Szene München:Griechische Tragödien

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Das Ela Re im Westend hätte einen Rettungsschirm brauchen können, es ist jetzt eine italienische Osteria. (Foto: Stephan Rumpf)

Wenn ein Lokal die Vorsilbe "Kult" bekommt, dann weiß man schon, was einen erwartet: Bauernsalat, Fleisch am Spieß und jede Menge Ouzo aufs Haus. Doch die Münchner "Kult-Griechen" haben zurzeit mit großen Problemen zu kämpfen - fast wie daheim.

Eine Kolumne von Franz Kotteder

Seit es Wirtschaften, Kneipen, Lokale und Restaurants gibt, bemüht sich die Menschheit darum, Kriterien zu finden, nach denen man sie beurteilen kann. Damit ein jeder gleich weiß, womit er es zu tun hat. So gibt es Sterne, Hauben und Kochlöffel - alles Hilfsmittel, die nur notdürftig zum Ausdruck bringen, was den Gast erwartet. Münchner müssen sich mit so etwas Vagem Gott sei Dank nicht herumschlagen. Hier gibt es Begriffe, die klipp und klar auf den Punkt bringen, was Sache ist.

Die beiden Vorsilben "Szene-" besagen zum Beispiel, dass man hier coole Typen trifft, obwohl es kaum etwas zu essen gibt und das Bier zu warm ist. Die Vorsilben "Nobel-" deuten auf geldiges Publikum und Gerichte mit Kaviar oder Blattgold hin. Am aussagekräftigsten ist das Präfix "Kult-"; es wird in der Gastronomie nahezu ausschließlich für griechische Lokale verwendet.

Kollektives Serviettenschmeißen gehört zum Kult

Ein "Kult-Grieche" hat zwar auch Bauernsalat, Souflaki, Ouzo und Retsina im Angebot, wird aber erst durch die häufige Anwesenheit von B- und C-Promis sowie durch alberne Partyrituale wie kollektives Serviettenschmeißen um Mitternacht zum "Kult". Ist dieser Status erreicht, dann rennen alle hin und saugen gierig jede Nachricht über ihr Lokal auf.

Durchsuchung im "Cavos"
:Drogen zwischen Tellerstapeln

Im "Cavos" findet die Polizei Amphetamin und Kokain - wieder einmal. Der Betreiber des griechischen Speiselokals ist über den Einsatz verärgert. Es gebe "keinen Grund, am letzten Tag um ein Uhr in der Nacht so aufzutreten".

Von Bernd Kastner und Philipp Crone

Und davon gibt's derzeit wahrlich genug, aber keine guten. Der Kult-Grieche Cavos in der Königinstraße etwa musste schließen und ist jetzt eine gänzlich ungriechische "Event-Location". Der Kult-Grieche Kytaro muss aus der Schrannenhalle raus und zieht ins ehemalige Nektar an der Haidhauser Stubenvollstraße. Und der Kult-Grieche Ela Re in der Gollierstraße, erst im Juni 2014 eröffnet, hätte einen Rettungsschirm gut brauchen können. Er ist jetzt nämlich eine italienische Osteria. Es scheint also bergab zu gehen mit den Kult-Griechen. Wollen wir mal hoffen, dass aus ihnen keine Pleite-Griechen werden.

© SZ vom 29.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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