Geothermie in Icking:Die Angst vor dem großen Bohrer

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Im Ortsteil Attenhausen soll nach heißem Wasser gebohrt werden. Manche Einwohner fürchten Schäden an ihren Häusern. Der Gemeinderat will sie vertraglich schützen.

Von Claudia Koestler, Icking

Wenn die Erde bebt, gelten die Kräfte der Natur in der Regel als höhere Gewalt. Im Ickinger Ortsteil Attenhausen sind es indes Sorgen über menschengemachte Erschütterungen im Erdinneren, die die Menschen aufrütteln. Die Einwohner seien "nicht gegen Geothermie", betonte Gemeinderätin Claudia Roederstein (UBI) am Montag. Doch sie machten sich "berechtigte Sorgen", wenn in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft in Zukunft eine Geothermieanlage nach heißem Wasser bohren werde. Eben diese Ängste mündeten am Montag in der Gemeinderatssitzung in eine Liste an Fragen, die Roedersteins Fraktionskollegin Verena Reithmann im Auftrag der Bürger vortrug.

Anlass der Fürsprache war die Diskussion darüber, ob die Gemeinde für den Standort "Raststätte Höhenrain" zwischen Attenhausen und Walchstadt, auf dem die Firma Erdwärme Bayern eine Geothermiezentrale bauen will, einen Bebauungsplan aufstellen und einen städtebaulichen Vertrag in Auftrag geben will. Das beschloss der Rat letztlich auch.

In dem Plan wollten die Attenhauser ihre Sorgen hinsichtlich der Auswirkungen der Energieanlage bedacht wissen - was nach dem Willen des Gemeinderates geschehen soll. Ob das im Bebauungsplan, im städtebaulichen Vertrag, in beidem oder anderweitig geregelt werden kann, das lässt die Gemeinde von einer Rechtsanwaltskanzlei klären. "Im Zweifel lieber Doppel-Moppeln", sagte Bürgermeisterin Margit Menrad (UBI). "Den Attenhausern ist wichtig, dass sie geschützt werden", hatte Reithmann zuvor erklärt. Es müsse neben dem Lärmschutz auch eruiert werden, wie eventuelle Schäden an Gebäuden durch die Bohrungen respektive durch die Pumparbeiten verhindert werden können.

Meist passiert bei Geothermie-Bohrungen nichts. In Attenhausen gibt es trotzdem Befürchtungen, dass die Häuser leiden könnten. (Foto: Hartmut Pöstges)

Für eine etwaige Schadensregulierung sei wichtig, dass der Ist-Zustand vorab festgehalten werde. In Attenhausen haben Reithmann zufolge zudem viele Häuser lediglich Bestandsschutz. "Was also passiert, wenn ein Gebäude so stark beschädigt wird, dass es neu aufgebaut werden müsste?", fragte sie. Verbindlich zu regeln sei auch, dass trotz Privilegierung keine Überlandleitungen und Stromtrassen an die Anlage angebunden werden und sich keine weiteren Betriebe ansiedeln, die Wärme und Strom direkt nutzen könnten, etwa Großgärtnereien.

Im September hatte der Gemeinderat dem Antrag auf Vorbescheid zur Errichtung einer Geothermiezentrale mehrheitlich das Einvernehmen erteilt. Allerdings behielten sich die Gemeinderäte vor, einen Bebauungsplan aufzustellen, um Standort, Erschließung und Immissionsschutzmaßnahmen zu sichern. Ziel des Gremiums war bislang auch, eine Optimierung des Standortes zu erreichen. Die Frage, ob die Anlage zumindest zu einem Teil nicht besser in der angrenzenden, gemeindlichen Waldfläche aufgehoben wäre, soll nun im Rahmen eines sogenannten "Scopings" mit Vertretern der Forstbehörde, der Naturschutzbehörde, des Landratsamtes und der Autobahndirektion geklärt werden. Für Reithmann stand jedoch "außer Frage, dass wir den Bebauungsplan brauchen und das Scoping, um zu retten, was zu retten ist".

Vigdis Nipperdey (Ickinger Initiative) stimmte der Aufstellung des Bebauungsplanes und dem städtebaulichen Vertrag zu, betonte aber: "Damit ist aber in der Sache kein Einvernehmen geschaffen." Ihre Zustimmung dürfe nicht so gedeutet werden, "als würde die Anlage so kommen wie vom Unternehmen geplant." Es handle sich bei ihrem Votum vielmehr um "eine Not-Zustimmung", die auf den Teilaspekt des Bebauungsplanes beschränkt sei, nicht aber für das große Ganze stehe. Nipperdey kündigte an, gegen eine Baugenehmigung für die Geothermieanlage zu stimmen. Denn die Gemeinderätin hält es "für ein unpassendes Projekt, ausgerechnet auf diesem Höhenzug der Gemeinde eine Industrieanlage zu bauen." Außerdem warf sie den Planern Etikettenschwindel vor: "Das fängt schon damit an, dass in den Anträgen immer vom Standort Raststätte Höhenrain die Rede ist. In Wahrheit ist es aber ganz klar Attenhausen."

© SZ vom 09.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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