Urteil:Fernsehkonsum ist nicht lebensnotwendig

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  • 32 Tage lang konnte ein Münchner kein Fernsehen mehr empfangen.
  • Der Kunde forderte pro Tag 50 Euro "Nutzungsausfall", also insgesamt 1600 Euro. Damit kommt er vor Gericht aber nicht durch.
  • Nur bei lebensnotwendigen Gütern sei eine Entschädigung zu gewähren, heißt es im Urteil. Und das sei bei Fernsehkonsum nicht der Fall.

Vier Wochen ohne Fernsehen, geht das überhaupt? Nein, auf keinen Fall. Dieser Ansicht ist zumindest ein Münchner, der vor einer Zivilkammer am Amtsgericht Klage erhoben hat. Denn er konnte Anfang des vergangenen Jahres sage und schreibe 32 Tage lang kein Fernsehprogramm mehr empfangen. Und das, obwohl er einen Vertrag hatte, der ihm die Bereitstellung eines TV-Basis HD Kabelanschlusses zusicherte. Doch vom 13. Februar 2017 an war der Bildschirm des Münchners schwarz und blieb es bis zum 17. März.

Schuld an der Misere war, dass die Beklagte, ein Provider, das alte OPAL-Glasfasernetz der Telekom nutzte. Das allerdings hatte der Konzern abgeschaltet und nicht länger weiterbetrieben. Der Münchner Fernsehzuschauer klagte daraufhin auf Schadenersatz und machte folgende Rechnung auf: 50 Euro für jeden Tag "Nutzungsausfall", macht bei 32 Tagen insgesamt 1600 Euro. Dabei berief er sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe. Der hatte geurteilt, dass im Falle eines Ausfalls des Internetanschlusses Schadenersatz geleistet werden müsse.

Doch der Provider winkte in dem Verfahren vor dem Amtsgericht ab. Der Fernsehanschluss des Klägers sei nicht mit einem Internetanschluss vergleichbar. Immerhin habe der Kläger Fernsehprogramme sowohl terrestrisch als auch über das Internet empfangen können. Eine "Ersatzpflicht" entfalle, wenn ein in etwa gleichwertiger Ersatz zur Verfügung stehe.

Der Münchner hatte mit seiner Klage keinen Erfolg. Ein Anspruch auf Schadenersatz aufgrund "Nutzungsausfall" bestehe nicht, befand der zuständige Richter. Die Begründung seiner Entscheidung ist interessant: Eine Entschädigung wäre lediglich dann zu gewähren, heißt es in der Urteilsbegründung, wenn es "um den Entzug von Lebensgütern geht, deren ständige Verfügbarkeit für eine eigenwirtschaftliche Lebenshaltung von zentraler Bedeutung ist". Anders als der Komplettausfall eines Internetanschlusses wirke sich der Ausfall eines Fernsehkabelanschlusses "als solcher nicht signifikant auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung aus". Kurz gesagt: Fernsehkonsum ist nicht lebensnotwendig.

Der Fernsehkabelanschluss, so der Richter, sei ein "reines Konsumgut". Das Internet hingegen sei zunehmend als ein "zentrales Kommunikationsmedium" anzusehen. Die vierwöchige Fernsehzwangspause stelle keinen wirtschaftlichen Schaden dar, sondern lediglich eine "reine Genussschmälerung". In der Zeit, in der der Kläger nicht habe fernsehen können, habe ihm ein Internetzugang zur Verfügung gestanden. Und über das World Wide Web, so das Urteil, könne das Informationsbedürfnis "hinreichend gestillt" werden.

Das Urteil des Amtsgerichts ist noch nicht rechtskräftig. Der Münchner hat Berufung gegen die Entscheidung eingelegt. (Az. 283 C 12006/17)

© SZ vom 05.03.2018 / sal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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