Tölzer Marktstraße für Radler geöffnet:Strampeln in der Nacht

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Tagsüber müssen die Räder in der Marktstraße weiterhin geschoben werden - oder stehen bleiben. (Foto: Manfred Neubauer)

Tölzer Radfahrer dürfen zwischen 21 und 9.30 Uhr die Fußgängerzone nutzen, weil andere Strecken fehlen.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Soll das Radfahren in der Tölzer Marktstraße erlaubt sein? Seit Jahren streiten sich die Stadträte stets aufs Neue über diese Frage, die sie mal mit Ja, mal mit Nein, mal mit Ja, aber beantwortet haben. Die Fußgängerzone wurde 2012 in einem Probebetrieb für Radfahrer freigegeben, ein halbes Jahr später wieder geschlossen, später auch zu den morgendlichen Lieferzeiten nicht wieder geöffnet. Nun soll sie den Radlern doch zugänglich sein - und zwar von 21 bis 9.30 Uhr. Dies beschloss der städtische Bauausschuss am Dienstag knapp mit sechs zu sechs Stimmen. Der Bau einer Serpentine auf der Parallelroute durch den Schulgraben wurde von sieben Räten abgelehnt, fünf votierten dafür.

Eine Radwegverbindung von Ost nach West durchs Stadtzentrum ist eine Forderung aus dem Verkehrsentwicklungsplan, den Tölzer Bürger vor drei Jahren mit dem Münchner Büro Transfer erarbeitet hatten. Vier Vorschläge wurden seither geprüft, alle vier verworfen. Ein Radweg an der Osterleite - zu weit vom Zentrum weg. Eine Bike-Spur in der Nockhergasse bergauf mit einer Ampel vor der Engstelle am Irlbeck-Haus - zu große Staugefahr. Ein neuer Aufzug anstelle der Treppen auf dem Weg vom Gries durch den Schulgraben hinauf zum Bürgergarten - zu teuer. Eine Öffnung der Fußgängerzone zu den Lieferzeiten am Morgen - zu komplizierte Beschilderung.

Eine neue Serpentine für Radler, die am Hang neben den Fußgängertreppen durch den Schulgraben entstehen soll, ist mithin die fünfte Variante. Auch dagegen trug Bauamtsleiter Christian Fürstberger seine Bedenken vor. Mit einer Steigung von 14 Prozent und einer arg engen Kurve werde ein solcher Weg nicht funktionieren, sagte er. Außerdem müsste man dafür Bäume fällen, abgesehen davon sei der Hang noch labil. Andrea Grundhuber (Grüne) gab sich damit nicht zufrieden. "Die Verwaltung hat den Auftrag bekommen, eine Lösung zu finden", beharrte sie. Vier habe man ja schon zur Diskussion gestellt, erwiderte Fürstberger. "Wenn ich zaubern könnte, würde ich nicht bei der Stadt arbeiten."

Demzufolge richtete sich der Blick der Stadträte wieder auf die Fußgängerzone. Er sehe "kein großes Problem" darin, die Marktstraße zwischen 21 und 9.30 Uhr für den Fahrradverkehr zu öffnen, sagt Franz Mayer-Schwendner (Grüne). Das sei zwar keine optimale Lösung für die Radler, aber man könne ja nicht zu allem Nein sagen. Wer dies tue, der müsse schon Alternativen aufzeigen, "man kann nicht mit einem Brettl vor den Augen rumlaufen und sagen, ich ignorier' das". Auch die Serpentine auf der Schulgraben-Route mag Mayer-Schwendner nicht so einfach abschreiben. Trotz der Steigung gebe es genügend sportlicher Radler und E-Bike-Fahrer, die leicht bergauf kämen, "und abwärts ist es sowieso kein Problem". Die Stadtverwaltung sollte sich die Situation nochmals ansehen, meinte der Grünen-Stadtrat.

Für eine Öffnung der Fußgängerzone vom Abend bis zum Morgen plädierte auch die SPD. "Damit vertut man sich nichts, in der Nachtzeit ist keiner gestört", meinte Camilla Plöckl. Auch Jürgen Renner bezeichnete diese Lösung "besser als gar nichts". Für Robert Paintinger (CSU) verhalten sich die Radler, die durch die Marktstraße fahren, nicht so unvernünftig wie oftmals geschildert. Eine Serpentinenstrecke im Schulgraben bezeichnete er hingegen als "Schmarrn". René Mühlberger (CSU) plädierte dafür, in einem ersten Schritt Erfahrungen zu sammeln und den Kontrolldruck in der Fußgängerzone zu erhöhen. Zudem sei der Schilderwald am Eingang der Fußgängerzone für Radler, die von der Isarbrücke her kommen, durchaus irreführend. "Da muss Eindeutigkeit herbeigeführt werden", sagte Mühlberger.

Gegen die Freigabe der Marktstraße für den Radverkehr sprach sich Bürgermeister Josef Janker (CSU) aus. In einer Fußgängerzone gelte Schrittgeschwindigkeit, auch für Radler. "Aber weil ich auf dem Rad nicht Schritt fahren kann, muss ich gehen." Was Kontrollen anbelangt, sei die zuständige Tölzer Polizei dafür nicht stark genug besetzt. Ähnlich äußerte sich Margot Kriste (FWG): "Eine Fußgängerzone ist für mich einfach ein Schutzraum." Dort müsse man aus einem Geschäft gehen können, ohne Angst zu haben, "dass da einer runter brettert". Michael Lindmair (FWG) rechnete vor, dass ein Fußgänger in normalem Gehtempo drei Minuten für die 318 Meter lange Fußgängerzone benötige, ein Radler mit 15 Stundenkilometern hingegen die Hälfte. "Und wegen der anderthalb Minuten machen wir uns Gedanken", kritisierte er. Besser wäre es für Lindmair, eine Radspur auf dem Bürgersteig der Isarbrücke anzulegen.

© SZ vom 04.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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