Verschmutzung:Eine Kampagne gegen Isar-Müll bringt nichts

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Glasflaschen und Abfall am Flaucher in der Nähe der Tierparkbrücke. (Foto: Robert Haas)

Der große Teil der Besucher genießt das Flair am Fluss, ohne dort Abfall liegen zu lassen. Der kleine andere Teil wird auch mit einer noch so großen Aktion kaum zu erreichen sein.

Kommentar von Heiner Effern

Natürlich trifft der Slogan das Gefühl der Münchner für ihre Isar. Zumindest jener 99 Prozent, die im Sommer nicht täglich von einer Lärm- und Rauchwolke benebelt in ihrer Ufer-Wohnung hängen. Unter dem Motto "Wahre Liebe ist . . ." will die Stadt nun dafür sorgen, dass die Isar nicht von zu vielen einsichtslosen Liebhabern vermüllt wird. Das Baureferat hat das volle PR-Programm für die Kampagne aktiviert, von der Radl-Rikscha über ein Müllfloß bis zur unvermeidlichen App. Das ist politisch nachvollziehbar und von löblicher Absicht, doch was nützt es?

Solche Kampagnen erinnern an die verzweifelte Predigt des Pfarrers in der fast leeren Kirche, in der er die Gottesdienstschwänzer geißelt. Diese hören seine Worte nicht, sie interessieren sie auch nicht. Die Botschaft erreicht nur jene, die ohnehin brav zur Messe erscheinen. Genauso wird es an der Isar sein, trotz Kampagnen. Der große Teil der Isarfreunde nimmt jetzt schon den Müll mit nach Hause.

Die Geister, die die Stadt rief

Diese Menschen werden jeder Radl-Rikscha-Botschafterin zustimmen, wenn sie alle auffordert, ihre Flaschen und Grillreste mitzunehmen oder ordentlich zu entsorgen. Die werden brav an ausgewiesenen Partyzonen feiern und vielleicht sogar ein Bild für den Isarschutz-Fotowettbewerb absenden.

Doch glaubt ernsthaft jemand, dass eine Gruppe Betrunkener, die mit Absicht oder wegen alkoholbedingter Gleichgewichtsstörungen Bierflaschen wirft, sich durch einen "Wahre Liebe ist . . ."-Button bremsen lässt? Oder dass Griller, die sowieso immer und überall ihren Müll liegen lassen, sich durch einen netten Film auf Facebook erziehen lassen?

Fakt ist, dass die Stadt schon sehr viel aufklärt, kontrolliert und aufräumt. Das ist gut so. Da drakonische Strafen und ständig herumspechtende Privat-Sheriffs das lässige Isargefühl zerstören würden, sind damit alle Handlungsoptionen ausgereizt. Es bleibt eine unbefriedigende Erkenntnis: Die Geister, die die Stadt durch die vorbildliche attraktive Gestaltung der Isar in Massen rief, werden nie alle zu beherrschen sein.

© SZ vom 19.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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