Bad Tölz-Wolfratshausen:Feuer unterm Dach

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Der Kreisvorstand der SPD hat getagt. Freundliche Worte fielen dabei kaum.

Von Wolfgang Schäl

Nach dem miserablen Wahlergebnis der SPD (11,9 Prozent für den Kreistag, 7,5 Prozent für die Landratskandidatin) und dem radikalen Schnitt ihres Hoffnungsträgers Paul Lehmann, der alle Parteiämter niedergelegt hat, hängt im Kreisverband der Haussegen schief. Über den detaillierten inhaltlichen Ablauf der Vorstandssitzung am Donnerstag wollte sich zwar keiner der Teilnehmer äußern, fest steht allerdings, dass es hoch herging. Lehmann, der für den Kreistag und den Tölzer Stadtrat kandidierte und weder da noch dort erfolgreich war, verließ die Sitzung nach eigenen Worten vorzeitig, weil er die Diskussion "nicht als konstruktiv" empfunden habe. Man hätte sich seiner Ansicht nach "mehr Zeit nehmen und die Schärfe rausnehmen müssen". Herausgekommen sei nichts. Er wolle niemanden schlechtreden, sagte Lehmann; was die SPD jetzt brauche, sei nicht "eine neue Schlammschlacht", sondern ein Erneuerungsprozess.

Dass das Nachwuchstalent den Bettel so schnell hingeworfen hat, ist nicht bei allen Kreisvorstandsmitgliedern gut angekommen. Nach Meinung von Kreisrat Reiner Berchtold ist Lehmann "über das Ziel hinausgeschossen". Probleme seien da, damit man sie löse, und dass es unter den aktuellen personellen Bedingungen ein besseres Wahlergebnis nicht geben werde, habe man vorher gewusst. Lehmann könne sich getrost auch "an die eigene Nase fassen", denn er habe auf guten Listenplätzen gestanden. Vom sehr guten Platz vier der Kreistagsliste sei er bei der Wahl auf den 16. Rang zurückgefallen. "Vor den Schwierigkeiten davonzulaufen finde ich nicht gut", lautet Berchtolds Fazit.

Nicht einverstanden ist mit Lehmanns Verhalten auch die stellvertretende Kreisvorsitzende Angelika Kassner. Im Kreisverband sei man durchaus bereit, den Nachwuchs nach Kräften zu unterstützen. Es sei aber wenig hilfreich, "wenn die Jugend, wenn es nicht gleich läuft wie gewünscht, mit den Füßen stampft und beleidigt ist". Derlei Verhalten erlebe man auch in Vereinen: "Es läuft so lange gut, wie man ihnen den Arsch hinterherträgt, andernfalls ist das Geschrei groß." Nun werde man sich inhaltlich neu positionieren müssen. Kassner hofft, dass die SPD bis zur Jahreshauptversammlung im Juli mehr Klarheit haben wird.

Für Besonnenheit plädiert auch der Kochler Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel, der die Entwicklung im Kreisverband mitverfolgt. Im Augenblick gelte es, die Bürgermeister-Stichwahl in Wolfratshausen zu gewinnen, und dann die Dinge zu analysieren. Es sei ja nicht so, dass der hiesige Kreisverband als einziger so schlecht abgeschnitten habe. Ähnliche Entwicklungen habe die SPD in ganz Bayern erlebt. Wenn Lehmann seine Genossen "wachrütteln" wolle, müsse man dies ernst nehmen. Andererseits sieht Barthel keinen Sinn darin, alle Probleme an der Kreisvorsitzenden Gabriele Skiba festzumachen.

Skiba räumt ein, man habe über "ein heißes Thema" diskutiert, sie habe die Debatte aber als diszipliniert und nüchtern erlebt. Die Diskussion um den Kreisvorsitz kann sie nicht nachvollziehen, denn sie werde ihr Amt ohnehin nur noch bis Juli wahrnehmen und dann, nach 13 Jahren, "den geordneten Rückzug antreten". Was die Reaktionen Lehmanns betrifft, könne sie nur sagen: "Jeder ist seines Glückes Schmied, und der Paul schadet sich letztlich nur selbe." Mit "übermotiviert" beschreibe man ihn ganz gut, Lehmann sei "ein sehr emotionaler Mensch", den das eigene Abschneiden bei der Kreistagswahl "hart getroffen" habe.

© SZ vom 22.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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