Einzigartig im Freistaat:In Bad Tölz geht's rund

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Das Staatliche Bauamt Weilheim will den von der Stadt geforderten Turbo-Kreisverkehr am Moraltverteiler zumindest prüfen. Diese Art von zweispurigem Kreisel wäre in Bayern einmalig. Auf der Flinthöhe sollen weiter Ampeln den Verkehr regeln, bis die Nordumfahrung kommt.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Bad Tölz ist eine viel befahrene Stadt. Darin unterscheidet sie sich nicht von anderen Orten zwischen München und den Alpen. Um den Verkehrsfluss zu verbessern, hat die Stadt bereits eine Reihe von Kreisverkehren gebaut, zum Beispiel an der Osterleite, im Kurviertel oder an der Sachsenkamer Straße beim Edeka-Markt. Geht es nach ihrem Willen, soll nun ein ganz besonderes Rondell hinzukommen: Ein sogenannter Turbo-Kreisel soll auf der Bundesstraße 13 nach Lenggries am Moraltverteiler entstehen. Nach anfänglichem Sträuben will das Staatliche Bauamt Weilheim ein solches Bauwerk nun prüfen. Das wäre neu in Bayern. Einen Turbo-Kreisel gibt es im Freistaat - anders als in anderen Bundesländern - bislang nicht.

Turbo-Kreisverkehr

Die B 13, die von der Bundesstraße 472 in Richtung Lenggries führt, ist eine der Hauptverkehrsachsen von Tölz. Sie wird nicht bloß von Einheimischen, sondern auch von vielen Ausflüglern genutzt, die winters zum Skifahren in die Berge, sommers an den Sylvensteinsee fahren. An der Kreuzung mit der Lenggrieser Straße - am Moraltverteiler - gibt es bisher bloß eine Ampelanlage und drei Spuren. Die Stadt wünscht sich dort einen Kreisverkehr, der allerdings zweispurig sein muss, um die Zahl der Fahrzeuge zu bewältigen.

Einen zweistreifigen Kreisel lehnt das Staatliche Bauamt ab. Der Grund: Die Fahrer müssen in diesem Rondell in der Regel die Spur wechseln, wenn sie nicht gleich die erste Ausfahrt nutzen und sich somit rechts halten können. Dies führe oft zu gefährlichen Situationen, sagt Uwe Fritsch, Leiter des Bauamts. Wegen gestiegener Unfallzahlen wurden die zweistreifigen Kreisverkehre südlich von Starnberg und bei Landsberg wieder zurückgebaut. Komme es im Kreisel zu einem Zusammenstoß, gebe es "Riesenrückstaus", sagt Fritsch.

Einen Turbo-Kreisverkehr, der anders als zweistreifige Kreisel zweispurige Ein- und Ausfahrten hat, will Bad Tölz am Moraltverteiler. (Foto: Franz-Xaver Fuchs)

Deshalb schlägt die Stadt einen Turbo-Kreisverkehr vor. Der Unterschied: Die Verkehrsteilnehmer fahren auf zwei Spuren in diese Anlage hinein, auf zwei Spuren auch wieder hinaus. Etwa 30 Turbo-Kreisel gibt es im Bundesgebiet, die sich alle außerhalb Bayerns befinden, in den Niederlanden sind es sogar rund 400. Laut Verkehrsplaner Lothar Bonzio aus Bochum, der für die Stadt als Gutachter tätig ist, sind die Erfahrungswerte mit solchen Turbo-Kreiseln durchaus gut, anders als bei zweistreifigen Kreisverkehr, die nicht wirklich zufriedenstellend seien. Das Staatliche Bauamt, das die B 13 am Moraltverteiler lieber auf fünf Spuren ausbauen möchte, will den Vorschlag zumindest prüfen. Man werde sich die Turbo-Kreisel außerhalb Bayerns anschauen und Meinungen zu den Praxiserfahrungen vor Ort einholen, sagt Fritsch. "Wenn sich die positiven Erfahrungen bestätigen, sind wir bereit, es zu probieren."

Ein Signal, das Bürgermeister Josef Janker (CSU) nach zuletzt heftigem Dissens mit dem Staatlichen Bauamt gerne aufgreift. Die Politik müsse dann allerdings hinter einem Pilotprojekt stehen, sagt er. Und damit auch hinter der Weilheimer Behörde. Fritsch bleibt indes vorsichtig. "Jedes Experiment im fließenden Verkehr sollte man vermeiden", lautet sein Credo. Wichtig sei, den Autofahrern schon vor dem Turbo-Kreisel eine ganz klare Wegweisung zu geben. Nicht jeder verstehe, dass es darauf ankomme, wo er sich davor wie einordne. Andererseits: Die Verkehrsteilnehmer in Bayern seien auch nicht dümmer als in anderen Bundesländern.

Flinthöhe

Er hat eine Online-Petition zur Gelben Tonne initiiert, ebenso eine zur Tölzer Geburtshilfe. Nun ruft Alexander Hofmann aus Gaißach im Internet zu Unterschriften für mehr Kreisverkehre in Bad Tölz auf - "um dem täglichen Verkehrswahnsinn ein Ende zu bereiten". 267 Unterstützer hat er dafür bis Dienstagnachmittag gefunden (www.openpetition.de). Auslöser sind die Probleme mit den provisorischen, verkehrsabhängig gesteuerten Ampeln, die Anfang November nach dem Ausfall der alten Anlage auf der Flinthöhe installiert wurden. Die führten zu erheblichen Staus. Ein Update habe die Lage entschärft, "die Polizei hat festgestellt, dass es im Moment weniger Probleme gibt", sagt Janker. Für Hofmann wäre es gleichwohl besser, zwei Kreisverkehre auf der B 472 anzulegen: zum einen am Haupttor des Landratsamtes, zum anderen an der Einmündung der Sachsenkamer Straße und der Straße Am Sportpark in Richtung Eisstadion. Pendler, Touristen, Handwerker, Brauneck-Skifahrer und Einheimische, "die auf der Flinthöhe wertvolle Lebenszeit im Stau verschwenden, sind sich sicherlich einig, dass Ampeln hier schon längst nicht mehr die Lösung der Tölzer Verkehrprobleme sind", meint Hofmann.

Das Staatliche Bauamt prüft nun diese Forderung nach einem Turbo-Kreisverkehr. (Foto: Verkehrsabteilung)

Dem widersprechen Fritsch und Janker in seltener Einmütigkeit. Mehr als 26 000 Fahrzeuge pro Tag würden einen einstreifigen Kreisel völlig überlasten, sagt der Leiter des Bauamts. Der Tölzer Bürgermeister spricht von zwei Spuren, die erforderlich wären, um die Verkehrsmenge zu bewältigen. "Ein Kreisel am Eisstadion bräuchte vier Äste, er hätte gigantische Ausmaße." Dafür sei der Platz gar nicht da. Zudem müsste dann ja noch ein drittes Rondell stadtauswärts am Rewe-Markt gebaut werden. Auch wenn man solche Kreisverkehre auf der Flinthöhe jetzt zu planen begönne, könnte man sie nicht zeitnah umsetzen, betont Fritsch. Denn bis es soweit wäre, "hätten wir schon Baurecht für die Nordumfahrung". Und die sieht dort ohnehin zwei Kreisel vor - über der tiefergelegten B 472.

Sachsenkamer Straße/Bahnhof

Einen neuen Kreisverkehr will die Stadt dagegen auf der Sachsenkamer Straße am Abzweig zur Bahnhofstraße bauen. Dies diene der Sicherheit für Fußgänger und Autofahrer, sagt Janker. Außerdem werde damit die Durchgängigkeit des Verkehrs verbessert. Als Beispiel nennt der Bürgermeister die Busse, die zum Bahnhof wollen. Sie stünden auf der Sachsenkamer Straße zwar auf der Abbiegespur, nähmen aber zur Hälfte auch noch die rechte Spur ein. Das Staatliche Bauamt hat grundsätzlich nichts gegen ein solches Rondell einzuwenden. "Wir werden prüfen, ob das an dieser Stelle geht", avisiert Fritsch. Unklar ist nur, wer dafür wie viel zahlt. Handelt es sich um einen Knotenpunkt mit Staus und auffällig vielen Unfällen, trägt der Freistaat den Großteil der Kosten - wenn nicht, muss vor allem die Stadt die Ausgaben stemmen.

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B472/Anschlussstelle West

Konsens herrscht zwischen Stadt und Staatlichem Bauamt in der Frage, wie die Auffahrt beim sogenannten "Treibhaus" gestaltet werden soll. Die Autofahrer, die von der Benediktbeurer Straße auf die B 472 nach Bad Tölz möchten, sollen durch eine Unterführung unter der Bundesstraße hindurch zur Quellenstraße und dann nach links auf eine neue Rampe gelangen, die wieder zur B 472 in Richtung Tölz führt. Ansonsten müssten sie als Linksabbieger den Verkehr von links aus Tölz, von rechts aus Bad Heilbrunn und noch die Linksabbieger in die Benediktbeurer Straße abwarten, sagt Janker. In der Vergangenheit kam es deshalb an dieser Stelle zu teils schweren Unfällen. "Wir sind dabei, auf die Grundeigentümer zuzugehen", kündigt Fritsch an.

© SZ vom 13.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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