Starnberg:Tabubruch auf dem Parkett

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Das Museum Starnberger See zeigt eine Wanderausstellung über die 200-jährige Geschichte des Landlers, der zu Zeiten des strengen Hofzeremoniells der bürgerlichen Kultur Vorschub gab.

Alessa Kästner

Würstl mit Senf sind nicht zwingend notwendig, um einen richtigen Landler hinzulegen. Aber Stärkung schadet nie. Wie man nämlich in der Ausstellung im Museum Starnberger See sehen kann, ist der Volkstanz mitunter kräftezehrend. Foto:Treybal (Foto: Georgine Treybal)

"Das Außenbein geht nach vorn, das Innenbein schwingt nach außen über das Standbein, und die gefassten Hände schwingen dabei nach hinten." Nein, das ist keine Anleitung für eine Yoga-Übung, es sind die ersten Grundschritte des Landlers, einer urbayerischen Tanzform, die sich auch heute noch vor allem in Heimat-und Trachtenvereinen besonderer Beliebtheit erfreut. Das Museum Starnberger See präsentiert dazu bis 27. Oktober eine Wanderausstellung, die sich dieser Kostbarkeit aus dem Schatzkasterl der regionalen Musiktraditionen widmet. "Landlerisch - Eine Ausstellung in acht Takten" heißt die Sonderschau, die in Zusammenarbeit mit dem Volksmusikverein Regen von Musikwissenschaftler Josef Focht und Kulturwissenschaftler Roland Pongratz realisiert wurde. Sie zeigt anhand von Hör-und Videostationen, vielen Exponaten und spannenden Inszenierungen die zweihundertjährige Geschichte des Volkstanzes.

"Der Landler erstaunte in seiner Entstehungszeit vor allem durch seinen konsequenten Konventionsbruch", sagt Josef Focht. "Zum einen ist der Landler ein öffentlicher Paartanz, zum anderen steht bei ihm das Imponiergehabe des Tänzers gegenüber der Tänzerin im Vordergrund - das war damals ein absolutes Tabu." Der Volkstanz stellte das Kontrastprogramm zum strengen Hofzeremoniell der napoleonischen Zeit dar und rückte so erstmalig die bürgerliche Kultur in den Mittelpunkt.

Bei einem zünftigen Landler wird zu den Melodien von Zither oder Akkordeon getanzt, gesungen, geklatscht und gejodelt - und auch wenn die Schrittfolge etwas anders ist, so geht er bereits als Vorform des Wiener Walzers durch. "Die Preußen hatten den Marsch, die Österreicher den Walzer - und wir hatten den Landler", sagt Kurator Focht. "Es ist schade, dass diese traditionelle Tanzform mittlerweile etwas in Vergessenheit geraten ist. Ich hoffe, dass wir mit der Ausstellung auch Nicht-Trachtler für dieses wunderbare Brauchtum begeistern können."

"Learning by doing" ist deswegen das Motto der Ausstellung. Besucher können mithilfe von Schrittanleitungen dort auch selbst das Tanzbein im Dreivierteltakt zu der Melodie von "'s Dirndl mitn rotn Mieder" schwingen. Zudem bietet Museumspädagogin Brigitte Bleicher einen Tanzkurs unter dem Motto "Landler lernen - leicht gemacht" an. Für den, der das Tanzen und Singen lieber anderen überlässt, gibt es ein buntes Programm der Starnberger Fischermadln und-buam sowie der Tanzgruppe des örtlichen Heimat-und Trachtenvereins.

Wer jetzt neugierig geworden ist, stattet am besten dem Museum Starnberger See einen Besuch ab - oder nimmt an einer der einstündigen Führungen teil, bei denen die Museums-Mitarbeiterinnen auch kuriose Details rund um den Landler verraten.

Und ganz nach dem Motto eines bekannten Landler-Gstanzls "Des landlerisch tanzn kann ned a jeda, i kanns selber ned gscheit, owa meine Brüada!" geht es dann auch schon los: "Das Außenbein geht nach vorn. . ."

Weitere Informationen unter www.museum-starnberger-see.de

© SZ vom 23.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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