Stars beim Filmfest:Berühmt und heldenhaft

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Rupert Everett ist einer der Stars auf dem Filmfest in München. (Foto: Filmfest)

Hollywood an der Isar: Die Schauspieler Viggo Mortensen, Mads Mikkelsen und Rupert Everett bringen Glamour nach München.

Von Josef Grübl

Drei Männer, drei Heldengeschichten, dazu je eine Prise Abenteuer, Sex und Humor. So etwas geht ans Herz. Und in Serie: Jeder Bericht über die drei wohl prominentesten Gäste des Filmfests verfügt über diese Zutaten, nur die Dosierung variiert.

Für das Kapitel Abenteuer ist der Hauptdarsteller des Eröffnungsfilms zuständig: Viggo Mortensen hat in den vergangenen zehn Jahren die verwegensten Rollen übernommen, er verkörperte gewaltbereite Familienväter, russische Mafiosi, spanische Soldaten. Sogar Siegmund Freud hat er gespielt, in einem kanadisch-englisch-deutschen Kinofilm.

Einen Mangel an Wandlungsfähigkeit kann man dem in New York geborenen Sohn eines Dänen und einer Amerikanerin also nicht vorwerfen. Und trotzdem verfolgt ihn Aragorn sein Leben lang, Mortensens Name ist untrennbar mit dem königlichen Schwertschwinger aus der Herr der Ringe-Trilogie verbunden. Diese Rolle hat ihn vor knapp 15 Jahren berühmt gemacht, seitdem haftet sie an ihm wie die Spitzohren an Elben. Dabei habe er den Part des Aragorn nur angenommen, um seinen damals zehnjährigen Sohn Henry zu beeindrucken, sagte er einmal.

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(Foto: Filmfest)

Die großen Schauspielstars des Festivals: Rupert Everett, hier in Another Country, erhält den Cinemerit Award,...

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(Foto: DCM)

...Mads Mikkelsen stellt Men & Chicken vor...

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(Foto: Arsenal)

...und Viggo Mortensen bringt Dem Menschen so fern zur Eröffnung des Filmfests mit.

Später bot man Viggo Mortensen Rollen in Hollywood-Blockbustern an, seinen Ringe-Ruhm hat er aber nie versilbert. Mit der Ausdauer eines Langstreckenläufers sucht er nach physischen und psychischen Herausforderungen, so auch in der Camus-Verfilmung Den Menschen so fern, die das Filmfest eröffnet. Mortensen spielt darin einen in Algerien geborenen Franzosen, der 1954 in der Abgeschiedenheit des Atlas-Gebirges Kinder unterrichtet. Als ihn der Dorfgendarm beauftragt, einen Mörder in die nächste Stadt zu bringen, wird es abenteuerlich: Die beiden ungleichen Männer werden auf ihrem Weg durch die Wüste angegriffen, sie geraten in Gefangenschaft und lernen sich immer besser kennen.

Regisseur David Oelhoffen hat aus Camus' Kurzgeschichte Der Gast einen Western gemacht, zur Filmfesteröffnung am Donnerstag im Mathäser bringt er seinen Hauptdarsteller mit. (Weitere Vorstellungen: 26.6., 20 Uhr, Amerikahaus, 27.6., 20, City, und 1.7., 22.30 Uhr, Münchner Freiheit).

Genauso potent wie der Zuchtbulle im Stall

Natürlich geht es beim Filmfest nicht ausschließlich um das, was über die Leinwand flimmert - nein, auch hartgesottene Cineasten freuen sich über Begegnungen mit Machern und Stars. Am 26. Juni um 19.30 Uhr hat sich im Sendlinger-Tor-Kino ein europäischer Superstar angekündigt, gezeigt wird dessen neuer Film Men & Chicken: Mads Mikkelsen spielt einen seltsamen Kauz, der gemeinsam mit seinem Bruder auf die Suche nach ihrer wahren Herkunft geht. Auf einer Insel treffen sie drei grenzdebile Halbbrüder, die unverkennbar mit ihnen verwandt sind.

Der dänische Schauspieler ist spätestens seit seinem Auftritt als Blutstropfen weinender Bösewicht im 007-Hit Casino Royale auch außerhalb von Cineasten-Kreisen bekannt, hier nimmt er sein Sexsymbol-Image auf die Schippe: "Sexiest Man Alive" steht auf dem Men & Chicken-Werbematerial, illustriert wird es mit einem Bild von ihm mit Schnauzbart, Gaumenspalte und der wohl fragwürdigsten Filmstarfrisur seit Burt Reynolds. Auch sonst steht hier alles im Zeichen von Sex: Elias (Mikkelsen) zeigt sich genauso potent wie der Zuchtbulle im Stall, er onaniert im Halbstundentakt und ist sich seiner Wirkung auf das andere Geschlecht ziemlich sicher. Auf der Insel gibt es nur wenige Frauen, trotzdem organisiert er für seine Verwandten eine Art Rendezvous. "Und was ist, wenn keine was von uns will", fragt einer zaghaft. Da schnaubt Elias nur und tönt: "Der war gut!"

Ähnlich wie Viggo Mortensen lässt sich Mads Mikkelsen nicht festlegen; er sucht die Herausforderung und übernimmt auch Rollen, die auf den ersten Blick richtige Scheusale sind. Wie er es schafft, selbst solche Figuren menschlich und liebenswert erscheinen zu lassen, zeugt von wahrer Schauspielkunst. (Weitere Vorstellungen am 27.6, 15 Uhr, City, und am 29.6., 15 Uhr, Münchner Freiheit.)

Zu unangepasst für die große Hollywood-Karriere

Wenn man eine Geschichte über einen Filmfestgast erzählen will, die abenteuerlich, sexy und humorvoll zugleich ist, kommt man an Rupert Everett nicht vorbei. Der britische Schauspieler erhält den Cinemerit Award, zur Preisverleihung am 1. Juli um 20.30 Uhr im Carl-Orff-Saal bringt er seinen neuen Film mit: In A Royal Night - Ein königliches Vergnügen spielt er den englischen König George VI. Der Zweite Weltkrieg ist zu Ende und seine Teenagertöchter Elizabeth und Margaret wollen feiern, in einer langen Partynacht in London.

Königliche Häupter hat der Sohn eines Offiziers schon öfter gespielt, ansonsten hat er sich in seiner 30-jährigen Karriere regelmäßig neu erfunden: Als Model, Sänger, Schriftsteller oder Schwulenaktivist. Seinen Durchbruch als Schauspieler feierte er 1984 mit dem Queer-Cinema-Klassiker Another Country (29.6., 17 Uhr, HFF, und 3.7., 17.30 Uhr, Filmmuseum), einige Jahre, mehrere Flops und eine gescheiterte Popstar-Karriere später hatte man ihn bereits wieder abgeschrieben. Dann kam Julia Roberts und Die Hochzeit meines besten Freundes, mit diesem Hit wurde er 1997 weltberühmt (1.7., 22 Uhr, City, und 4.7., 22 Uhr, City).

Doch für die ganz große Hollywoodkarriere war Everett zu unangepasst, zu exzentrisch, zu offen schwul. Mit seinen bissigen Kommentaren und Indiskretionen hat er sich nicht überall Freunde gemacht, insofern ist es nur folgerichtig, dass er in seinem nächsten Projekt den Bonmot-Lieferanten schlechthin spielt: Oscar Wilde. Mit diesem Film will er sich im Alter von 56 Jahren wieder neu erfinden, als Drehbuchautor und Regisseur. Gedreht werden soll noch 2015 in Bayern, dank einer großzügigen Zuwendung der bayerischen Filmförderung. Gut möglich also, dass Rupert Everett uns demnächst öfter über den Weg laufen wird, das Filmfest München ist somit Auftakt der bayerischen Everett-Festspiele.

© SZ vom 25.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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