Viertel-Stunde:Erinnerung an Gipfelstürmer

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Hans Dülfers Abseiltechnik setzte Maßstäbe. (Foto: privat)

Im Hasenbergl, das immerhin einen Lehmhügel sein eigen nennt, erinnern viele Straßennamen an berühmte Bergsteiger - einige von ihnen ließen in den Höhen ihr Leben

Von Berthold Neff

Aus München erhascht man zwar immer wieder einen atemberaubenden Blick in die Alpen, aber einen richtigen, natürlich gewachsenen Berg hat die Stadt selbst leider nicht. Da muss man, um berühmte Bergsteiger zu ehren, auf ein Bergl zurückgreifen, zum Beispiel im Hasenbergl. Auf dem eiszeitlichen Lehmhügel, der sich bis heute zwischen Dülfer- und Aschenbrennerstraße hinzieht, züchtete man einst Hasen für die kurfürstliche Jagd. Und in der Nähe erinnern viele Straßen an Männer, die hoch hinaus wollten - dorthin, wo es noch kein Mensch vor ihnen geschafft hatte.

Beginnen wir mit Hans Dülfer, an der nach ihm benannten Straße und U-Bahn-Station, der sein Leben mit 23 Jahren verlor. Schon als 19-Jähriger durchkletterte er den nach ihm benannten Kamin am Totenkirchl. In den Dolomiten bezwang er als erster Kletterer den Torre del Diavolo, mit einem, wie es damals hieß, "teuflischen Spreizschritt". Er war aus Dortmund nach München gekommen, studierte hier, spielte hervorragend Klavier. Aber nicht die Alpen, mit denen er immer wieder aufs Neue tollkühn gekämpft hatte, nahmen ihm das Leben - er starb 1915 in der Lorettoschlacht bei Arras.

Weiter nördlich erinnert ein Straßenname an Walter Stösser, 1900 in Pforzheim geboren, der erst spät vom Wandern zum Bergsteigen wechselte. 1929 gelang ihm die Erstbegehung der Großen Zinne, Nordwestkante, in den Dolomiten. 1933 versuchte er, die Matterhorn-Nordwand zu durchsteigen, und verlor dort seinen Seilpartner Gustl Kröner durch Steinschlag, Stösser überlebte. Zwei Jahre später, 1935, verließ ihn das Glück. Er wagte sich mit Theo Seybold an die Morgenhorn-Nordwand, ein 3623 Meter hoher Berg in den Berner Alpen. 200 Meter unter dem Gipfel, mitten in gefährlichen Eisabbrüchen, verlor Seybold den Halt, riss auch Stösser in die Tiefe. Die beiden wurden nie gefunden, Stösser hinterließ seine Frau und zwei Kinder. "Einsame, mächtige Berge halten die Totenwacht", schrieb nach diesem Unglück ein Weggefährte.

Der Stanigplatz wiederum erinnert an einen, der heil vom Watzmann herunterkam. Valentin Stanič, der sich selbst eindeutschend Stanig nannte, wurde 1774 als Kind einer slowenischen Bauernfamilie geboren. Er studierte in Salzburg Philosophie und Theologie, wo er 1802 zum Priester geweiht wurde. Schon in seiner Salzburger Zeit hatten es ihm die Alpen angetan. Er bestieg im Jahr 1800 als erster den 2713 Meter hohen Watzmann, nachdem er kurz zuvor auf dem 3798 Meter hohen Großglockner gestanden hatte, einen Tag nach der Erstbesteigung durch andere Teilnehmer einer Expedition mit 62 Männern. Bei allem Gipfeldrang vergaß er die Menschen unten in der Ebene nicht. Er kämpfte gegen die Pocken, verschrieb sich der Förderung der slowenischen Sprache und trat noch 1845, zwei Jahre vor seinem Tod, dem "Verein wider die Tierquälerei" in München bei.

Heil durch die Berge kam auch der gebürtige Wiener Karl Blodig, dessen Straße auf den Stanigplatz führt. Ihn hielten die weißen Riesen jung. 1911 hatte er schon alle Viertausender der Alpen bezwungen. 1928, da war er schon 69 Jahre alt, gelangen dem Augenarzt, der in Bregenz praktizierte, noch zwei Erstbesteigungen. Danach beließ er es beim Wandern und starb 1956, im 97. Lebensjahr.

© SZ vom 07.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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