Versuchter Mord:Mit dem Messer in die Brust

Lesezeit: 2 min

Vier Männer stehen nach einem Streit in der Disko "Neuraum" vor Gericht

Von Susi Wimmer

Erst soll ein junger Mann eine Frau übel beschimpft haben. Dann soll ein anderer gerufen haben: "Mit euch Kanakenfuzzis werd' ich schon fertig." Ein Streit unter Jugendlichen ist im Juli 2017 in der Diskothek Neuraum an der Arnulfstraße derart eskaliert, dass vier junge Männer ihren Kontrahenten an einen dunklen Ort gelockt, ihn dort getreten und mit einem Messer lebensgefährlich verletzt haben sollen. Nun sitzen die vier im Alter zwischen 19 und 24 Jahren auf der Anklagebank des Landgerichts München I. Dem Messerstecher wird versuchter Mord vorgeworfen, zwei anderen versuchter Totschlag und dem Vierten unterlassene Hilfeleistung.

Den Ablauf des Tatabends genau zu rekonstruieren, dürfte sich für das Gericht unter dem Vorsitz von Sigrun Broßardt mühsam gestalten. Denn es schwirren diverse Versionen des Abends durch den Gerichtssaal. Die Angeklagten lassen am ersten Verhandlungstag nur durch ihre Verteidiger Erklärungen abgeben. Fest steht, nüchtern war keiner mehr. Die Staatsanwaltschaft geht von folgendem Geschehen aus: Am 23. Juli suchte Andre H. mit zwei Freundinnen gegen 3 Uhr früh im Raucher-Freibereich des Neuraum wegen starken Regens Schutz unter einem Schirm. Petrit R. soll eine junge Frau mit beleidigenden Worten zur Seite geschoben haben. Als Andre H. sich einmischte, schlug Petrit R. vor, die Sache "draußen" zu klären.

Andre H. gab sich als Kampfsportler aus und folgte Petrit R. und seinen drei Freunden. Nahe den Bahngleisen soll Maschal D., 20, dem Opfer mit der Faust gegen den Hinterkopf geschlagen haben, so dass dieser nach vorne taumelte. In diesem Augenblick soll Petrit R., 19, dem anderen das Messer knapp über dem Herzen in die Brust gestochen haben. Im weiteren Gerangel stach er noch einmal zu. Seine Kumpels sollen das Opfer auch gegen den Kopf getreten haben. Einzig der 24-jährige Tobias R. mischte sich nicht ein. Da er aber dem Schwerverletzten nicht half, steht er ebenfalls vor Gericht. Andre H. konnte sich bis zur Disko schleppen. Ärzte retteten sein Leben in einer Notoperation.

Von den Angeklagten wollen drei die Messerstiche gar nicht gesehen haben. Der mutmaßliche Messerstecher versichert, nicht realisiert zu haben, dass er den anderen verletzt habe. Sein Verteidiger Adam Ahmed befürchtet, dass an seinem Mandanten ein Exempel statuiert werden solle. Wohl weil sich Messerangriffe in München häuften, habe die Staatsanwaltschaft "ohne neue Erkenntnisse" das zunächst als versuchter Totschlag eingestufte Delikt zu versuchtem Mord umgewandelt. Ein Urteil soll im Oktober fallen.

© SZ vom 04.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: