Vor Mitgliedervotum:Münchner SPD-Spitze gibt sich optimistisch

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Hans-Ulrich Pfaffmann bei einer Rede. Der Münchner SPD-Chef blickt dem Mitgliederentscheid zuversichtlich entgegen. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Parteiführung der Münchner SPD hat einen Stimmungswandel registriert und hofft darauf, dass sich die Mitglieder für die große Koalition aussprechen werden. Doch viele Kritiker bleiben bei ihrem Nein - mit unterschiedlichen Begründungen.

Von Silke Lode

In der Münchner SPD wächst die Zuversicht, dass sich die Parteibasis für eine große Koalition entscheiden wird. In den Ortsvereinen und anderen Parteizirkeln wird rege über das Bündnis mit der Union diskutiert, und wenn das Stimmungsbild stimmt, das verschiedene Mandatsträger und die Parteispitze zeichnen, dann findet in München derzeit ein Meinungswandel statt.

SPD-Stadtchef Hans-Ulrich Pfaffmann betont zwar, dass er keine offizielle Wahlempfehlung abgeben werde. Aber er macht auch kein Geheimnis aus seiner Meinung: "Ich bin für die große Koalition", sagt er. "Im Koalitionsvertrag ist Sozialdemokratie drin - mehr als unser Wahlergebnis vermuten lässt."

Eine indirekte Empfehlung gibt der Parteichef aber doch: "Auch wenn das keine Koalition des Herzens wird, sollte bei der Entscheidung die Vernunft regieren." Solche Formulierungen sind in der Münchner SPD derzeit häufig zu hören. "Das wird keine Liebesheirat mit der Union, die Partei tickt Rot-Grün", sagt zum Beispiel der Landtagsabgeordnete Florian von Brunn. Er berichtet von offenen und harten Debatten in seiner politischen Heimat, der SPD im Münchner Süden. "Ich kann die Stimmung im Moment nicht einschätzen", sagt er.

Inhaltliche und strategische Vorbehalte

Viel Skepsis und Vorbehalte seien in den vergangen Wochen von den Genossen geäußert worden - inhaltlicher Art, aber auch Sorgen darüber, dass die SPD als kleiner Bündnispartner unter die Räder kommen könnte. Auch von Brunn übt Kritik: Beim Klimaschutz, der Energiewende und der Europapolitik bleibe der Koalitionsvertrag hinter seinen Erwartungen zurück. Doch unterm Strich sieht er das Ergebnis "eher positiv". Ein Kompromiss eben. "Die SPD kann sich jetzt nicht aus der Verantwortung stehlen", meint er.

Überzeugt ist inzwischen auch der neue Bundestagsabgeordnete Florian Post, der sich unmittelbar nach der Wahl noch gegen eine große Koalition ausgesprochen hatte. "Wir haben viele Dinge durchgesetzt und anfangs hätte ich nie gedacht, das die Union das unterschreibt", sagt Post. Er berichtet von einem Treffen im Münchner Norden, bei dem ebenfalls sehr kontrovers diskutiert worden sei. Doch Post spricht von einem "Stimmungswandel" und wagt die Prognose: "Der Entscheid geht durch, mit einem guten Ergebnis."

Verdi-Chef Heinrich Birner, der auch dem SPD-Vorstand angehört, fordert die Basis auf, den Vertrag sachlich zu bewerten. "Wir haben die Wahl verloren. Die Frage ist nun: Welche konkreten Verbesserungen für die Menschen können wir trotzdem erreichen?" Ein Mindestlohn von 8,50 Euro ab 2015, die Rente ab 63 für diejenigen, die seit 45 Jahren arbeiten, mehr Rente für Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden - für Birner ist das ein Ergebnis, dem er zustimmt. "So muss es jeder für sich bewerten, eine Empfehlung gebe ich nicht ab", betont er. "Ich kenne auch viele die sagen: Das reicht uns nicht."

Kein Vertrauen ins Führungspersonal

Einer der Nein-Sager wird Cornelius Müller sein, der Chef der Münchner Jusos. Die SPD-Jugendorganisation hat sich am Wochenende bayernweit aus inhaltlichen Gründen gegen den Koalitionsvertrag ausgesprochen. Doch Müller bringt ein anderer Aspekt auf, nämlich eine Rede, die Frank-Walter Steinmeier dieser Tage beim Bund der Arbeitgeber gehalten hat. Da habe er die SPD als verlässlichen Partner der Arbeitgeber und des Kapitals dargestellt.

"Ich habe kein Vertrauen in unser Führungspersonal mehr", sagt Müller. "Bei solchen Ansagen sind Verträge Schall und Rauch." Auch im Netz wird kräftig Stimmung gegen die große Koalition gemacht, auf Facebook zum Beispiel, oder über einen elektronisch verbreiteten Aufruf "Wider die Große Koalition". Auch prominente Münchner wie der Karikaturist Dieter Hanitzsch gehören zu den Initiatoren.

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Während manche Genossen wie etwa Florian Post vor "unabsehbaren Folgen" einer Ablehnung warnen, "auch für die Kommunalwahl in Bayern", sieht Parteichef Pfaffmann das Basisvotum als "sehr positiven Aspekt, egal, wie es ausgeht". Er meint: "Die Debatten beleben die SPD und tun uns gut."

Sogar einen Zulauf an Mitgliedern kann die Partei vermelden: 80 seien es in den vergangenen vier Wochen gewesen, normal seien sechs pro Woche. "Nach Wahlen gibt es immer einen Anstieg, aber ab und an haben Anrufer explizit gefragt, ob sie dann mitstimmen dürfen", heißt es auch in der Parteizentrale am Oberanger. Dürfen sie - aber nur, wenn sie bis zum 13. November ihren Antrag ausgefüllt haben. Den Stichtag gebe es "aus logistischen Gründen", erklärt die SPD.

© SZ vom 03.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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