Brauchtum:Er holt 120 Jodler nach Lenggries - auch aus Hessen und Holland

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Der 62-jährige Norbert Zandt aus Lenggries ist bei einer Wanderung mit dem Jodel-Virus infiziert worden. Er will das Festival in den Ort tragen. (Foto: Manfred Neubauer)

Dul-jo-e ohne Gamsbart: Zum internationalen Festival "OU" erwartet Organisator Norbert Zandt 120 Teilnehmer.

Von Petra Schneider, Lenggries

Wer glaubt, Jodeln, Berge und Bayern gehören zusammen, der irrt. Das melodiöse Aneinanderreihen von Silben ist eine weit verbreitete Sitte - gejodelt wird in afrikanischen Ländern, in Lappland schmettert man "Joiks" und sogar in Berlin gebe es eine engagierte "Jodel-Community", erzählt Norbert Zandt. Der 62-jährige Inhaber einer Lenggrieser Marketing-Agentur gehört zu einem Team aus "Gern-Jodlern", die einmal im Jahr ein Festival organisieren: Ein "zentrales Event, wo sich die internationale Jodelwelt trifft", wie Zandt sagt. 2015 fand das Treffen erstmalig in der Steiermark statt, dann im Vinschgau, heuer in Lenggries.

Mit 120 Teilnehmern ist das Fest, das die Jodelsilben "OU" als Titel trägt, das bisher größte. Die meisten Teilnehmer kommen aus Österreich und Südtirol, aber auch Schweizer, eine Holländerin, Leute aus dem Münchner Umland, aus Berlin und Hessen sind dabei. "Zum größten Teil Wiederholungstäter", sagt Zandt. Denn wen einmal das Jodeln gepackt habe, den lasse es nicht mehr los.

Alle Veranstaltungen und Workshops, die von 6. bis 8. Oktober im Pfarrheim an der Geiersteinstraße stattfinden, sind ausgebucht. Und wer an diesem Wochenende durch Lenggries spaziert, dem kann es passieren, dass er von wildfremden Menschen angejodelt wird. Denn auch das ist Teil des Konzepts: "Wir möchten das Fest in den Ort tragen", sagt Zandt. Am Samstagabend gibt es in zwei Wirtshäusern einen offenen Hoagascht, "wo Gäste sehr stark gewünscht sind". Beim "Altwirt" und beim "Wieserwirt" könne ab 20.30 Uhr jeder mitmachen, zuhören und Instrumente mitbringen. Wirtshausmusik, die es kaum mehr gebe, solle so wieder belebt werden. Brauchtumspflege, aber "vom Staub befreit" und in "zeitgemäßem Gewand", wünscht sich der Organisator.

Ursprünglich sei Jodeln als Form der Verständigung über große Entfernungen entstanden, zum Beispiel als Ruf "vom Niederleger zum Hochleger, dass das Essen fertig ist". Das habe sich auf den Almen im Alpenvorland ebenso bewährt, wie in den dünn besiedelten Gegenden Afrikas. Jodeln brauche eine gewisse Lautstärke und müsse eigentlich im Freien praktiziert werden. In Verbindung mit dem Dreigesang sei es in die Wirtshausstuben gekommen.

Zandt selbst ist bei einer Jodelwanderung mit Markus Prieth, Kopf der Südtiroler Combo "Opas Diandl", mit dem Jodel-Virus infiziert worden. Prieth, "unser Master-Mind", ist auch im Orga-Team des Festivals, und wer ihn schon einmal bei einem Konzert erlebt hat, der ahnt, dass das "OU" kein normales Festival ist: Es beginnt bereits am Montag mit einer viertägigen Sternwanderung nach Lenggries: Zwei "Jak-Hops-Duljo-e"-Wege führen entweder über die Maximiliansroute oder auf dem Adlerweg nach Lenggries. Prieth bietet, parallel zum Festival von Donnerstag bis Sonntag "Clown-Jodeln" an, eine Verbindung mit Theaterelementen.

Am Freitagnachmittag ist um 14 Uhr offizielle Eröffnung im Pfarrheim mit einem "Jodelkarussell": Alle Teilnehmer durchlaufen fünf Gruppen, in denen die Fachreferenten kurz über Spezialthemen informieren, zum Beispiel "Jodeln und Klatschen", oder die "Vorarlberger und Schweizer Variante". Am Samstag gibt es vertiefende Workshops. Für Teilnehmer, "die sich noch nicht so trauen", wird eine "Weißwurst-Wanderung" rund ums Brauneck angeboten. Zuvor gibt es zwei Frühaufsteher-Angebote: "Yogeln", eine Kombination aus Yoga und Jodeln, oder ein besinnlicher Tageseinstieg in der Waldkirche. Am Sonntag endet das Jodel-Wochenende mit Intensiv-Coachings und einem offenem Forum.

Finanziert wird es aus Teilnehmergebühren und Sponsorengeldern. Die Regierung von Oberbayern habe das Festival "völlig unbürokratisch" aus dem Kulturfonds unterstützt, sagt Zandt. Einen Zuschuss gab es auch vom "Verein für Volkslied und Volksmusik" aus München. Im Zuge der Neuen Volksmusik werde Jodeln neuerdings nicht mehr belächelt. Zandt beobachtet einen regelrechten Hype, der sich in diversen Kursen und Wanderungen manifestiere und zum Teil in eine "esoterische Richtung" abdrifte. Denn Jodeln sei eine emotionale und kommunikative Angelegenheit, sagt Zandt. "Und nach so einem mehrtägigen Event ist man schon ein bisschen high".

Infos unter www.jodelfest.com

© SZ vom 29.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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