Stechmücken im Fünfseenland:Hohe Zeit der Plagegeister

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Das feuchtwarme Wetter ist das ideale Klima für Stechmücken. Die lästigen Insekten nerven vor allem die Anwohner am Starnberger See und im westlichen Landkreis. Spritzmittel bleiben aber tabu

Von Wolfgang Prochaska, Starnberg

Sie lieben den Sommer, aber einen warmen, verregneten Sommer. Das unterscheidet sie deutlich von den Menschen. Deshalb erleben sie gerade ihre besten Tage, sozusagen ihre Hoch-Zeit. Gemeint ist die Stechmücke. Jeder neue Regenguss, jeder kurze Sonnenstrahl lässt sie noch schneller schlüpfen und noch weiter fliegen. Und weil es heuer viele Pfützen gibt, ist ihr Revier gewachsen. "Seit acht Tagen steigt die Nachfrage nach Mückenschutzmitteln stark", heißt es in der Olympia-Apotheke in Starnberg. Als relativ wirksamen Schutz empfiehlt die Apothekerin "Anti-Brumm", den Klassiker.

Die Mücken-Krisengebiete sind unterschiedlich im Fünfseenland verteilt. Betroffen sind sowohl das Ostufer des Starnberger Sees als auch der westliche Landkreis zwischen Herrsching, Inning und Weßling. Dort ist das große Stechen und Summen besonders ausgeprägt. Die Mückenplage hat wieder den Ruf nach der chemischen Keule, sprich einer Spritzaktion wie am Chiemsee, laut werden lassen. Der Inninger Bürgermeister Walter Bleimaier ist kein Freund solcher Aktionen. "Wir haben viele, wirklich unheimlich viele Mücken heuer, aber wir werden keinen Antrag bei der Regierung von Oberbayern stellen", sagt er.

Der Grund ist einfach: Die Bezirksregierung wird ihn ablehnen. Davor auch schon das Landratsamt Starnberg, wie Amtssprecher Stefan Diebl bestätigt. "Eine solche Aktion braucht eine lange Vorlaufzeit und als Grundlage ein wissenschaftliches Gutachten." Und dann wäre noch das Problem zu klären mit den Privatgrundstücken. "Man kann da nicht einfach mit den Hubschrauber drüber fliegen und Spritzmittel verteilen." Zum Einsatz käme der Wirkstoff BTI, der aus dem Bacillus thuringiensis israelensis gewonnen wird. Das Mückenbekämpfungsmittel wird aus Hubschraubern in besonders betroffenen Gebieten versprüht. Es begrenzt einzusetzen, hätte also keinen Sinn, die Plagegeister haben einen Flugradius von gut 20 Kilometern. Bleimaier hält das Problem sowieso für zeitlich begrenzt. "Wenn es trockener wird, ist die Mückenplage schlagartig vorbei. So war es immer."

Der Inninger Gemeindechef weiß, wovon er redet: Er gehört zu den Geplagten. Aber er weiß sich zu helfen: Täglich beobachtet er seine volle Regentonne. Ein ideales Revier für die Stecher. Dort legen die Mücken gerne ihre Eier ab. Die Larven schöpft Bleimaier aber ab und verfüttert sie an seine Fische im Aquarium als Lebendfutter. Sein Kollege aus Weßling, Michael Muther, ist da noch pragmatischer. "Das ist Natur, da braucht man nichts spritzen", so Muther. Er wohnt in der Nähe des Weßlinger Sees und bemerkt sofort, wenn es los geht. "Es ist aber nicht der See, es sind die kleinen Weiher, die Tümpel und die stehenden Gewässer in den Mooren bei uns." Manchmal kann es aber auch ihn nerven. Beim Festgottesdienst im Rahmen des Grünsinker Festes im August war es besonders hart. "Die Biester waren so aggressiv und haben dich auch durch die Strümpfe gestochen." Seine Empfehlung: Langärmelig anziehen und alle Flüssigkeiten in Untersetzern im Garten immer ausleeren. "Wir Bürgermeister im Landkreis sind auf unserer jüngsten Dienstbesprechung einig gewesen, dass wir grundsätzlich gegen den Einsatz von Spritzmittel sind ", betont Muther.

Das leichte Hochwasser des Starnberger Sees erweitert das Revier der Stechmücken, wie hier in Tutzing. (Foto: Arlet Ulfers)

So sieht es auch der Bund Naturschutz (BN). BN-Geschäftsführerin Helene Falk in Wartaweil am Ammersee hält eine Spritzaktion für absurd. "Das ist doch viel zu mühsam, abgesehen von den negativen Folgen für Flora und Fauna." Man müsse bei den Larven den richtigen Zeitpunkt erwischen, damit überhaupt eine Wirkung erzielt werden kann. Und dann sei es fraglich, ob es diese überhaupt gebe. Hilfreich seien auf jeden Fall Fliegengitter. Die gebe es, so Falk, sogar günstig beim Discounter.

© SZ vom 02.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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