Starnberg:Stadt der Bienen

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Voll im Trend: Der Bienenzuchtverein Starnberg hat heute doppelt so viele Mitglieder wie vor 16 Jahren. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Für Imker und Abgeordnete hat das von Hubert Dietrich organisierte jährliche Treffen in Starnberg besondere Bedeutung erlangt

Von Armin Greune, Starnberg

Wenn es um Imkerei geht, kann das Fünfseenland glatt als Hauptstadt der Republik, wenn nicht des Kontinents durchgehen. Mit dem Uttinger Manfred Hederer und dem Seeshaupter Walter Haefeker leben und arbeiten dort die langjährigen Präsidenten des deutschen und europäischen Berufsimkerverbands. Und was die politischen Aspekte der Bienenhaltung betrifft, hat Starnberg in Bayern herausragende Bedeutung erlangt: Nur hier tauschen sich beim jährlichen Imkergespräch Praktiker und Politiker aus.

Zu verdanken ist das dem Vorsitzenden des Starnberger Bienenzuchtvereins, Hubert Dietrich. Mit beharrlichem Engagement organisiert er ehrenamtlich das Treffen, das von Jahr zu Jahr auf mehr Interesse trifft. Zur achten Auflage füllten jetzt fast 200 Zuhörer die Schlossberghalle. Imkern liegt voll im Trend: Als Dietrich 2000 den Vereinsvorsitz antrat, gab es 130 Mitglieder, nun sind es 270.

Obwohl viele junge Hobbyimker dazugestoßen sind, liege der Altersdurchschnitt unverändert bei 60 Jahren: "Imker werden eben sehr alt," sagt Dietrich und lacht. Bienenhaltung sei dennoch längst "nicht mehr nur ein Hobby für Pensionisten", meinte Tanja Schorer-Dreml in der Schlossberghalle. Die CSU-Landtagsabgeordnete berichtete über die Bemühungen der Regierung, den Einsatz von bienengiftigen Neonikotinoiden als Schädlingsbekämpfungsmittel zu verbieten und die Anlage von Blühwiesen als Bienenweiden zu fördern. Eine Million Euro wendeten Freistaat und EU jährlich auf, um die Imkerei "in kleinen Schritten zur Agrarwende" zu unterstützen. Wie wichtig die Politik das Leben und Sterben der Bienen nimmt, zeigten auch die Referate zweier weiterer Landtagsabgeordneter. Ruth Müller (SPD) will das Imkern mehr in der Gesellschaft verankern. Gisela Sengl (Grüne) klagte, die Agrarwende lasse auf sich warten: Qualität statt Massenproduktion sei die einzige Lösung, damit "die Bauern aus dem Wahnsinns-Hamsterrad herauskommen". Um das Leben der Bienen nachhaltig zu verbessern, sei "die landwirtschaftliche Ausbildung das A und O", so Sengl unter lautem Beifall.

Tatsächlich horchen die Bauern längst auf, wenn Imker klagen. Schließlich drohten ohne Bestäubung der Bienen enorme Ertragseinbußen, ja unsere gesamte Kulturlandschaft wäre gefährdet. Und die Kritik der Bienenzüchter nehmen Landwirte ganz anders auf als moralisierende Worte der in ihren Augen oft praxisfremden Naturschützer: Imker werden als Nutztierhalter und somit als Kollegen angesehen. Die EU-Abgeordnete Maria Noichl (SPD) wies auf gemeinsame Interessen hin, als sie vor dem Freihandelsabkommen TTIP warnte: Kleine Strukturen und noch nicht ausgeräumte Landschaften drohten dabei auf der Strecke zu bleiben. Wenn der Begriff "Bio" nur noch aufs Produkt, aber nicht mehr auf den Herstellungsprozess bezogen wird, werde das in der EU propagierte "Greening" zum "Green-Washing". Noichl war schon mehrmals in Starnberg zu Gast und weiß um den Rang der Imkergespräche. Die dort geäußerte Kritik an mangelhaften Untersuchungsmethoden für Bienen und ihre Produkte haben unter anderem bewirkt, dass vor einem Jahr ein bayerischer Bienengesundheitsdienst ins Leben gerufen wurde: In Erlangen und Stuttgart können Imker kostenlos parasitologische und spurenanalytische Tests an Bienen, Honig und Wachs vornehmen lassen. Dietrich habe "aus einem kleinen Pflänzchen einen großen Baum gemacht", lobte Noichl. Und auch Haedekers Fachwissen verdiene "höchsten Respekt": Der Verbandspräsident verbringe mittlerweile mehr Zeit in Brüssel als am Starnberger See.

© SZ vom 01.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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