Hitze in Starnberg:Zum Schmelzen heiß

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Während die Schüler Ferientage wie im Bilderbuch erleben, macht die anhaltende Hitzeperiode der Vegetation schwer zu schaffen. Die Bäume dürsten nach Wasser. Die Bauern erwarten Einbußen bei der Ernte. Nur die Eisverkäufer jubilieren

Von Michael Berzl, Starnberg

Eigentlich ist es wie im Urlaub. Warmer Wind weht vertrocknete Blätter über den Gehsteig, das Gras auf den Wiesen ist verdorrt, mitten im Ort sind Kinder in Badehose mit Luftmatratzen unterwegs, und bis spät in der Nacht kann man im T-Shirt draußen sitzen. Viele Kinder, die gerade Ferien haben und mit ihren Familien noch nicht verreist sind, genießen diesen Ausnahmesommer; schließlich ist derzeit jeder Tag ein Badetag. Allerdings macht sich die seit Wochen anhaltenden Hitze auch auf weniger erfreuliche Art und Weise bemerkbar. Die Vegetation leidet, die Bauern erwarten Ernte-Einbußen.

Das Wasser

Die große Trockenheit verursacht großen Durst, der Wasserverbrauch steigt signifikant. Das belegen Verbrauchszahlen beim Würmtal-Zweckverband. Aus dem Brunnen im Mühltal und im Kreuzlinger Forst fließt derzeit etwa doppelt so viel Trinkwasser nach Gauting, Krailling, Planegg und Gräfelfing. Im April beispielsweise seien es 9000 bis 12 000 Kubikmeter pro Tag gewesen, derzeit seien es bis zu 19 000, berichtet der Technische Leiter Josef Mittermayr. Zugleich kann er quasi zusehen, wie der Grundwasserspiegel sinkt. In einem Brunnen im Kreuzlinger Forst ist der Pegel derzeit etwa zwei Meter tiefer als sonst, und so schnell wird das auch nicht mehr ausgeglichen. Bis Regenwasser in der Tiefe ankommt, vergeht etwa ein halbes Jahr. Vorläufig bleibt der Regen weiter aus. Schon im Juli waren nach Mittermayrs Zahlen die Niederschläge weit unter dem Durchschnitt. Heuer seien es etwa 50 Liter pro Quadratmeter gewesen, während sonst die zwei- bis dreifache Menge gemessen werde. Sparappelle sind im Würmtal aber nicht nötig, Mittermayr geht davon aus, dass Gartenbesitzer nicht verschwenderisch mit dem Wasser umgehen und nur zeitweise den Rasensprenger laufen lassen. Außerdem: Der deutlich erhöhte Verbrauch hat auch einen Vorteil für den Verband: Er verkauft und verdient mehr.

Das Gießen zählt momentan zu einer der Hauptbeschäftigungen von Franz Otter von der Gärtnerei Fischer in Starnberg. (Foto: Arlet Ulfers)

Der Landwirt

Wo Bauern mit Mähdrescher oder Pflug unterwegs sind, steigen hohe Staubfahnen auf. Das Ernten ist für die Landwirte keine große Freude, denn wegen der Trockenheit fallen die Früchte kleiner aus als sonst. Rudolf Heidrich in Frohnloh zum Beispiel rechnet mit deutlichen Ausfällen bei den Kartoffeln. "Die haben seit zwei Wochen Wachstumsstillstand, das wird nichts mehr." Entsprechend klein fallen die Knollen aus. Wenn Heidrich sonst etwa 150 Tonnen auf seinen Hof fährt, kann er froh sein, wenn es in diesem Jahr 100 Tonnen sind. Besonders schlimm sei es auch beim Grünfutter: "Das ist alles zusammengebrannt." Zum Ernten ist da derzeit gar nichts. Von Kollegen weiß der Frohnloher, dass sie schon auf das eigentlich für den Winter vorgesehene Futter zurückgreifen müssen.

Die Golfer

Im Fünfseenland gibt es einige Golfplätze, und die sehen zum Teil schon nicht mehr sehr gut aus. "Unsere Fairways sind knochentrocken, kurz vor der Verwüstung", berichtet zum Beispiel Matthias Reichert, Büroleiter des Golfclubs Starnberg. Grün sind nur noch die Abschlagplätze und das Green direkt drumherum. Der Boden sei hart wie Beton. Für die Golfer allerdings habe das sogar einen Vorteil, denn sie erreichen Weiten wie sonst nie. Auf dem harten Untergrund rollt der Ball einfach immer weiter.

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(Foto: Arlet Ulfers)

Auf den Feldern fehlt das Wasser...

...und in den Reservoirs sinkt der Pegel.

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(Foto: Arlet Ulfers)

Nur Luan (4) freut sich, denn er bekommt von Adriano Marques ein Eis.

Das Schwimmbad

Abkühlung ist gefragt bei Temperaturen jenseits der 30 Grad Celsius. Wobei das mit der Abkühlung selbst in den Seen nicht mehr so richtig funktioniert. Ob Gilchinger Baggersee oder Starnberger See, Wörthsee oder Pilsensee: Das Wasser ist schon überall "bacherlwarm", wie der Bayer sagt. Das gilt auch für das Gautinger Freibad. Im großen Schwimmbecken messen die Bademeister in dieser Woche 27 Grad. Einen großen Vorteil hat das großzügige Gelände an der Würm: Dort stehen viele große Eichen und Linden, die Schatten spenden. Fast 64 000 Besucher hat die Gemeinde bisher gezählt; das sind jetzt schon mehr als in der gesamten Saison im vergangenen Jahr. Allerdings ist der Andrang sogar in einem Ausnahmesommer wie diesem lange nicht mehr so groß wie früher. Vor allem die Jugend bleibt aus, stellt Rathaus-Geschäftsleiter Joachim Graf fest, der auch für das Bad zuständig ist. In den besten Zeiten des Freibads wurden an Spitzentagen bis zu 2500 Gäste gezählt, jetzt ist es eher die Hälfte.

Die Pegel

Schon seit Mitte Juni sinken die Wasserstände in der Würm und in der Amper. In den Grafiken des Hochwassernachrichtendienstes, der regelmäßig die Pegel in Leutstetten und in Stegen am Ammersee misst, gehen die Kurven kontinuierlich nach unten. Dass weniger Wasser in der Würm ist, bemerken mittlerweile sogar Schwimmer, die sich im Grubmühler Feld ein Stück hinunter treiben lassen.

Der Gärtner

Der große Wassertank in der Gärtnerei Fischer in Starnberg ist schon leer. "Das ist schon extrem heuer", sagt Gärtnermeister Franz Otter. Eigentlich sei jetzt nach der Balkon- und Beetesaison eine ruhige Zeit, aber mit Ausruhen ist derzeit nichts. Der Fachmann für Zierpflanzen und seine Kollegen sind permanent mit Gießen beschäftigt. Gartenbesitzern gibt er einen wichtigen Tipp mit: "Auf keinen Fall in der Mittagshitze mit der Brause von oben wässern. Das gibt Verbrennungen." Die Wassertropfen wirken auf den Blüten und Blättern wie lauter kleine Lupen, die das Sonnenlicht noch bündeln. Wer gießen will, sollte das am Morgen oder am Abend tun.

Der Eisverkäufer

32 Eissorten, darunter Zitrone mit Basilikum und andere Exoten, bietet Franco Martini in seinem Pavillon "Gelatok" an der Wittelsbacher Straße in Starnberg an. Das Geschäft läuft seit Wochen glänzend, bis zu fünf Mitarbeiter bedienen die Kunden gleichzeitig, damit sie nicht lange warten müssen. Der Umsatz sei um "30 Prozent höher als sonst", freut sich der 56 Jahre alte Eisverkäufer aus dem Friaul.

© SZ vom 13.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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