Starnberg:Schlachtross in Hochform

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Ganz groß: Der dirigierende Entertainer Bob Ross animiert Blechbläser und Schlagzeuger. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Bob Ross' Gruppe Blechschaden bringt die Starnberger Schlossberghalle zum Jubeln

Von Reinhard Palmer, Starnberg

Seit nunmehr 31 Jahren tourt Blechschaden höchst erfolgreich durch die Welt. Dass in die Starnberger Schlossberghalle nicht die gewohnten 2000 Zuhörer kamen, sondern das renommierte Ensemble mit kammermusikalischer Intimität von etwa 150 Besuchern vorliebnehmen musste, mag die Musiker erstaunt haben. Die Kenner der örtlichen Begebenheiten staunten indes wohl eher darüber, dass überhaupt so viele gekommen waren. Wie auch immer: Die Blechbläser und der Pauker der Münchner Philharmoniker sind herausragende Profis und ziehen ihr Ding erstklassig durch, ganz gleich, wie zahlreich das Publikum ist. Vor allem Bandleader Bob Ross, der ansonsten bei den Philharmonikern das Horn bläst.

Der Erfolg des Ensembles ist zweifelsohne auf seine Animation an vorderster Front zurückzuführen, die letztendlich darauf geeicht ist, dem Publikum die besonderen Qualitäten der Musiker anzupreisen und sie mit Humor als das siebte Weltwunder zu verkaufen. Und man staunte nur, was der "Lowlander" aus seinen 158 Zentimetern Körpergröße herauszuholen vermag. Der 61-Jährige bringt nach wie vor eine enorme Energie auf, sein sportives Dirigat zwischen Tanznummer, Fechtkampf und Clownerei konsequent durchzuziehen. Notizen oder ausformulierten Moderationstext braucht der Schotte nicht. Weniger aus Geiz. Vielmehr weil er nach wohl Tausenden Auftritten aus dem Vollen schöpft und improvisatorisch den einen oder anderen Witz spontan aus seinem Fundus hervorholen kann, wie es gerade die Situation erfordert.

Zweifelsohne besitzt Ross eine große Begabung als Entertainer, auch wenn mittlerweile einige Einlagen doch schon arg abgegriffen sind und nicht mehr so zünden wollen. Die Besetzung wird sukzessive verjüngt, auch das Repertoire erweitert sich laufend. Wie lange es noch reicht, das Konzept am Leben zu erhalten, bleibt abzuwarten. Noch strömt das Publikum herbei, will den kleinen Schotten immer wieder mit dem Dirigentenstab zwischen den Zähnen herumalbern sehen und über die mächtigen Bläsersätze staunen, die einem durch Mark und Knochen gehen. Im Repertoire schreckt das Brass-Ensemble vor nichts zurück. So standen auch der Kameradschaftsmarsch vom Trompeter Franz Unterrainer, ein Elvis-Medley in einem der vielen Arrangements von Harald Kullmann, in dem der Schlagzeuger Arnold Riedhammer eine schlecht ausgesteuerte Gesangseinlage bot, oder auch der Disco-Klassiker "The Hustle" von Van McCoy von 1975 auf dem Programm. Aber letztendlich kommt es auf die Ausführung an. Und die ließ nichts zu wünschen übrig. Der wunderbar ausbalancierte Klangkörper versteht es glänzend, plastisch zu modellieren, überraschende Kontrasteffekte aufzubauen, wohltuend solistische Melodien auszusingen oder mit technischen Finessen gezielt Atmosphäre zu schaffen. Und natürlich muss auch immer wieder Schmetterblech ins Programm, das selbst ein noch so distanziertes Publikum zu euphorisieren vermag, ob nun als Orfeo-Fanfare von Monteverdi oder in einer rasanten Disco-Fassung der Orgeltoccata von Bach. Große Kraft entwickelten auch jazzige Powergrooves wie in Mancinis "Peter Gunn", "Norwegian Wood" von den Beatles oder in Piazzollas Libertango. Nachdem Ross anfing, das Publikum zu dirigieren, war ein phrenetisch umjubeltes Finale mit fünf Zugaben - bis hin zum Triumphmarsch der Aida, durch Gartenschläuche geblasen - perfekt.

© SZ vom 12.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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