Strafprozess:Verliebt in einen Dealer

Lesezeit: 2 min

  • Eine Studentin verliebt sich in einen Dealer und unterstützt ihn bei Drogengeschäften.
  • Jetzt muss sie sich dafür vor dem Amtsgericht München verantworten.
  • Die junge Frau hatte die Szene bereits verlassen und sich von dem Mann getrennt. Mit dem Prozess holt die Vergangenheit sie wieder ein.

Von Christian Rost

Die Liebe zu einem Drogendealer stellte das Leben einer Studentin völlig auf den Kopf. Die junge blonde Frau brach schon bald nach Beginn dieser symbiotischen Beziehung alle ihre sonstigen sozialen Kontakte ab und begann selbst damit, verschiedene Rauschgifte auszuprobieren. Wäre ihr Freund nicht im Gefängnis gelandet, weil er 2013 einen Bekannten nach einer Überdosis einfach in einen Einkaufswagen packte und sterben ließ, hätte es die 24-Jährige möglicherweise nicht mehr aus der Szene heraus geschafft. So aber konnte sie ihr Zahnmedizinstudium fortführen und wieder Pläne schmieden.

Doch die Vergangenheit holt sie ein: Seit Freitag muss sich die junge Frau am Münchner Amtsgericht verantworten, weil sie ihren 22-jährigen Ex-Freund nicht nur bei seinen Drogengeschäfte unterstützt, sondern ihm auch noch bei der Entführung eines säumigen Drogen-Konsumenten geholfen hatte. Das war Beihilfe zum erpresserischen Menschenraub.

Bei einer Entführung steuerte sie das Auto

Die Angeklagte erklärte gleich zu Beginn des Prozesses am Schöffengericht, dass die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft "zum größten Teil richtig" seien. Demnach beherbergte sie ihren damaligen Freund in ihrer Wohnung an der Theresienhöhe und ließ es zu, dass er in der Dunstabzugshaube ihrer Küche seine Drogengelder deponierte. Dass er überdies in ihrem Kellerabteil Amphetamine lagerte, hab er ihr nicht gesagt, so die Studentin: "Das hätte ich auch nicht gewollt."

Schwerwiegender ist aber ohnehin der zweite Vorwurf: Sie soll das Fahrzeug gefahren haben, mit dem ihr Ex zusammen mit einem anderen, 37-jährigen Dealer einen Kunden entführte. Der Mann hatte 6000 Euro Drogenschulden und konnte nicht zahlen. Die Dealer zwangen ihn ins Auto, das die Studentin steuerte, und brachten ihn in ein Appartement an der Theresienhöhe, wo sie ihn mit Handschellen fesselten, die der 24-Jährigen gehörten. Die Männer wollten ihr Opfer erst gehen lassen, wenn die Schulden bezahlt sind. Der Entführte bat seinen Vater in einer SMS um Geld und schrieb, es gehe um sein Leben. Bei einer fingierten Geldübergabe auf der Theresienwiese nahmen dann vom Vater alarmierte Polizeikräfte die Dealer fest.

Ihr Freund ließ einen Bekannten mit Überdosis sterben

Bei den weiteren Ermittlungen stellte sich heraus, dass die beiden Männer mitverantwortlich waren für den Tod eines Bekannten im März 2013. Sie hatten mit ihm eine Party mit Alkohol und Drogen gefeiert, wobei er versehentlich einen großen Schluck und somit eine Überdosis reines Liquid Ecstasy trank. Als er bewusstlos zusammenbrach, riefen seine Kumpel nicht etwa den Notarzt, sondern setzten ihn in einen Einkaufswagen vor einem Möbelhaus an der Theresienhöhe und ließen ihn im Freien stehen. Das Opfer starb infolge eines Atemstillstands.

Der Ex-Freund der Studentin wurde wegen unterlassener Hilfeleistung zu einer dreieinhalbjährigen Jugendstrafe verurteilt, der andere Dealer wegen Totschlags durch Unterlassen zu sechs Jahren Haft. Der Prozess gegen die Studentin wird fortgesetzt.

© SZ vom 21.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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