Aus dem Wolfratshauser Amtsgericht:Fassungslose Geisterfahrerin

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Wolfratshauserin verliert wegen Fahrerflucht den Führerschein

Von Benjamin Engel, Geretsried

Die heute 74-jährige Rentnerin kann ihre Geisterfahrt auf der B 11 vor rund einem Jahr immer noch kaum fassen. "Gibt es noch mehr so Blöde wie mich?", fragte sie Amtsrichter Helmut Berger bei der Verhandlung am Montag. Anfang August 2017 verpasste die Wolfratshauserin auf der zweispurig ausgebauten Bundesstraße 11 Richtung Geretsried den Abzweig nach Gelting. Vom Parkplatz bei Gut Buchberg wendete sie in den Gegenverkehr. Mit Glück schaffte sie es auf der rechten Spur ohne Unfall bis zur Geltinger Abzweigung zurück. Beim Linksabbiegen stieß die Frau dann mit einem anderen Auto zusammen - und fuhr einfach weiter. Daher wurde sie am Amtsgericht Wolfratshausen wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Geldstrafe verurteilt. Ihr Führerschein ist für drei Monate weg.

Erst kurz vor der Geisterfahrt hatte die Angeklagte ihren neuen Wagen in einem Geltinger Autohaus abgeholt. Nur weil die Rentnerin Unfallflucht begangen hatte, kam es zum Strafverfahren. Allerdings bekräftigte sie, nur einen "Rumms" gehört, aber kein weiteres Auto gesehen zu haben. Sie habe gedacht, sie sei gegen einen Pfosten gekracht und daher weitergefahren. Kurze Zeit später stand die Polizei vor ihrer Haustür.

Dass es zu der Kettenreaktion kam, lag auch am verlorenen Haustürschlüssel der Angeklagten. Nach der Einweisung in ihr neues Auto war die Frau zu ihrer Wolfratshauser Wohnung gefahren - und stellte dort fest, dass ihr Schlüsselbund fehlte. Sofort fuhr die Frau zum Autohaus zurück. "Ich war aufgeregt und habe mich nur noch mit dem Schlüsselbund beschäftigt", berichtete sie. Deswegen habe sie die Abfahrt nach Gelting verpasst.

Bei Gut Buchberg sei sie rechts auf den Parkplatz an der B 11 gefahren. Die Fahrbahn sei frei gewesen und deshalb habe sie einfach gewendet. Dann seien auch schon die ersten Autos entgegengekommen. "Ich habe gedacht, um Gottes willen, ich bin verkehrt", schilderte sie. In ihrer Aufregung sei sie ganz rechts gefahren und habe gehupt, um die Autofahrer zu warnen. Die seien ihr ausgewichen. Bei allen wolle sie sich bedanken, wie sie regiert hätten. "Ich danke Gott, dass es so abgegangen ist."

Als sie nach 1,2 Kilometern endlich nach Gelting abbiegen konnte, war sie erleichtert. Dann habe sie nur einen "Schlag" gehört und sei bis zum Autohaus weitergefahren. Dort tauchte wenigstens ihr Schlüsselbund wieder auf. Als die Polizisten ihr später in Wolfratshausen von dem Zusammenstoß mit einem Auto berichteten, konnte die Frau das nicht fassen. "Da war ich fertig."Seit 1963 habe sie den Führerschein und nie einen Unfall gehabt, erklärte sie.

Aus Sicht der Staatsanwältin hätte viel Schlimmeres passieren können. Sie plädierte für eine Geldstrafe von 3600 Euro und ein Jahr Führerscheinentzug. Doch Amtsrichter Berger folgte ihren Forderungen nicht. Er hielt ein dreimonatigen Führerscheinentzug und 3000 Euro Geldstrafe für ausreichend. Strafrechtlich relevant sei, dass die Angeklagte nach dem Unfall weitergefahren sei. "Wenn man einen derartigen Schlag hört, muss man anhalten", mahnte er. Zum Glück sei außer Sachschäden nichts passiert.

© SZ vom 27.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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