Synchronsprecherin der Kult-Serie:Die Stimme der Sandschlange

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Maresa Sedlmeir ist eine Pendlerin zwischen den Welten: Als Synchronsprecherin leiht sie so unterschiedlichen Figuren wie Prinzessin Lillifee und Tyene Sand aus "Game of Thrones" ihre Stimme

Von Niklas Gramann, Münsing

Manchmal ist es die rosarote Welt von Prinzessin Lillifee, manchmal die düstere Umgebung der US-Fantasyserie "Game of Thrones": Maresa Sedlmeir taucht in ihrem Beruf in ganz verschiedene Welten ein, denn seit zwölf Jahren arbeitet sie als Synchronsprecherin und leiht Figuren aus Fernsehen und Film ihre Stimme. Ganz ohne eine Ausbildung, angefangen hat die 20-Jährige nämlich schon in jungen Jahren. "Die beste Freundin meiner Mutter ist Synchronregisseurin. Die hat mich im Alter von acht Jahren ins Studio geholt und ich durfte die Schwester von Franklin, der kleinen Schildkröte, sprechen", sagt Sedlmeir. Damals hat die Nichte des Schauspielers Christian Tramnitz und Urenkelin des Volksschauspielers Paul Hörbiger noch nicht gewusst, worauf sie sich einlässt - dass das Synchronisieren sie von nun an für viele Jahre begleiten werde.

Bis heute ist sie froh, dass ihr niemand beim Synchronisieren zusieht: " Ich verziehe oft meine Gesicht und versuche mich hundertprozentig in die Figuren hineinzuversetzen." Das sehe manchmal sehr komisch aus, sagt sie und lacht. Man habe schließlich nur seine Stimme, um teils extreme Gefühle auszudrücken.

Am Anfang sprach die Ammerlanderin vor allem kleinere Rollen, zum Beispiel in der US-Krimiserie "Law and Order". Fünf Jahre später, im Alter von dreizehn Jahren, kamen dann schon der erste große Film und die erste große Hauptrolle in "Prinzessin Lillifee". Später folgten unter anderem Aufträge für Disney-Serien, darunter die beiden Zwillinge aus der Serie "Liv und Maddie": "Es hat Spaß gemacht, zwei so völlig unterschiedliche Schwestern zu sprechen", sagt die 20-Jährige heute. Stolz sei sie vor allem gewesen, als die jüngeren Schwestern ihrer Freundinnen sie gefragt hätten, wen der beiden Zwillinge sie denn jetzt eigentlich spreche. "Da weiß ich dann, dass ich meine Aufgabe gut gemacht habe."

Die Ammerlanderin Maresa Sedlmeir schneidet manchmal Grimassen, wenn sie der Kriegerin Tyene Sand oder Prinzessin Lillifee ihre Stimme leiht. (Foto: Florian Peljak)

Selbst schaut Sedlmeir auch Serien, die sie synchronisiert, etwa "Game of Thrones" - dann aber nur in der englischen Ursprungsversion. Wieso nicht auf Deutsch? Dann müsse sie ja ständig auf die Stimmen der Figuren achten, sagt Sedlmeir. Viel zu anstrengend. Manchmal allerdings gehört die Originalversion auch mit zum Job: "Bevor ich einen bestimmten Teil spreche, schaue ich mir zuerst immer das Original an." Das macht es Sedlmeir leichter, sich in die Rolle hineinzuversetzen. "Bei Lillifee zum Beispiel spreche ich höher als normal", sagt die 20-Jährige mit Kinderstimme. "Bei Tyene Sand aus 'Game of Thrones' hingegen tiefer als normalerweise, da die Figur eher böse ist und natürlich auch viel älter als Lillifee", sagt Sedlmeir, nun mit dunklerer Stimme und verzogenem Gesicht. Tyene Sand wirkt in der Serie mit ihrer blassen Haut und dem Kurzhaarschnitt zwar erst einmal recht unschuldig, doch sie gehört zur Gruppe der Sandschlangen, Gifte sind ihre bevorzugte Waffe.

Viele Rollen, die sie mit ihrer eigenen Tonlage synchronisiere, gebe es nicht, sagt Sedlmeir. "Gerade das macht meine Arbeit so aufregend." Zudem: Auch wenn sie die Tonlagen verändert, muss sie trotzdem ihre eigenen Emotionen mit in die Stimme legen. "Einmal habe ich ein Mädchen gesprochen, dessen beste Freundin im Koma lag. Da habe ich mir vorgestellt, dass meine beste Freundin im Koma liegt und musste weinen." Sobald die Arbeit getan ist, kann Sedlmeir solche Szenen aber auch schnell wieder vergessen, sie nimmt die Belastung nicht mit nach Hause. "Manches nimmt einen zwar ein bisschen mit, das hält aber nicht lange an."

Vorbilder aus der Synchronisationsszene hat sie bisher keine, doch eine Stimme mag sie ganz besonders: Die des amerikanischen Schauspielers Matthew McConaughey, das sei eine der Stimmen, die man überall kenne. Getroffen hat sie den Synchronsprecher McConaugheys bisher noch nicht, dafür aber einige andere bekannte Sprecher, etwa die der US-Serie "How I Met Your Mother" oder der Harry-Potter-Filme.

Trotz aller Begeisterung für ihren Beruf gab es in den vergangenen Jahren allerdings auch Zeiten, in denen Sedlmeir darüber nachgedacht hat, mit dem Synchronsprechen aufzuhören - während andere in der Pubertät nicht mehr gerne zur Klavierstunde oder dem Sportverein gehen, war es bei ihr das Studio: "Als ich ungefähr 14 war, fand ich das nicht so cool, wenn die anderen am See lagen und ich zum Einsprechen musste."

Heute aber ist sie froh darüber, dass sie das Synchronsprechen nie aufgegeben hat, auch aus finanziellen Gründen: "Als ich mit 18 Jahren von Zuhause ausgezogen bin, habe ich das erste Mal realisiert, dass Synchronsprechen auch ein Job ist" - früher war es primär Spaß. "Ich habe dann erst verstanden, dass ich mir damit auch einen Teil meines Studiums finanzieren kann." Momentan studiert die 20-Jährige Amerikanistik an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Was nach dem Studium kommt, weiß sie noch nicht. "Vielleicht gehe ich an die Schauspielschule, studiere Psychologie oder ich reise ein bisschen", sagt Sedlmeir. Doch egal für was sie sich entscheidet, das Synchronsprechen will sie beibehalten - zumindest, solange es ihr Spaß macht.

© SZ vom 24.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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