Starnberg:Zu sich selbst kommen

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Verzicht in der Fastenzeit hat unterschiedliche Gründe und Ziele

Von Klara Weidemann, Max Hempel, Starnberg

Fitness-Trend oder Zeichen der Spiritualität? Während der Fastenzeit verzichten viele Menschen freiwillig auf geliebte Lebensmittel oder zum Beispiel auf Alkohol und Zigaretten. Das kann ganz unterschiedliche Gründe haben: Es kann Ausdruck des Glaubens und der Religiosität, aber auch lediglich eine gesundheitliche Maßnahme sein. So unterschiedlich die beiden Ansätze auch sind: Fasten und Verzichten stehen dieses Jahr wieder hoch im Kurs.

In der katholischen Gemeinde Aufkirchen steht die Passionszeit im Zeichen der Barmherzigkeit. "Das von der katholischen Kirche ausgerufene Jahr der Barmherzigkeit regt uns an, besonders jetzt im Gemeindealltag wohltätig zu sein", erklärt Pfarrer Piotr Wandachowicz. Konkret werde das mit der sogenannten Stunde der Versöhnung umgesetzt. In dieser Stunde, meist am ersten Samstag des Monats, stehe Wandachowicz in der Wallfahrtskirche zum Gespräch bereit; egal, ob jemand komme, oder nicht. Es gebe noch weitere Angebote, speziell für die Fastenzeit: die traditionelle Kreuzandacht jeden Freitag zum Beispiel oder das Fastenessen sonntags. "Da gibt es einfaches Essen, ohne Prunk", sagt Wandachowicz. Von Kartoffelsuppe über Nudeln mit Tomatensoße reiche das Angebot. Trotzdem seien jedes Mal mindestens 50 Personen dabei. "Ehrlicherweise muss ich sagen, da kommen nur die, die es schon lange kennen. Trotzdem ist jeder Kirchenbesucher eingeladen", erklärt Wandachowicz. Er persönlich faste natürlich auch, um sich zu sensibilisieren und selber "ein Stück wegzunehmen".

Auch Ordensschwester Ruth Schöneberger vom Kloster der Missions-Benediktinerinnen leitet gemeinsam mit Pfarrer Peter Brummer von der katholischen St. Joseph Pfarrei in Tutzing einen Extra-Kurs zur Fastenzeit. Das Ziel dieser geistlichen Exerzitien sei es, "neben dem Verzicht auf gewisse Konsumgüter den Teilnehmern auch die Möglichkeit zu bieten, sich auf die wesentlichen Dinge in ihrem Leben zu fokussieren", so Schwester Ruth. Die Übungen seien dabei ein gutes Mittel zur kritischen Selbstreflexion. Sie sollen dazu anregen, im Hier und Jetzt zu leben. In der heutigen Zeit von Maßlosigkeit und Überfluss scheinen ihr solche Fragen wieder häufiger Anklang bei den Menschen zu finden. "Es kommen wieder mehr Leute zu den Kursen, um einen Blick für die wichtigen Dinge im Leben zu bekommen", so Schwester Ruth.

Ganz weltlich geht es auch: Gernot Brecht vom Cardio Fitness-Club in Starnberg beschäftigt sich mit dem Fasten nicht aus religiösen, sondern aus gesundheitlichen Gründen. Mit dem Beginn der christlichen Fastenzeit bemerkte er jedoch eine Sensibilisierung für die Ernährungsgewohnheiten der Mitglieder. Grundsätzlich steht er dem Thema gespalten gegenüber: "Fasten ist sehr gut zum Entgiften. Mit meiner 30-jährigen Erfahrung kann ich aber sagen: Das ist nix zum Abnehmen". Er empfiehlt, mehrmals im Jahr auf Alkohol oder Süßigkeiten zu verzichten: "Das ist wie eine regelmäßige Inspektion beim Auto".

Auch bei der Ernährungsberaterin Brigitte Ungar aus Starnberg ist der Andrang in der Fastenzeit groß. Sie bietet verschieden Arten des Fastens in speziellen Kursen an. Um das Abnehmen gehe es dabei aber nicht, betont Ungar, sondern viel mehr darum, in der Zeit des Fastens "zu sich selbst zu kommen". Durch den gänzlichen Verzicht auf feste Nahrung, wie ihn Ungar bei dem Fasten nach Otto Buchinger praktiziert, werde der Verdauungstrakt komplett entlastet. Energie, die der Darm sonst benötigt, könne dann zum Beispiel im Gehirn genutzt werden.

Neben den körperlichen Vorteilen stehe beim Fasten aber immer die Auseinandersetzung mit sich selbst im Vordergrund, sagt Ungar. Es gehe darum, weitere negative Einflüsse, die neben der Nahrung existieren, festzustellen und für den Zeitraum des Fastens zu vermeiden.

© SZ vom 13.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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