Weltmeisterschaft der Biersommeliers:Gold? Lieber ein Helles!

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Als Biersommelier braucht man eine gute Nase. "Das war schon immer mein feinster Sinn", sagt Markus Sailer. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Markus Sailer aus Gilching nimmt an der Weltmeisterschaft der Biersommeliers in Rio de Janeiro teil - obwohl er Bayer ist, sieht er sich nur als Außenseiter.

Gerhard Fischer, Gilching

Markus Sailer aus Gilching, 43, wird am kommenden Samstag, 18. Juli, an der Weltmeisterschaft der Biersommeliers teilnehmen. Sie findet diesmal nicht in Deutschland oder Österreich statt, sondern erstmals in ihrer sechsjährigen Geschichte in Südamerika: in Rio de Janeiro in Brasilien. Sailer, im Hauptberuf Chemiker, hatte 2012 eine zweiwöchige Biersommeliers-Ausbildung gemacht und sich danach ständig fortgebildet.

SZ: Herr Sailer, wie viele Teilnehmer hat denn die Weltmeisterschaft der Biersommeliers?

Markus Sailer: Es haben sich heuer 53 Biersommeliers qualifiziert. Mehr können da nicht mitmachen, denn es ist sehr aufwendig: Es gibt mehrere Verkostungen - pro Verkostung und Person sind das zehn Gläser mit unterschiedlichen Bieren.

Schildern Sie bitte mal, wie dieser WM-Tag aussehen wird.

Tagsüber sind Vorentscheide, abends ist das Finale mit sechs Teilnehmern. Zunächst gibt es einen schriftlichen Test zum Thema Bier. Dann folgt die erste Verkostung, in der man internationale Bierstile erkennen muss.

Bierstile?

Es gibt 300 verschiedene Bierstile.

Nennen Sie bitte mal ein paar.

Unsere Klassiker sind das Pils deutscher Brauart, helles Lager, helles Weißbier, Dunkles oder Schwarzbier. Saisonal sind Märzen, Bock- und Doppelbock bekannt und regional gibt es Spezialitäten wie das Rauchbier. Alleine in Deutschland gibt es gut 60 Bierstile.

Und worum geht es bei der zweiten Verkostung?

Da muss man Bierfehler erkennen.

Bierfehler?

Das sind Fremdgeschmäcker im Bier, zum Beispiel Butter, Cassis, Banane, Schwefel, Käse oder Metall. Sie können während der Gärung oder Lagerung entstehen. Bei manchen Bierstilen gehören sie zum Geschmacksbild oder werden toleriert.

Welche Sinne sind für einen Biersommelier am wichtigsten?

Geruch, Geschmack und Sehen. Man muss sich das Bier genau ansehen, weil man die Farbe, Perlage und Trübung des Bieres bewertet. Für Geruch und Geschmack braucht man eine gute Nase. Das war schon immer mein feinster Sinn.

Biere zu erkennen dürfte nicht einfach sein - das Bier soll mehr Inhaltsstoffe haben als der Wein.

Ja, ungefähr zehnmal so viel. Das liegt vor allem am Röstprozess - durch das Darren des Malzes entstehen viele Aromastoffe. Man kann das mit dem Brotbacken vergleichen. Die Kruste hat ihren eigenen Geschmack, er entsteht durch den Röstprozess.

Wie muss ein Bierglas aussehen, damit diese Aromastoffe am besten zur Entfaltung kommen?

Nicht so wie das Bierglas in den Wirtschaften, das ist oft nur eine Werbeplattform für Brauereien. Ein geschliffener Rand wäre gut, jede Biersorte braucht ihre eigene Form - und vor allem darf man das Glas nicht voll machen . . .

. . . dann machen sie es auf dem Oktoberfest ja perfekt, da ist der Krug nie voll.

(Sailer lacht) Ganz genau, die wollen nur unser Bestes. Nein, ernsthaft: Das Glas soll nicht voll sein, damit sich die Aromastoffe über dem Bier noch sammeln können.

Sie sind deutscher Meister. Gehören Sie zu den Favoriten dieser WM?

Das Feld ist sehr stark, ich rechne mir keine großen Chancen aus. Aber wenn man die WM bierernst nimmt, macht man ohnehin was falsch.

Lieblingsbiere
:"Ich bekomme von Hellem immer Kopfschmerzen"

Helles Bier aus Bayern wird in Deutschland immer beliebter. Kann nicht sein, finden acht zugezogene oder echte Münchner - und verraten, was sie lieber trinken.

Von SZ-Autoren

Wer ist denn noch dabei?

Dieses Jahr treten neun Nationen an, und Deutschland hat ein Kontingent von neun Teilnehmern. Aus Österreich kommen hervorragende Leute, ich kenne den Vizestaatsmeister. Holla die Waldfee, der Mann ist gut! Aus Europa sind dann noch Italien und die Schweiz am Start. Natürlich sind Brasilianer dabei. In Brasilien wird das Thema Bier sehr hochgehalten, denken Sie an die Stadt Blumenau mit ihrem deutschen Hintergrund. Dort findet in jedem Jahr ein Oktoberfest statt - das ist das größte brasilianische Fest nach dem Karneval in Rio. Auch die Amerikaner haben ein unglaubliches Wissen über Bier. Wir haben insgesamt ein bisschen die Vormachtstellung verloren, weil wir uns auf den Lorbeeren ausgeruht haben.

Wie meinen Sie das?

Das fängt mit der Haltung an: Als Bayer fühlt man sich automatisch als Bierexperte, das ging mir früher auch so. Aber fragen sie doch einmal in Bayern, wer unsere Bierstile oder Hopfensorten kennt. Hinzu kommt, dass die Biere in Deutschland zwar besser, aber auch austauschbarer geworden sind. Das Pils der Fernsehbiere unterscheidet sich doch kaum noch im Geschmack, sondern vielmehr durch die Werbeaussage: Kulturbier, Sporteventbier oder Heimwerkerbier. Bier wird mehr als Durstlöscher und weniger als Genussmittel wahrgenommen.

Was ist in den USA anders?

In den USA experimentieren kleine Brauer mit alten Rezepten und aromatischen Hopfensorten, das gibt dann Charakterbiere, die am Rohstoff orientiert sind: Der Hopfen wird bewusst eingesetzt, das Malz wird bewusst eingesetzt. So entstanden die Craft Beers, also handwerklich gebraute Biere. Sie werden in kleinen Mengen kompromisslos von Puristen gebraut, unabhängig von Konzernen. Bier hat dadurch in den USA mittlerweile eine sehr gute Reputation, auch wenn die große Menge nach wie vor von den großen Konzernen gebraut wird. Dieser Trend setzt sich zum Glück auch bei uns durch. Ich glaube, dass durch die Verbindung der Craft-Beer-Vielfalt mit unserer Tradition das Thema Bier wirklich nach vorne gebracht wird.

Haben Sie ein Lieblingsbier?

Es muss ein Charakterbier sein und es kommt auf den Anlass an. Wenn ich nach der Arbeit nach Hause komme, dann trinke ich gerne ein schönes Helles, mit dem richtigen Zisch-Effekt. Wenn ich schön esse, dann passt ein India Pale Ale oder im Sommer ein Sauerbier dazu, etwa die Berliner Weiße oder die Leipziger Gose, das sind milchsaure und erfrischende Biere.

Sie haben sicher eine Auswahl von Bieren zu Hause.

Ich habe 500 verschiedene Biere im Keller.

© SZ vom 14.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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