Ein überlanges Kleid ist ein nicht zu unterschätzendes Problem, das merkt auch die kleine Maid Marian. Immer wieder verheddert sie sich. Die Stolpergefahr ist zu groß, das muss noch geändert werden vor der Aufführung. Dafür sitzt der Text schon astrein, das Spiel sowieso. Marian gestikuliert und stampft auch mal mit dem Fuß auf, schließlich will sie Robin helfen. Der Held aber nimmt seine Maid nicht ernst. Hätte er aber besser, es kommen schon die Räuber ums Eck. Zeit für Marian, sich über das Kostüm zu beschweren. So kann schließlich niemand arbeiten. Mit 15 Kindern und Jugendlichen erarbeitet Katharina Schwarz vom Neuen Schauspiel Starnberg gerade in einem Theaterferienworkshop ein Remake des Klassikers Robin Hood. Am Freitag ist Premiere der Neuinterpretation.
Schwarz kennt man aus Serien wie "Hubert und Staller" oder den "Rosenheim Cops". Zusammen mit ihrer Kollegin Mirja Mahir, bisher zu sehen bei "Marienhof" oder "Schloss Einstein", hat sie das Neue Schauspiel 2013 gegründet. Die beiden Profis unterrichten Kinder und Jugendliche in Schauspiel und Camera Acting, dem szenischen Arbeiten vor der Kamera. Es gibt Filmschauspielklassen, und es entsteht ein eigener Kinder- und Jugendkanal, präsentiert von den Darstellern. Vor kurzem hat das Neue Schauspiel auf dem Fünfseen-Kinder- und Jugendfilmfest in Starnberg vier Kurzfilme gezeigt, entstanden in den Sommerworkshops. Da gab es die romantische Teenie-Komödie genauso wie den Abenteuerfilm. Außerdem übernehmen Schwarz und Mahir externe Aufträge, zum Beispiel den jetzigen Theaterworkshop der Evangelischen Kirche in Starnberg.
Die Kinder ernst nehmen und ihnen eine professionelle Plattform bieten - das wollen Schwarz und Mahir. Oft stecke die Gesellschaft Kinder in Schubladen: der Schüchterne, die Freche. Schwarz erklärt: "Wir helfen den Kids, sich auszudrücken, sie bestimmen, wer sie sein wollen." Und: Sie dürfen ihre Ideen verwirklichen.
Auch kleine Schauspieler können schon Diven sein, Schwarz lässt sich davon aber nicht aus der Ruhe bringen. Gibt es Reibereien unter ihren Darstellern, wird der Streit einfach ins Stück integriert. "Schauspiel ist eine Form der Heilung, man darf alles, es besteht aber der geschützte Rahmen der Bühne", erläutert sie. Vor einem Workshop trifft Schwarz die Kinder, Drehbücher werden zusammen erarbeitet, jeder bekommt seine Rolle auf den Leib geschrieben. Ein natürlicher und willkommener Nebeneffekt dieser Praxis ist bei den Robin-Hood-Theaterkindern zu beobachten. Das Stück ist zeitgemäß umgearbeitet, hat jetzt einen modernen Anstrich. Persönliche Fragen kommen auf die Bühne: Bin ich beliebt? Wie stehe ich zu meinen Eltern? Die Kurzfilme, die ältere Schauspielschüler mit Schwarz und Mahir komplett frei schreiben, gehen noch weiter: Private Gespräche über den Kommunikationsdienst WhatsApp oder das soziale Netzwerk Facebook werden eingearbeitet. Das Neue Schauspiel würde sich wünschen, auch von Schulen stärker gebucht zu werden, gerade die Zeitgeiststücke seien für gleichaltrige Schüler interessant. Viele Kinder kommen aus eigenem Antrieb in ihren Unterricht - Berufswunsch Schauspieler. Schwarz coacht sie bis auf staatliche Schauspielschulen. Es gibt aber auch die Schüchternen, die von besorgten Eltern angemeldet werden. "Wir bekommen viel positives Feedback, Lehrer bestätigen, dass die Kinder im Schulalltag zunehmend auftauen," sagt Schwarz.
Maid Marian und Robin Hood sind inzwischen auf der Flucht vor den Räubern. Kein Überlängenproblem mit dem Kleid mehr. Die Kids freuen sich auf die Aufführung, haben ihre Nervosität im Griff, dank Coaching. Das hat seinen Preis: Ein viertägiger Workshop, je fünf Stunden, kostet 240 Euro.