Engagement:Mehr als "a bisserl Zeit"

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Margit Huber sagt, sie nehme die Isar-Loisach-Medaille stellvertretend für alle entgegen, die sich im Landkreis sozial engagieren: Sie wolle eigentlich nicht im Mittelpunkt stehen. (Foto: Manfred Neubauer)

Margit Huber ist vielfach für andere im Einsatz

Von Petra Schneider, Lenggries

Praktisch jeder Gast, der an diesem Vormittag ins Café Strehler kommt, kennt Margit Huber. Man begrüßt sich freundlich, die 75-Jährige lächelt. Seit sie vor fast 30 Jahren nach Lenggries gezogen ist, engagiert sie sich in der Gemeinde: Viele kennen sie noch als Gründerin des privaten Spielkreises für Kinder, den sie zuerst in Bad Tölz, später in der Waldkirche in Lenggries leitete. Jahrelang besuchte sie mit den Kindern Bewohner des Hauses der Senioren und des Pflegeheims, organisierte kleine Aufführungen. Als ihre beiden Töchter groß waren und Huber in Ruhestand ging, war mehr Zeit - die sie nicht für sich, sondern für andere nutzte.

Die Liste ihrer ehrenamtlichen Aufgaben ist lang: Huber ist Gründungsmitglied des Vereins "Nur a bisserl Zeit", sie hilft beim Kleiderbasar und beim Seniorenfrühstück. Sie ist Mitglied der Lenggrieser Tafel und im Team Freiraum, das einmal wöchentlich Demenzpatienten betreut, damit die Angehörigen wenigstens für ein paar Stunden entlastet werden. Mindestens einmal im Monat besucht sie Bewohnerinnen und Bewohner des Pflegeheims zum gemeinsamen Singen. Und wann immer sie Zeit findet, kümmert sie sich um Menschen, die niemanden mehr haben; oft jahrelang, bis zu deren Tod.

Dass sie für ihr Engagement nun mit der Isar-Loisach-Medaille ausgezeichnet wird, habe sie nicht erwartet, sagt sie. Denn es sei doch selbstverständlich, dass man das, was man von der Gesellschaft bekomme, irgendwie zurückgebe. "Wenn jeder sich im Rahmen seiner Möglichkeiten einbringt, dann wäre die Welt ein bisschen menschlicher", sagt sie. Kraft und Zuversicht schöpft Huber aus dem Glauben. Christliche Werte zu leben, die Achtung vor dem anderen und vor der Schöpfung, das sei ihr Antrieb.

Die studierte Sozialpädagogin ist eine belesene Frau. Sie mag Biografien, Dostojewski, sie liest psychologische Fachliteratur und beschäftigt sich mit anderen Religionen. Mit 70 hat sie die Weiterbildung zur Demenzbetreuerin beim Landratsamt gemacht. Wenn sie von ihren Aufgaben erzählt, spürt man, mit welcher Hingabe sie sich einsetzt. Vom Singen mit den Demenzpatienten zum Beispiel, die sich oft nicht mehr an die Namen ihrer Kinder erinnern, aber von alten Volksliedern noch vier Strophen auswendig kennen. "Singen macht ihnen Freude, und für mich ist das auch sehr schön zu sehen." Man bekomme viel zurück. Wann immer es Zeit und Wetter zulassen, ist sie draußen. "Die Natur baut mich wieder auf, wenn mich Schicksale belasten." Der Tod von Menschen, zu denen man eine lange Bindung aufgebaut habe, die Trauer der Angehörigen "das berührt mich sehr". Um fit zu bleiben, geht sie walken und macht Reha-Sport; wegen einer Hüft-OP habe sie in letzter Zeit "ein bisschen zurückgesteckt".

Huber wurde in Falkenau im Egerland geboren und als Zweijährige mit ihren Eltern und den drei Geschwistern vertrieben. Die Familie strandete in Aschaffenburg, Huber machte eine Lehre als Bürokauffrau in Leverkusen und studierte in Köln. Der Liebe wegen sei sie 1974 in den Isarwinkel gezogen. Sie arbeitete sechs Jahre an der Sonderschule in Bad Tölz. Mit ihrem Mann Gerd, selbst langjähriger Seniorenbeirat, ist sie seit 43 Jahren verheiratet.

Dass sich in Lenggries und überhaupt im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen so viele Menschen ehrenamtlich engagierten, "finde ich großartig", sagt Margit Huber. Den Preis wolle sie stellvertretend für die vielen Helfer entgegennehmen. Denn so im Mittelpunkt zu stehen, "das ist nicht meins".

© SZ vom 01.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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