"Ich liebe meine Arbeit":Traumjob am Steuer

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Gelassen, hilfsbereit, kompetent: Helene Just wurde zur Busfahrerin des Jahres im Landkreis gewählt. (Foto: Harmut Pöstges)

Passagiere wählen Helene Just aus Geretsried zur Busfahrerin des Jahres im Landkreis. Die 53-Jährige schätzt den persönlichen Kontakt zu den Kunden. Einmal bekam sie sogar zehn Euro geschenkt - für ruhiges Fahren.

Von Thekla Krausseneck, Wolfratshausen

Bis zur Rente hat Helene Just noch ein paar Jahre. Wie sie diese Zeit verbringt, weiß sie genau: Sie bleibt Busfahrerin. "Ich liebe meine Arbeit", sagt die 53-Jährige, die seit 17 Jahren für den Regionalverkehr Oberbayern (RVO) in Bad Tölz-Wolfratshausen tätig ist. Dieses Gefühl, da oben im Bus am Steuer zu sitzen, mit den Stammgäste zu plaudern, zu erfahren, wie wohl sich die Fahrgäste bei ihr fühlen - das alles mache das Busfahren für sie zu einem Traumjob. Und nicht nur Just fühlt sich wohl: Auch die Passagiere fahren bei der Geretsriederin gern mit. So gern, dass sie Helene Just zur Busfahrerin des Jahres gewählt haben.

Es war zur Jahrtausendwende, als Just eine berufliche Veränderung suchte: Zuvor hatte sie 20 Jahre lang bei einem Hersteller von Angelschnüren in Geretsried gearbeitet. Dann waren die Kinder groß genug, um alleine klarzukommen, Just lockte die Sehnsucht nach Neuem und einem besseren Verdienst in einem anderen Berufszweig. Durch einen Bekannten kam sie zum RVO: "Der Chef hat gesagt, Mädel, mach deinen Führerschein, dann kannst du anfangen", erzählt Just.

Als sie dann das erste Mal in einer Fahrstunde im Bus Platz nahm, wollte sie am liebsten gleich wieder aussteigen. Sie saß am Steuer und sah in den Spiegel, "und da habe ich kein Ende mehr gesehen", erzählt Just. Zwölf Meter lang war der Bus, mit dem sie die Führerscheinklasse D erreichen sollte - eine Herausforderung. Vier Monate später konnte die Geretsriederin von sich behaupten, es durchgezogen zu haben - mit Erfolg. Wenn auch das wahre Lernen eigentlich erst danach kam. Das Anfahren an eine Bushaltestelle, das Kassieren von Tickets, das Beobachten der Fahrgäste im Rückspiegel: All das hatte Just in der Fahrschule nicht gelernt. Sie musste es sich im Verlauf ihres Berufsalltags aneignen - und zwar alles nahezu gleichzeitig.

In ihren ersten fünf Jahren beim RVO fuhr Just den Stadtbus in Wolfratshausen - eine Zeit, an die sie heute noch gern zurückdenkt. Es sei wie in einem Dorf gewesen, sagt Just: Jeder kannte jeden. Wenn sie heute im Stadtbus-Verkehr aushelfe, werde sie manchmal noch von den älteren Fahrgästen angesprochen, die dann zu ihr sagten: "Wie schön, dass Sie mal wieder da sind!" Im Linienbus gebe es deutlich weniger persönliche Kontakte. Trotzdem: zum Stadtbus-Verkehr zurückwechseln? Nein, dafür gefalle es ihr im Linienverkehr dann doch zu gut. Ein besonders schönes Erlebnis habe sie vor vielen Jahren in einem Linienbus gehabt: Damals habe es noch keine Automatik-, sondern nur Schaltgetriebe gegeben, sagt Just. Da sei eine Frau mitgefahren, "über diese ganzen kleinen Dörfer, Egling, Ascholding, nach Bad Tölz". Am Tölzer Bahnhof sei die Frau zu ihr nach vorne gekommen und habe ihr zehn Euro geschenkt. "Und sie hat sich so bedankt bei mir: Sie ist noch nie so ruhig gefahren worden, sie konnte ganz entspannt ihr Buch lesen."

Um die beliebtesten Busfahrer des Jahres 2016 zu ermitteln, hat der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) in den vergangenen Monaten Flyer in den Bussen ausgelegt. Die Fahrgäste konnten darin die Freundlichkeit, Zuverlässigkeit, Gelassenheit, Hilfsbereitschaft und Kompetenz des Busfahrers bewerten und eine Begründung verfassen. Für ein gültiges Votum mussten die Liniennummer und das Kennzeichen angegeben werden, anschließend schickten die Teilnehmer ihren Flyer zum MVV - ziemlich viel Arbeit für Laufkundschaft. Und trotzdem beteiligten sich mehr als 1000 Fahrgäste an der Wahl. In den acht Verbundlandkreisen gibt es jeweils einen Busfahrer des Jahres, jeder erhält 300 Euro und wird am 24. Januar in der Panorama-Lounge der Süddeutschen Zeitung geehrt. Die Ehrung findet zum zweiten Mal statt. Für Just kam die Wahl völlig überraschend: "Damit hätte ich niemals gerechnet!"

© SZ vom 07.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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