Streit um Restaurantkritik:Ein bisschen Spaß darf sein

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Wie scharf darf ein Restaurantkritiker seine Beurteilung schreiben? Ein Wirt klagte vor Gericht, weil sein Lokal verrissen wurde - doch nun ist er gescheitert.

E. Müller-Jentsch

Der Gault-Millau hat seit jeher den Anspruch, das kulinarische Auf und Ab von Restaurants nicht nur knapp zu beschreiben, sondern seinen Lesern vielmehr auch eine anspruchsvolle journalistische Kost vorzusetzen. Die Formulierungen der Kritiker fallen dabei nicht selten - um im Koch-Jargon zu bleiben - al dente aus. Das bringt dem Restaurantführer, der im Münchner Christian Verlag erscheint, immer wieder Gerichtsverfahren ein. So etwa gerade Klage eines Gastronomen, der vor der Pressekammer des Landgerichts MünchenI Schmerzensgeld erstreiten wollte.

Köche bei der Arbeit: Jeden Geschmack zu treffen ist schwer. (Foto: Foto: dpa)

"War der Fuchs blau oder hatte er sich vom Herd zu einer dummen Gans gestohlen?" Mit diesem Satz hatte ein Kritiker seinen Verriss eingeleitet, um zu schildern, dass seiner Meinung nach die Qualität der getesteten Speisen gegenüber dem Vorjahresbesuch spürbar nachgelassen habe - das Wortspiel mit dem Restaurantnamen fand er dabei offenbar witzig.

Völlig humorlos sah das dagegen der Wirt. Diese Aussage entbehre jeglichen Wahrheitsgehalts und verletzte sein Persönlichkeitsrecht: "Ich werde in der öffentlichen Meinung entwürdigt, verächtlich gemacht und herabgesetzt", beklagte er vor Gericht. Er verlangte ein Schmerzensgeld, dessen Höhe er jedoch in das Ermessen der Richter stellen wollte; dazu knapp 800 Euro Anwaltskosten.

Rein satirische Äußerung

Nun könnte man, so wie der Wirt, aus dem umstrittenen Einleitungssatz die in Frageform gekleidete Unterstellung herauslesen, dass der betroffene Gastronom Alkoholprobleme habe oder ein Schürzenjäger sei. Doch das hielt die Pressekammer "aufgrund des Gesamterscheinungsbildes der Restaurantkritik" für überzogen - die Richter betrachteten den Text als rein satirische Äußerung ohne Anspruch auf Wahrheit: "Dem durchschnittlichen Leser von Kritiken in einem Restaurantführer, der für sich selbst in Anspruch nimmt, seine Berichte möglichst amüsant zu verfassen, drängt sich nicht der Eindruck auf, die vorliegenden Mutmaßungen des Kritikers stellten Tatsachenbehauptungen dar" - vielmehr trete hier ein an den Namen des Restaurants angelehnter Wortwitz zutage.

Natürlich müssten Kritiker ein Mindestmaß an Neutralität und Sachkunde walten lassen, sich um Objektivität bemühen und dürften keine unwahren Tatsachen zugrunde legen, sagten die Richter. "Dies schließt aber weder eine scharfe und schonungslose Kritik, noch die Verwendung plakativer Ausdrücke oder ironischer Formulierungen aus." In diesem Fall ist nach Auffassung der Kammer die Grenze zur Schmähkritik nicht erreicht: Das Persönlichkeitsrecht des klagenden Wirts müsse hier hinter der Pressefreiheit zurücktreten.

Ohnehin ist nach Auffassung des Gerichts "die Restaurantkritik weitgehend sachlich formuliert und setzt sich intensiv mit den am Tag des Besuchs des Kritikers servierten Speisen auseinander". Es würden auch keine unwahren Tatsachen behauptet: "Die Kritik bleibt im Rahmen dessen, was von einer polemischen oder überspitzten Beurteilung erwartet werden kann, ohne den Kläger gleichsam an den Pranger zu stellen", sagen die Richter in der Urteilsbegründung - es handele sich "um wertende Äußerungen zur Sache" (Az.: 9O6540/09). Ob der Wirt gegen das Urteil Berufung einlegen wird, ist noch offen.

© SZ vom 23.12.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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