Tirol gehörten Sozialentwickler, Vertreter von Stadtverwaltungen und Integrationskoordinatoren aus Imst, Hall, Kufstein, Telfs und Innsbruck an. Um ihren Sozialplaner beneidete eine Teilnehmerin die Stadt Bad Tölz: "Ich glaub', Sie haben ohnehin viel Glück", meinte sie.

© SZ vom 15.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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