Wegen Neubauten:Verwerfungen

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Am Stiftsbogen in Hadern werden 40 Bäume gefällt, um unter anderem Platz für ein Hochhaus, eine Tiefgarage und Kinderbetreuungseinrichtungen zu schaffen. Die Nachbarn sind entsetzt

Von Berthold Neff, Hadern

So sieht das also aus, wenn die Nachverdichtung kommt: Die Motorsäge kreischt und fällt mächtige Linden und Robinien, deren Wurzelwerk dann der Schaufelbagger aus der Erde reißt. Die grüne Oase in der Nähe der Kreuzung von Stiftsbogen und Guardinistraße ist innerhalb von wenigen Tagen einer Mondlandschaft gewichen. Vier Jahrzehnte lang hatten die etwa 40 Bäume auf dem schmalen Dreieck vor den Häusern mit den Nummern 152 bis 166 die Mieter vom Lärm des Stiftsbogens abgeschirmt, ein paar Sitzbänke rund um den Spielplatz luden zum Verweilen ein.

Die Bagger haben dieses Idyll binnen weniger Tage weggerissen und als Bauland vorbereitet. Bauherrin ist die F. M. S. Immobilienbeteiligungsgesellschaft mbH & Co. Grundbesitz KG, der die Ende der 1970er Jahre errichtete Wohnanlage gehört. Vor den kleinen Mietergärten wird ein Haus für Kinder gebaut, mit 36 Krippen- und 60 Kindergartenplätzen. Darunter entsteht eine Tiefgarage mit 32 Plätzen. Daneben, in einer Lücke zwischen zwei Gebäuden, wird ein Hochhaus mit 21 Wohnungen hochgezogen, weiterer Wohnraum entsteht auf den Dächern der Mietshäuser.

Baggern vor dem Bauen: Auf der dreieckförmigen Freifläche vor den Häusern Nummer 152 bis 166 am Stiftsbogen soll ein Haus für Kinder entstehen. Auf die Flachdächer werden Terrassenwohnungen gesetzt, das Hochhaus wird neben dem Haus links errichtet. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Das Projekt, für das die Lokalbaukommission bereits am 12. Dezember 2016 die Baugenehmigung erteilte, hat in der Nachbarschaft große Besorgnis ausgelöst. Am Montagabend waren viele Bürger, Bewohner der Häuser, aber auch Nachbarn von der anderen Straßenseite in die Sitzung des Bezirksausschusses Hadern gekommen, um zu erfahren, was hier vor sich geht. "Wir haben die Hoffnung, hier etwas zu erfahren", sagte eine Anwohnerin, eine andere ergänzte: "Ist es rechtens, dass die Bäume abgeholzt wurden?" Mit Details zu den Plänen konnten die Mitglieder des Bezirksausschusses auf die Schnelle nicht aufwarten, bestätigten aber, dass sie bereits im September 2016 den nun erfolgten Baumfällungen zugestimmt haben. Es wird zwar gemäß Freiflächengestaltungsplan Ersatzpflanzungen geben, aber da der Großteil der bisher freien Fläche nun zugebaut wird, ist offensichtlich, dass dafür nicht viel Platz übrig bleibt. Dazu heißt es in der Baugenehmigung: "Für den Fall, dass die Ersatzpflanzung nicht oder nicht vollständig erbracht werden kann, bleibt die Forderung einer entsprechenden Ausgleichszahlung vorbehalten."

Die Lokalbaukommission hat der Bauherrin zahlreiche Befreiungen von sonst zu beachtenden Vorschriften des Baugesetzbuches zugestanden, etwa wegen Überschreitung der Baugrenze oder Erhöhung der Geschossflächenzahl. Sie wurden im Falle des Kindergartens erteilt, "da es sich um eine für die Nachverdichtung erforderliche soziale Einrichtung handelt".

Insgesamt entstehen durch die Nachverdichtung 32 Wohnungen, 17 davon unterliegen der einkommensorientierten Förderung, sind also Sozialwohnungen. Auf die Häuser Stiftsbogen 152-164 wird je ein Stockwerk draufgesetzt, das Haus Nr. 166 wird um zwei Stockwerke erhöht. Die dafür erforderlichen zwölf Stellplätze entstehen in der neuen Tiefgarage. Der Kies auf den Flachdächern der Häuser wurde bereits abgesaugt, was - wie es eine Bürgerin im Bezirksausschuss formulierte - "einen Höllenlärm verursacht hat".

Der Haderner Rechtsanwalt Maximilian Stürzer, Geschäftsführer der als Bauherrin agierenden Immobilien-GmbH im Familienbesitz, sagte auf Anfrage der SZ, der eigentliche Bau solle bereits nächste Woche beginnen. Als erstes nehme man die Tiefgarage und den Kindergarten in Angriff, danach würden auf den Dächern der Häuser die neuen Wohnungen in Holzständerbauweise errichtet. Erst danach beginne der Bau des freistehenden Hochhauses.

Das Haus für Kinder wurde vom Bildungsausschuss des Stadtrats im Mai 2017 beschlossen. Träger der Einrichtung soll die Wichtel-Akademie München GmbH werden, als Termin für die Eröffnung wird im Beschluss das vierte Quartal 2018 genannt. Die Kosten für die Kita werden mit 3,3 Millionen Euro beziffert, die Bauherrin kann auf einen Baukostenzuschuss von knapp 1,9 Millionen Euro zählen.

© SZ vom 12.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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