Szene München:Spontankonzert in der U-Bahn

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Mundharmonikabläser, Akkordeonspieler und Gitarrenzupfer, die dann auch noch viel Geld für ihr Gedudel wollen, stören die Fahrgäste. (Foto: dpa)

Eigentlich nervt es, wenn in der U-Bahn musiziert wird. Deshalb ist es auch verboten. Das Spontankonzert einer Gitarristin zeigt, dass es auch anders geht. Und das könnte der MVG zum Verhängnis werden.

Von Melanie Staudinger

Musizieren ist in den öffentlichen Verkehrsmitteln in München ja grundsätzlich nicht erlaubt, egal zu welchen Zwecken. All die Mundharmonikabläser, Akkordeonspieler und Gitarrenzupfer, die dann auch noch viel Geld für ihr Gedudel wollen, stören die Fahrgäste. So zumindest rechtfertigen die Verkehrsbetriebe ihr generelles Verbot.

Tatsächlich treiben sich in der Stadt so einige Banausen herum, die vor allem tagsüber - auf dem Niveau "Musikunterricht für Anfänger ohne Rhythmusgefühl" - die Stimmung in den Bahnen trüben. Abends aber trifft man, wenn man Glück hat, auf ganz andere Menschen.

"Westerland" von den Ärzten

So holte kürzlich eine junge Frau mitten in der U-Bahn zwischen Poccistraße und Goetheplatz ihre Gitarre heraus. Ihr ging es nicht um die paar Cent, die sie hätte einsammeln können, sondern um gute Laune und die Freude an der Musik. Die Gitarristin spielte "Country Roads", Tom Pettys "Free Fallin'" und "Westerland" von den Ärzten. Zur Überraschung der Fahrgäste beherrschte da jemand sein Instrument wirklich.

Erst schauten die Umsitzenden nur herüber, dann summten die ersten mit, ein anderer klatschte - und plötzlich sangen alle. Eine Spontanparty mit Lagerfeuer-Feeling, die man im akkuraten München selten erlebt. Und die sogar so gemütlich war, dass mancher an diesem Abend gleich fünf Mal am Petuelring vorbeikam.

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Wenn das Störende plötzlich nicht mehr stört, könnte das der MVG zum Verhängnis werden. Die überfüllte U-Bahn in München verträgt bekanntlich keine weiteren Mitfahrer - und schon gleich gar keine Leute, die sich mit einer Monatskarte stundenlange Konzerttouren erschnorren und den echten Fahrgästen die Plätze wegnehmen.

Das Verbot ist also berechtigt und sollte daher unbedingt noch schärfer kontrolliert werden. Das führt dann zu noch weniger Spaß auf den Strecken, dafür aber findet jeder Miesgelaunte einen Platz und kann dort darüber nachdenken, warum es so furchtbar langweilig in der U-Bahn ist.

© SZ vom 02.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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