Erster Hof- und Gartenflohmarkt:Ein richtiges Fest in der Stadt

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Ulrike Krischke und ihr Mann Stefan haben ihre Flohmarktsachen vorsichtshalber in der Garage gelassen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Trotz Regenwetter ist die Stimmung beim ersten Hof- und Gartenflohmarkt in Wolfratshausen prächtig. Nachbarn nutzen den Anlass zum Feiern. Organisatorin Ulrike Krischke findet das "Drumherum das eigentlich Schöne"

Von Wolfgang Schäl, Wolfratshausen

Wie hoch ist wohl die Wahrscheinlichkeit, an einem regnerischen Samstagvormittag in Wolfratshausen einen mittelmäßig schönen röhrenden Hirsch im leicht schadhaften Rahmen verkaufen zu können, oder einen betagten Benzinkocher, Artikelnummer 9060 der Firma Enders, im Originalkoffer, der, vielleicht zum Glück, niemals in Betrieb gegangen ist? Aus Kundensicht bewerten wir das Angebot so: Wir greifen da lieber zu einem fast neuwertigen Kratzbaum, auch ohne die dazugehörige Katze, zu einer der auf einem Tisch aufgebauten schwarzen Totemfiguren, zu einem Paar staubiger Gummistiefel, zu einem Reiseradio aus den sechziger Jahren oder zu einer noch ungeöffneten Packung Swirl PH 86 Staubsaugerbeutel - das alles erscheint für den Laien doch ungefährlicher.

Aber vielleicht tut man dem Kocher ja unrecht? Egal. Hubert Lüttich, vor dessen Haus all diese Preziosen aufgebaut sind, übrigens einem der schönsten, gepflegtesten und ältesten Gebäude an der Beuerberger Straße, kümmert sich hier mehr ums Organisatorische, was ihm dank seiner langen Zeit als Chef des Heimatmuseums wohl näher liegt, während seien Frau im Verkauf fungiert und eher das Angebot im Blick hat. Die Stimmung ist entspannt bis heiter, wie an allen Anlaufstellen, die an diesem Samstag durch bunte Luftballons an Türen und Toreinfahrten signalisieren: Achtung, hier gibt's günstige Ladenhüter, Schnäppchen, Skurrilitäten, Bücher, Klamotten, alles, was jemand gern loswerden möchte und jemand anders rein zufällig vielleicht gebrauchen könnte. Vielleicht.

Organisiert haben die Trödel-Aktion BVW-Stadträtin Ulrike Krischke und ihr Mann Stefan, die selber in Farchet eine der Verkaufsstationen eröffnet haben und sogar ein paar Sachen losgeworden sind - ein paar Bücher, ein Spinnrad und Bilderrahmen. Ein großer finanzieller Aufwand war mit dem stadtweiten Flohmarkt nicht verbunden, wie beide versichern, wohl aber viel organisatorische Vorausleistung. Als besonders arbeitsreich erwies es sich, die Aktion publik zu machen, über Zeitungen und Facebook, sogar eine aufwendig gestaltete Internetseite haben die beiden Organisatoren ins Netz gestellt. Dazu galt es, Anmeldelisten zu führen, die Luftballons zu verteilen und die nötigen "Spielregeln" festzulegen, denn der Verkauf musste ausschließlich auf private Flächen beschränkt bleiben. Es sei schon viel Aufwand gewesen, die nötigen Absprachen zu treffen, schließlich seien ja auch heute noch nicht alle Bürger gut vernetzt, sagen beide.

Umso zufriedener sind die Organisatoren mit dem Verlauf, der ja nicht gerade von passendem Wetter begleitet war - am späten Vormittag setzte, wie befürchtet, Regen ein. Und auch das öffentliche Interesse ließ bei der Planung noch zu wünschen übrig, "es war eine richtige Flaute", sagt Ulrike Krischke rückblickend. Doch dann füllten sich die Listen plötzlich wie von allein, und zum Anmeldeschluss hatten sich über die ganze Stadt verteilt um die 120 Haushalte vormerken lassen, weit mehr als erwartet. Einige schlossen sich zusammen und nutzten die Gelegenheit, gemeinsam zu feiern, zwischen all den Kuriositäten. Selbst aus Münchner Umlandgemeinden meldeten sich Interessenten, die gern mitmachen wollten, bis aus Penzberg und Trudering kamen Anfragen. Gefreut hat sich Ulrike Krischke nicht zuletzt über die vielen Ideen von Teilnehmern - so etwa die Anregung, künftig eine kleine Gebühr zu verlangen und damit Flyer zu finanzieren. "Viele haben sich sowieso gewundert, dass das alles kostenlos war."

Gelungen ist die Flohmarkt-Premiere vor allem in sozialer Hinsicht, davon hat sich Ulrike Krischke bei einer kleinen Radrundfahrt selber überzeugt. Insbesondere im Ortsteil Waldram wurde bei der Gelegenheit gleich gegrillt und Musik gemacht. Feuchtfröhlich ging es bei einer italienischen Familie an der Weidacher Hauptstraße zu - nebst Stofftieren, Bilderrahmen, Kaffeefiltern und geselligem Smalltalk gab es hier Weißbrot mit Olivenöl und Aprikosen-Sekt, zum Probieren und zum Mitnehmen. "Dieses Drumherum, das ist das eigentlich Schöne", findet die Stadträtin, die froh ist, auch in dieser Hinsicht "einen Impuls gesetzt" zu haben.

Lob erhielt sie sogar aus dem Munde des Bürgermeisters, der sich am frühen Nachmittag zu einer Stippvisite in Farchet eingefunden hatte: "Das habt's ihr wirklich gut gemacht, das ist ja ein richtiges Stadtfest geworden," freute sich Klaus Heilinglechner. Bis dahin hatte es übrigens auch aufgehört zu regnen.

© SZ vom 13.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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