Ausstellung:Willkommen daheim, Saron

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Benedikt Fuhrmann widmet Menschen, die im Isarwinkel ihre neue Heimat gefunden haben, eine eigene Ausstellung. Zur Eröffnung lädt die Komische Gesellschaft zu einem "Welttanzfest" ein

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Unser Land wird sich verändern: Mia san ned nur mia, und dahoam sein werden zukünftig hier auch viele andere. Sie nicht als Wirtschafts- oder Kriegsflüchtlinge zu sehen, als Syrer, Afghanen oder Eritreer, sondern zuallererst als Menschen, ist das Anliegen von Benedikt und Corinna Fuhrmann. Die beiden haben deshalb, ähnlich wie in Fuhrmanns Ausstellung "Ein Blick Iran", Menschen porträtiert, die im Isarwinkel leben. Sechs Frauen und sechs Männer aus der Türkei, Eritrea, Japan, Italien, Kuba, Russland, Thailand, Österreich, Iran, Polen, Äthiopien und Syrien, die unterschiedlich lange und aus verschiedenen Gründen in den Isarwinkel gekommen sind. Sie sind die Protagonisten der Ausstellung "Bei uns dahoam", die ab dem 30. Oktober im Tölzer Stadtmuseum zu sehen ist. Zur Eröffnung lädt die Komische Gesellschaft (KG) zu einem "Welttanzfest" in die Madlschule ein.

Dritter Teil des Projekts ist ein Filmabend: Am 14. November wird "Dancing in Jaffa" gezeigt, ein Dokumentarfilm von beklemmender Aktualität, angesichts der Ereignisse in Israel, "wo gerade wieder Mauern gebaut werden", wie Mitorganisator Peter Urban sagt. Für die Porträts der Ausstellung hat Fuhrmann Interviews geführt; nicht journalistische Fragen gestellt, sondern die Menschen erzählen lassen, was sie von sich und ihrem Leben Preis geben wollten. So wie Felix Levantin, der als Kind mit seinem Vater aus Russland geflohen ist und in einem Kofferraum "das gelobte Land Deutschland" erreicht hat.

In großformatigen Fotografien werden die Menschen gezeigt. Auch sie dokumentieren in Bildern und Musik, was für sie "Heimat" bedeutet. Das kann die Isar sein, wie für Felix Levantin, ein Foto der Mutter vom Handy Display, ein besonderes Lied. Die Geschichten der Menschen werden nicht in Form von Texten oder Protokollen erzählt, sondern durch Audio-Kommentare von Fuhrmann, in denen er seine Eindrücke bei den Interviews zusammenfasst. Tolle Begegnungen seien das gewesen, mit wunderbaren Menschen, die er nicht suchen musste, "sondern die schon da waren und auf uns zugekommen sind", sagt Fuhrmann. Es ist seine persönliche Wahrnehmung, entstanden "mit ehrlichem Interesse am Menschsein des anderen." "Den lichtvollen Blick" nennt er das. Denn anders als im Journalismus, gehe es in der Kunst um eine Haltung. Der Künstler entscheidet, aus welchem Blickwinkel er die Realität sehen will. Für Fuhrmann ist "Mitmenschlichkeit", die Schablone, die er anlegt. "Es gibt unendlich viele Wörter, Trennungen und Mauern aufzubauen", sagt Fuhrmann.

Für ihn zählt die Begegnung, der Blick von Mensch zu Mensch. Deshalb wird es im Stadtmuseum einen Begegnungsraum geben, auch eine "Soziale Skulptur" soll entstehen, zu der jeder einen Teil beitragen kann. Dass Bad Tölz für die Ausstellung das Stadtmuseum zur Verfügung stellt und Museumsleiterin Elisabeth Hinterstocker sogar eine andere Ausstellung verschoben hat, sei sehr schön, findet Christian Stadelbacher.

In seinem Kulturforum "Öha" hat Fuhrmann kürzlich seine Iran-Ausstellung gezeigt, dabei ist die Idee zur neuen Ausstellung entstanden. Menschen anderer Nationen auf Augenhöhe zu begegnen, gelinge Fuhrmann beispielhaft, lobt KG-Regisseurin Ulla Haehn. "Ich schätze die wahnsinnig große Hilfsbereitschaft der Leute hier, aber sie stellt ein Gefälle her: Hier der Helfer, dort der hilfebedürftige Flüchtling." Respekt, ehrliches Interesse und ein sich Einlassen auf den anderen, seien Voraussetzungen, um das Fremde nicht als Bedrohung wahrzunehmen. Ein Satz aus dem Film "Dancing in Jaffa" lautet: "Fakt ist, wir sind da, die sind da, jetzt müssen wir schauen, wie wir miteinander zurecht kommen." Ein Satz den KG-Vorsitzende Verena Peck sofort unterschreiben würde. Aufgabe der Kulturarbeit in der Madlschule sei es, für alle Bürger, und dazu gehörten auch die Flüchtlinge, Angebote anzubieten. Die schönen Erfahrungen beim Integrationsfest im Mehrgenerationenhaus hätten gezeigt, dass sich Menschen bei Musik und Tanz ungezwungen begegnen können. Peck hofft, dass möglichst viele Welt-Bürger die Gelegenheit zum gemeinsamen Feiern nutzen. "Denn jetzt ist es bei uns halt ein bisschen bunter als vorher", sagt sie pragmatisch.

Ausstellung "Bei uns dahoam", Stadtmuseum, 30.10. bis 29.11., Di-So 10 bis 17 Uhr. Party "Die Welt tanzt", 30.10., 18 bis 23 Uhr. Filmvorführung "Dancing in Jaffa" 14. November 20 Uhr, beides Alte Madlschule, Schulgasse 3. Eintritt immer frei.

© SZ vom 22.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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