Toter in der Isar:22-Jähriger wohl wegen Wette ertrunken

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Hier, in der Nähe der Corneliusbrücke, trieb der leblose Körper des 22-Jährigen, Taucher der Feuerwehr bargen den Toten. (Foto: Lukas Barth)
  • Ein 22-Jähriger wird tot in der Isar gefunden - vier Wochen nachdem er verschwunden war.
  • Familie und Freunde glauben, er sei möglicherweise wegen einer Wette ertrunken.
  • Die Polizei ermittelt gegen drei Arbeitskollegen wegen unterlassener Hilfeleistung. ​

Von Martin Bernstein

Vier Wochen nach dem spurlosen Verschwinden eines jungen Dachauers ist am Donnerstagabend sein Leichnam aus der Isar geborgen worden. Den Toten entdeckt hatte sein bester Freund. Er hatte sich auf die Suche gemacht, nachdem die Kriminalpolizei in Fürstenfeldbruck und die Familie erst am Mittwoch erfahren hatten, dass der 22-Jährige vier Wochen zuvor in die Hochwasser führende Isar gestiegen war.

Der junge Mann war bei seinem Verschwinden nämlich nicht allein: Zusammen mit Kollegen einer Dachauer Gleisbaufirma arbeitete er an der Lärmschutz-Sanierung der Braunauer Eisenbahnbrücke. Möglicherweise hatte eine dumme Wette den jungen Mann dazu verleitet, sich nur an einem Seil festhaltend in die Isar zu wagen. Das berichten Freunde und Familie des Toten. Die Polizei wollte diese Informationen nicht bestätigen. Sie ermittelt aber gegen drei Arbeitskollegen des jungen Mannes wegen unterlassener Hilfeleistung.

Der 22-Jährige war seit dem 22. Mai verschwunden

Stefan D.'s letzter Facebook-Eintrag datiert vom 29. April. Das Foto zeigt einen sportlichen jungen Mann. Ein weiteres Foto des 22-Jährigen veröffentlicht sein bester Freund Andre S. am 15. Juni. Es ist ein Dokument der Sorge: "Mein bester Kumpel ist seit dem 22. Mai 2015 spurlos verschwunden - ohne Handy, ohne Geldbeutel." Zuletzt, schreibt Andre S., sei sein Freund an der Isar in München gesehen worden. Stefan D. trug an diesem Tag eine orangefarbene Arbeitshose.

Die Isar, die unter der Brücke hindurchfließt, führte am 22. Mai Hochwasser. Die Polizei war an diesem Tag mehrmals gerufen worden, weil Passanten nahe der Brudermühlbrücke Menschen im Fluss entdeckt hatten. Bei ihnen handelte es sich jedoch nicht um Ertrinkende, sondern um Isar-Surfer. Fahrzeuge der Berufsfeuerwehr, Polizeistreifen sowie Hubschrauberbesatzungen waren an jenem Tag im Einsatz. An der Brudermühlbrücke hatte sich durch den hohen Pegelstand eine große Welle gebildet.

Warum Stefans Arbeitskollegen vier Wochen warteten, ehe sie das Geheimnis seines scheinbar spurlosen Verschwindens offenbarten, ist bislang ein Rätsel. Für Freunde und Angehörige, die den 22-Jährigen am 29. Mai bei der Polizeiinspektion Dachau als vermisst gemeldet hatten, müssen die Wochen der Ungewissheit die Hölle gewesen sein. "Wenn du das liest, bitte melde dich - hoffe, dass du noch lebst", schrieb sein Kumpel Andre flehentlich auf Facebook. Und drei Tage später dann: "Ich habe ihn gefunden."

Sein bester Freund findet ihn an der Corneliusbrücke

Andre S. hatte sich am Donnerstag an der Isar auf die Suche gemacht. Das schier Unglaubliche geschah: Er entdeckte einen leblosen Körper, der in der Isar an der Corneliusbrücke trieb, und alarmierte die Polizei. Streifenwagen, ein Rettungshubschrauber und Taucher der Feuerwehr trafen ein und bargen den Toten. Nach einer Identifizierung durch seinen besten Freund und eine Obduktion am Freitag stand fest, dass es sich um den Vermissten handelte.

Seit Freitagmittag ist die Stelle gegenüber der Museumsinsel, an der Stefans Leichnam geborgen wurde, mit Blumen, einer Kerze und einem Gedenkblatt geschmückt. Zwei Mädchen haben den Gedenkort eingerichtet, eine von ihnen kannte Stefan gut. "Du warst so ein toller Mensch", steht auf dem handgeschriebenen Blatt. "In unseren Herzen wirst du immer weiterleben."

© SZ vom 20.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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