Starnberg:Stadträte fordern Eva John zum Rücktritt auf

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SPD und Parteifreie wollen Konsequenzen sehen, weil die Bürgermeisterin Beschlüsse nicht umsetzt

Von Peter Haacke, Starnberg

SPD und Parteifreie fordern die Starnberger Bürgermeisterin zum Rücktritt auf, die Grünen verlangen wenigstens eine Entschuldigung, und die meisten Stadträte fühlen sich belogen: Ein vielstimmiges Echo hat der Zwischenbericht von Vize-Bürgermeister Klaus Rieskamp zur Amtsführung von Eva John ausgelöst. John hatte einen Stadtratbeschluss vom Juli 2016 nicht vollzogen. Die Bürgermeisterin hätte bis Ende vergangenen Jahres ein juristisches Gutachten über die Folgen des Auslaufenlassens des Bahnvertrags von 1987 vorlegen und Gespräche mit Vertretern der Deutschen Bahn (DB) vereinbaren sollen. Doch in der letzten Sitzung vor der Sommerpause lag weder das Gutachten vor noch war ein Gesprächstermin zustande gekommen. Der Stadtrat wird nun prüfen, ob er seine Interessen gegen John gerichtlich durchsetzen will.

Scharf kritisieren sechs der neun im Stadtrat vertretenen Fraktionen den Nichtvollzug des Beschlusses aus dem Vorjahr, die Empörung ist groß. "Die Sanierung unseres Seebahnhofs ist eines der drängendsten Probleme unserer Stadt", sagt Stefan Frey (CSU). Dabei gehe es "aber eben nicht nur um ein paar Blümchen und nette Fotos". Wenn der Stadtrat in ehrenamtlicher Arbeit parteiübergreifend nach vernünftigen Lösungen suche, dann erwartet Frey von der Bürgermeisterin zumindest, "dass sie sich an der Problemlösung konstruktiv beteiligt und sich ihr nicht aktiv in den Weg stellt".

Für die SPD ist das Maß voll: "Keiner der Beschlüsse wurde durch die Bürgermeisterin fristgerecht umgesetzt", erklärten die Stadträte Tim Weidner, der auch Vize-Landrat ist, und Christiane Falk. Erneut seien "dem Stadtrat wichtige Informationen vorenthalten" worden, obwohl John am 25. Juli das fragliche Gutachten bereits vorgelegen haben soll. Die SPD verurteilt diese "erneute Verzögerungstaktik aufs Schärfste". Losgelöst von der Frage, ob der Stadt durch den Zeitverlust ein Schaden entstehen könnte, "fordern wir die Bürgermeisterin auf, aus ihrem völlig inakzeptablen Verhalten die Konsequenzen zu ziehen und zurückzutreten".

Diese Forderung unterstützen die Parteifreien: "John hat den Stadtrat wissentlich belogen", sagt Angelika Kammerl. Sie bezeichnet die Bürgermeisterin als "unkollegial", zudem sei John "unfähig, ein Gremium wie den Stadtrat zu leiten".

Die Grünen erwarten, "dass sich die Bürgermeisterin bei Stadtrat und Bürgern entschuldigt". Aufgrund der Missachtung der Stadtratsbeschlüsse seien "nicht nur erneut die Rechte des Stadtrats missachtet" und damit zum wiederholten Mal die Demokratie beschädigt worden, sondern es sei "auch möglicherweise Schaden für die Stadt entstanden". Martina Neubauer: "Dieses Verhalten muss disziplinarrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen."

Patrick Janik (UWG) stellt fest: "Es ist in Starnberg ja beinahe schon üblich, dass der Stadtrat von der Bürgermeisterin angelogen oder zumindest mit Halbwahrheiten abgespeist wird." Dass Vize-Bürgermeister Rieskamp erst nach zweifacher Ermahnung durch die Kommunalaufsicht Zugang zu Informationen der Stadt erhielt, "ist unerhört und zeigt wieder einmal, dass Frau John das Rathaus als ihre Privatveranstaltung empfindet". "Trotzreaktionen, Behinderungen und Nebelkerzen" der Bürgermeisterin erschwerten die Zusammenarbeit unendlich. Auch die Bürgerliste (BLS) rügt die "blanke Missachtung des Gremiums durch Frau John". Der Stadtrat versuche, sein Ehrenamt gewissenhaft auszuüben. "Dass dies durch die Erste Bürgermeisterin immer wieder mit Täuschungen oder gar Lügen verhindert wird, kann von der BLS-Fraktion nicht hingenommen werden", schreibt Michael Mignoli.

Von WPS und BMS gab es keine Stellungnahmen; eine Anfrage im Starnberger Rathaus mit der Bitte um Stellungnahme blieb am Dienstag unbeantwortet. Die FDP indes interpretierte bereits Ende Juli das Thema "Seeanbindung" auf ihre Art: Iris Ziebart behauptete, bereits zur Amtszeit von Bürgermeister Ferdinand Pfaffinger habe ein Rechtsanwalt festgestellt, "dass von Seiten der Bahn keine Ansprüche begründbar sind". Der Altbürgermeister dementierte umgehend: "Diese Aussage ist falsch." Der Rechtsanwalt habe seinerzeit keineswegs Schadenersatzansprüche der Bahn gegen die Stadt ausschließen können.

Der Starnberger Stadtrat wird sich voraussichtlich am Montag, 18. September, in einer Sondersitzung mit dem Thema befassen.

© SZ vom 23.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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