Sondersitzung:Bad Tölz beschließt Wellness-Bad

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Das neue Spa soll auf dem Areal des Sportstudios Hirsch neben dem Zentralparkhaus gebaut werden. (Foto: Manfred Neubauer)

Der Stadtrat macht den Weg frei für das "Natura". Manchen Politikern bereiten die Kosten von 11,5 Millionen Euro jedoch "Bauschschmerzen".

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Nach dem Ende des Alpamare kommt das Spa "Natura Tölz": Der Stadtrat hat in der Sondersitzung am Dienstagabend ohne Gegenstimme den Bau des neuen Wellnessbades an der Bockschützstraße beschlossen. Die Konzeption ist bundesweit einmalig: Das Thema sind die fünf chinesischen Elemente Feuer, Wasser, Erde, Holz und Metall, die jedoch tölz-spezifisch gestaltet werden, also mit Jod und Moor, heimischen Hölzern oder auch Eisbrunnen und Solebecken.

Anders als beim Dialogforum vor einer Woche im Kurhaus, als sich etliche Bürger kritisch zu Wort meldeten, kamen unter den Mandatsträgern so gut wie keine Zweifel an dem 11,5 Millionen Euro teuren Projekt auf. Die Stadtverwaltung erhielt den Auftrag, einen Architektenwettbewerb auszuschreiben. Außerdem zeichnet sich ab, dass die Stadt das Wellnessbad selbst betreiben und nicht einem externen Partner überlassen wird.

Vor der Abstimmung erläuterte Projektentwickler Thomas Oberhofer von der österreichischen Firma Redserve nochmals die Ergebnisse seiner Analysen. Die Zahl der Besucher pro Jahr taxiert er auf 122 400, wovon 58 000 aus Tölz und der Region, 58 400 als Touristen und 7000 von den beiden neuen Hotels kommen sollen, die nebenan an der Arzbacher Straße geplant sind. Das Einzugsgebiet für die Wellness-Anlage umfasst Oberhofer zufolge rund 2,7 Millionen Euro potenzielle Gäste. Das Spa soll fünf Themensaunen zu den chinesischen Elementen bieten, eine Event-Sauna, ein privates Spa, ein Restaurant sowie Räume für mentales Training, Massagen und Kurse. Einen Gewinn wird die Stadt mit dem Wellnessbad nicht erwirtschaften. In den ersten drei Jahren muss sie laut Kostenberechnung bis zu 125 000 Euro zuschießen, ehe sie leicht ins Plus kommt.

Vorsichtiger schätzt Sylvia Glückert die Attraktivität des "Natura Tölz" ein. Die Spa-Expertin von der Firma Well Consult wurde von der Stadt hinzugezogen, um eine zweite Meinung zu bekommen. Sie rechnet lediglich mit 106 000 Gästen im Jahr, davon 60 000 Einheimische, 41 000 Touristen und 5000 Hotelgäste. Auch das Einzugsgebiet zieht sie mit 1,86 Millionen möglichen Besuchern etwas kleiner. Der Grund: Sie legt nicht die Entfernung zum Wohnort zugrunde, sondern die Dauer der Anfahrt. Bis zu einer halben Stunde werde akzeptiert, um ein solches Spa aufzusuchen, sagte sie. Die Zahl der Touristen kalkuliert sie zurückhaltender als Redserve, weil viele Hotels und Pensionen in Tölz einen eigenen Wellnessbereich haben. Uneins zeigten sich Oberhofer und Glückert, ob eine Event-Sauna nötig ist, die für 60 Personen und damit auch für Gruppenfeiern ausgelegt sein soll. Ja, sagt Oberhofer, weil man erst ab sieben Saunen "von einer Großsauna-Anlage sprechen kann, wie wir sie wollen". Nein, sagt Glückert, weil es sinnvoller sei, sich auf die fünf Elemente zu konzentrieren und die Themensaunen etwas größer zu gestalten.

Ansonsten gab es keine Diskrepanzen. Beide bezeichneten das sportkinesiologische Konzept für das Spa als Alleinstellungsmerkmal und warnten den Stadtrat, davon abzuweichen. Für Glückert muss die Stadt deshalb das Wellnessbad auch selbst betreiben, private Unternehmen strebten nun mal Gewinn an. "Da wird eingespart und verändert, irgendwann erkennen Sie das eigene Konzept nicht mehr", sagte sie. Oberhofer betonte, dass Bad Tölz auch aufpassen müsse, welcher Baumeister den Auftrag erhalte: "Sie müssen beim Briefing schauen, dass sich Architekten nicht selbst verwirklichen wollen."

Wegen des Defizits in den ersten drei Betriebsjahren zeigte sich Anton Mayer (CSU) besorgt. Er wünsche sich, dass das Projekt gelinge, habe da allerdings "ein bisschen Bauchschmerzen", sagte er. Von der Stadtverwaltung und seinen Ratskollegen wollte er wissen, wo ihre Schmerzgrenze liegt. Eine klare Antwort bekam er nicht. Oberhofer verwies darauf, dass er seinen Kostenkalkulationen eine jährliche Besucherzahl von bloß 99 000 zugrunde legte. Das sei "sehr konservativ" und noch unter dem Ansatz von Well Consult, sagte er. Laut Kämmerer Hermann Forster beliefe sich das Defizit auf eine halbe Million Euro, falls nur 70 000 Gäste kämen. Ein Spa zu bauen sei immer ein Risiko, meinte er. Unabhängig davon müsse man aber sehen, welchen Nutzen die ganze Kurstadt aus dem geplanten Spa ziehe und was dies für den Tourismus bedeute.

Becken für Wassergymnastik vermissten Margot Kirste und Ulrike Bomhard (FWG). Dem Wunsch widersprach Glückert: "Dazu wären große Wasserflächen nötig, die haben immer den Nachteil, dass sie defizitär sind." Für Franz Mayer-Schwendner (Grüne) liegen die zwei neuen Hotels zu weit entfernt, damit Gäste von dort ins Spa kommen. Wie man die Verbindung hinkriegen wolle, fragte er. Die Antwort von Oberhofer: "Das ist keine Spa-Anlage für das Hotel." Auf einen direkten Zugang, etwa durch einen Tunnel, habe man daher verzichtet. Sonst zeigte sich Mayer-Schwendner mit dem Konzept glücklich. "Die Stimmung in Bad Tölz ist nicht mehr depressiv, sondern voll gespannter Erwartung, dass sich was tut." Willi Streicher (SPD) hakte nach, ob man sich mit dem Spa auf den richtigen Weg oder auf den Holzweg begebe. Spa-Expertin Glückert meinte leicht ironisch: "Wenn Sie sich auf dem Holzweg befinden, dann auf einem guten."

© SZ vom 03.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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